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Sicherheitspolitik
Wie AUKUS das deutsche Engagement im Indopazifik stärken kann

Präsident  Joe Biden, flankiert von Australiens Premierminister Scott Morrison, links, und Boris Johnson
Präsident Joe Biden, flankiert von Australiens Premierminister Scott Morrison, links, und Boris Johnson © picture alliance / Consolidated News Photos | Oliver Contreras

Die USA, Australien und Großbritannien haben mit „AUKUS“ eine neue trilaterale Sicherheitspartnerschaft im Indo-Pazifik beschlossen - zur Überraschung der EU und insbesondere Frankreichs. Es folgte ein diplomatischer Eklat. Bei aller berechtigter Kritik: AUKUS, das vor allem Herrschaftsansprüche Chinas einhegen soll, bietet Chancen.

 

„Als Staats- und Regierungschefs Australiens, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten (…) sind wir entschlossen, die diplomatische, sicherheitspolitische und verteidigungspolitische Zusammenarbeit in der indo-pazifischen Region zu vertiefen, auch durch die Zusammenarbeit mit Partnern, um die Herausforderungen des einundzwanzigsten Jahrhunderts zu bewältigen. Als Teil dieser Bemühungen kündigen wir die Schaffung einer verstärkten trilateralen Sicherheitspartnerschaft mit der Bezeichnung "AUKUS" an - Australia, the United Kingdom, and the United States.“

Das Statement - gemeinsam verfasst von Vertretern der Regierungen in Washington, Canberra und London – überraschte am 15. September viele Beobachter, während der überstürzte Abzug der US-Truppen aus Afghanistan noch weltweit für Schlagzeilen sorgte. Kern von AUKUS ist der Bau nuklearbetriebener U-Boote in Australien mit US- und UK-Technologie. Vor allem die französische Regierung wurde überrumpelt. Mit AUKUS platzt eine Vereinbarung zwischen Australien und Frankreich von 2016 über die Lieferung von zwölf französischen, dieselbetriebenen U-Booten an Canberra. Es folgte ein diplomatischer Eklat: Die französische Regierung zog erstmals ihre Botschafter aus Washington D.C. und Canberra ab. Außenminister Le Drian warf den USA und Australien Lügen, Doppelzüngigkeit und Vertrauensbruch vor. Selbstverständlich stellte die EU sich an die Seite Frankreichs. Unmut war so massiv, dass es zu keiner inhaltlichen Diskussion um Sinnhaftigkeit und Konsequenzen von AUKUS kam. Doch diese Diskussion ist nötig und wichtig.

Komplementieren statt konkurrieren

Erstens zeigt das Bündnis, wie ernst die drei AUKUS-Staaten die hegemonialen Bestrebungen Chinas im Indo-Pazifik, genauer gesagt im Südchinesischen Meer, nehmen. Pekings Souveränitätsanspruch bringt außen-, sicherheits-, verteidigungs- und wirtschaftspolitische Herausforderungen. Zweitens zeigt das Bündnis, dass die AUKUS-Staaten Frankreich und die EU nicht als ebenbürtige Partner sehen. Letzteres muss vor allem in Paris erst einmal verdaut werden. Das wird dauern.

„Konzeption und Kommunikation von AUKUS haben Frankreich und letztlich auch die EU brüskiert und, so scheint es, marginalisiert. Darüber, dass so ein Umgang mit Verbündeten schlimm ist, kann man nicht hinwegsehen“, sagt Moritz Kleine-Brockhoff, Leiter des FNF-Regionalbüros Südost- und Ostasien. „Aber es darf nicht in den Hintergrund geraten, worum es geht: China will sich mit neun Strichen auf einer Karte sowie mit dem Bau von Inseln mit Militärstützpunkten ein Weltmeer einverleiben – und die Welt schaute bislang weitgehend zu. Nun unternehmen mit AUKUS drei westliche Staaten etwas, das sich gegen Pekings Expansion stellen soll. Das ist gut.“ Nun müsse es um die Frage gehen, welche sicherheitspolitischen Schritte Frankreich und die EU im Indo-Pazifik machen könnten, die AUKUS komplementieren. “EU- und AUKUS-Staaten sind keine Konkurrenten, sondern Verbündete, die dieselben Ziele haben: offene, sichere Seewege unter Achtung des internationalen Rechtes, gegen das Peking seit Jahren weitgehend ungestört verstößt“, sagt Kleine-Brockhoff.

AUKUS steht zusätzlichem Engagement in der Region nicht entgegen - im Gegenteil. Frankreich überarbeitet gerade seine Indopazifik-Strategie von 2018. Die Überarbeitung umfasst die noch stärkere Einbeziehung anderer Akteure wie Japan und Indien und Indonesien. In Brüssel, wo gerade erst eine Strategie veröffentlicht wurde, könnte der AUKUS-Eklat Motivation für eine aktivere Rolle der EU und für eine Stärkung der NATO sein. Genau das forderte jüngst EU-Außenminister Joseph Borrell - angesichts der jüngsten Entwicklungen in Afghanistan und im Indo-Pazifik. Im November sollen Analyseergebnisse zu einem „Strategischen Kompass“ der EU vorgestellt werden. Dabei sollen Sicherheitsbedrohungen der EU definiert und priorisiert werden.

Und Deutschland?

Mit den Leitlinien zum Indo-Pazifik vom September 2020 bezog Deutschland erst jüngst eine sicherheitspolitische Position. Derzeit ist mit der Fregatte Bayern erstmals seit langem wieder ein deutsches Kriegsschiff auf Ausbildungs- und Präsenzfahrt in der Region. AUKUS brachte auch die Bundesregierung in Bredouille. „Deutschland ist in einer echten Zwickmühle zwischen unserem wichtigsten Verbündeten in der EU, Frankreich, und unserem wichtigsten Nato-Verbündeten, den USA”, erklärte FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff in einem Interview mit dem SPIEGEL. Die Bundesregierung solle diplomatisch zwischen den Parteien vermitteln. “Es wäre die größte Katastrophe, wenn sich aus der Brüskierung Frankreichs durch die USA ein dauerhafter Bruch im Lager der westlichen Demokratien entwickeln würde. Dann hätte nämlich China einen Erfolg erzielt“, sagt Graf Lambsdorff. 

AUKUS hat zunächst irritiert. Nun muss gemeinsam nach vorne geschaut werden. Eine wichtige Frage ist, wie stark sich die nächste deutsche Bundesregierung außenpolitisch positionieren wird - vor allem in Bezug auf China. Zudem: Wie kann sich die EU als globale Akteurin etablieren? Nötig sind abgestimmte, sicherheitspolitische Prioritäten und konsolidierte, militärische Fähigkeiten. Nur so wäre zukünftig möglich, bei Sicherheitspartnerschaften eine stärkere Rolle zu spielen.

*Theresa Winter ist Themenmanagerin vernetzte Sicherheit & Verteidigungspolitik der Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit