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Sicherheitspolitik
Trump hin oder her – warum es einer starken europäischen Sicherheitsarchitektur bedarf

Donald Trump

Donald Trump

© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Manuel Balce Ceneta

Ex-US Präsident Donald Trump hat am Wochenende wieder einmal die amerikanische Bündnistreue infrage gestellt, diesmal explizit in Bezug auf den wohl wichtigsten Artikel der NATO Grundakte, Artikel 5: Die bedingungslose Verteidigung der NATO-Mitgliedstaaten. Das schockt nicht nur die Staaten an den NATO-Außengrenzen. Zu Recht: Rhetorik ist eines der wichtigsten Pfeiler von Abschreckung. Ohne die Glaubwürdigkeit einer starken Allianz, mit dem Rückhalt eines jeden Mitglieds – insbesondere den USA – sinken die Kosten für einen Angriff massiv. Donald Trump ist nicht Präsident und ob er es wieder werden wird, ist ungewiss. Aber dass Europa und Deutschland einen größeren Beitrag zur eigenen Sicherheit und Verteidigung der internationalen Rechtsordnung leisten muss, ist unbestritten. Die deutsche Zeitenwende in der Sicherheitspolitik, die permanente Stationierung einer deutschen Brigade in Litauen, die Erhöhung der Verteidigungsausgaben in einer Vielzahl der europäischen Länder, die Erweiterung der NATO und der GSVP-Mitglieder, all das zeugt davon, dass ein Weckruf stattgefunden hat. Auch ohne das Herumkrakeelen von Donald Trump. Aber diese Geschichte muss auch erzählt werden, damit Äußerungen, wie die von Trump, nicht die gesamte Welt in Unruhe versetzen.

Fakt ist aber auch, dass noch ein großes Stück Arbeit zu erledigen ist. Die hiesigen Debatten um Taurus-Lieferungen an die Ukraine, um die Wehrpflicht oder die Verstetigung vom Zweiprozentziel der Verteidigungsausgaben zeugen von Unentschiedenheit und Strategielosigkeit. Denn während Trump das NATO-Bündnis in Zweifel gezogen hat, festigen Russland und Iran ihre Rüstungskooperation, die Russland eine Menge bewaffnungsfähiger Drohnen mit einer Reichweite von bis zu 2.500 Kilometern verschaffen wird. Auch Russland und China kooperieren immer enger in strategischen Regionen der beiden Staaten bis in die Arktis miteinander, nebst einem neuen Hoch der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern. Der Krieg im Nahen Osten hat sich zu einem Mehrfrontenkonflikt entwickelt, bei dem pro-iranischen Milizen wie die Huthis im Jemen den Westen offen angreifen, während der Krieg zwischen Israel und der Hamas andauert. Auch im südchinesischen Meer ist die Lage unsicherer denn je, vor allem, weil keiner mehr weiß, wo er hinschauen soll. 

Herausforderungen für die deutsche Sicherheitsstrategie: Koordinierte Bedrohungen und die Zukunft des transatlantischen Bündnisses

Dass die Kooperation zwischen Russland und Iran bereits eine strategische Dimension bekommen hat, die Hamas ihren mörderischen Angriff auf Israel teilweise mit nordkoreanischen Waffen durchführen konnte und die Ausdehnung chinesischer Ambitionen in Afrika sich längst nicht mehr auf Autobahnbau beschränkt, sondern aktiv Demokratien destabilisiert, muss uns in Deutschland verdeutlichen, dass wir endlich eine klare Sicherheitsstrategie definieren müssen, die uns handlungsfähig gegen die multiplen Bedrohungen macht. In der komplexen Welt der globalen Politik stehen wir vor der Herausforderung, die koordinierten Manöver autoritärer Zusammenschlüsse zwischen China, Russland, Iran und Nordkorea im Sinne der Freiheit zu kontern. Während diese Regime ihre Interessen bündeln und ihre Macht versuchen zu demonstrieren, ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir in Europa unsere Kapazitäten konzentrieren, um die Werte von Freiheit und Demokratie weltweit verteidigen zu können.

Auch das transatlantische Bündnis funktioniert nur mit einem handlungsfähigen, selbständigen Europa. Wer der nächste US-Präsident wird, wird im November entschieden. Ob es Trump, Biden oder jemand ganz anderes wird, entscheiden die Wählerinnen und Wähler. Dass Trump für das transatlantische Bündnis gefährlich ist, hat er nunmehr zementiert. Angesichts der unverhohlenen Bedrohungen der internationalen Ordnung ist es entscheidend, unsere Interessen neu zu bewerten und den Mut zu haben, politisch unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Ein Versäumnis in diesem Bereich zeigt eigene Schwäche und gefährdet die universellen Werte, die wir verteidigen wollen. Und der Faktor Trump hat dieses Wochenende einmal mehr verdeutlicht, dass die Abschreckung innerhalb der NATO weitere starke Stimmen benötigt.