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Großbritannien
Schottland immer noch in Händen der SNP

Ein Gastbeitrag von Sir Graham Watson
Nicola Sturgeon vor dem Amtssitz der ersten schottischen Ministerin
Nicola Sturgeon, die Vorsitzende der SNP, vor dem Amtssitz der ersten schottischen Ministerin © picture alliance / empics | Jane Barlow

Die Wahlen zum schottischen Parlament am 6. Mai zeigten: Die Macht in Schottland liegt fest in den Händen der Scottish National Party. In Schottlands sechster Legislaturperiode seit der Wiedereinsetzung seines Parlaments im Jahr 1999 hat die SNP zwar eine Stimme weniger als die absolute Mehrheit, aber acht unabhängige MSPs der Grünen sind bereit, die bemerkenswerten vierzehn Jahre der SNP an der Macht fortzusetzten. Es überrascht daher nicht, dass die Erste Ministerin Nicola Sturgeon angekündigt hat, während dieser Amtszeit Gesetze für ein weiteres Referendum über die Unabhängigkeit zu erlassen.

Für die Liberaldemokraten sind die Wahlergebnisse enttäuschend. Während die Partei ihre Zahl der gewählten Vertreter bei den Kommunalwahlen in England erhöhte, sank die Zahl ihrer Mitglieder im schottischen Parlament von fünf auf vier. Bei den Europawahlen im Juni 2019 wussten die Wähler genau, wofür die Liberaldemokraten standen. Jetzt scheinen sie das nicht zu wissen; oder vielleicht nicht zu mögen, was sie sehen.

Die Hauptprobleme für die Wähler auf beiden Seiten der Grenze scheinen die des Nationalismus/der Souveränität und der Bekämpfung des Coronavirus gewesen zu sein. Die Amtsinhaber in Westminster und Holyrood profitierten in beiden Punkten, obwohl das Coronavirus-Protokoll nicht wirklich schlüssig mit demjenigen auf dem Kontinent verglichen werden kann.

Weder die Konservativen noch die Labour Party haben sich bei den Wahlen zum schottischen Parlament gut geschlagen. Es gibt jedoch Hinweise auf taktische Abstimmungen der Wähler, um zu verhindern, dass die SNP eine klare absolute Mehrheit gewinnt. In zwei Wahlkreisen, auf deren Sieg die Schottischen Nationalisten gehofft hatten, unterstützten die Labour-Wähler den amtierenden Konservativen, um dies zu verhindern. In zwei weiteren ging es umgekehrt, und die konservativen Wähler wechselten zu Labour, um die SNP vom Sitzgewinn fernzuhalten.

Schottland ist tief gespalten, aber in drei statt in zwei Lager unterteilt: ungefähr 30% sind für Unabhängigkeit um jeden Preis, 30% für die Fortsetzung der Union mit England et al., 40% müssen noch überzeugt werden. Zu dieser Gruppe gehören viele, die beim Referendum 2014 gegen die Unabhängigkeit gestimmt haben (Ergebnis 45% für, 55% dagegen), aber dafür 2016 gestimmt haben, dass Schottland in der EU bleibt (Ergebnis in Schottland: Bleiben 62%, 48% Verlassen). Nicola Sturgeon wird hart daran arbeiten, diese Wähler für ihre Sache zu gewinnen. Wird Boris Johnson ebenso hart arbeiten, um sie davon zu überzeugen, im Vereinigten Königreich zu bleiben? Vielleicht. Die bedeutendste Veränderung in den letzten fünf Jahren war jedoch meines Erachtens der zunehmende Beweis dafür, dass Englands Konservative - offiziell immer noch die konservative und unionistische Partei - sich jetzt wenig darum kümmern, ob Irland sich wiedervereinigt und Schottland sich trennt.