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Veranstaltung
Die liberale Revolution 1848 ist Lehrstück, Vorbild und Auftrag zugleich

Nachbericht zur Veranstaltung über Lehren aus der liberalen Revolution 1848 unter anderem mit Karl-Heinz Paqué, Christian Lindner und Linda Teuteberg.
Christian Lindner
© Frank Nürnberger

Die Veranstaltung begann mit einem tiefgreifenden historischen Rückblick auf die liberale Revolution von 1848. Die Bewegung, die sich auf die Forderungen von Bürger- und Freiheitsrechten, gesellschaftlicher Emanzipation und nationalstaatlicher Einigung konzentrierte, wurde ausführlich diskutiert. Besonderes Augenmerk wurde auf die verschiedenen Ausprägungen und Perspektiven der Revolution in Deutschland, der Schweiz und Österreich gelegt.

Neben der historischen Perspektive wurde auch eine Brücke zur aktuellen Politik geschlagen. Diskutiert wurde, welche Lehren aktive Politikerinnen und Politiker aus der Revolution von 1848 ziehen können. Welche Werte wirken nach? Welche Vorbilder sind im politischen Diskurs des Jahres 2023, 175 Jahre später, noch relevant? In seinem Eröffnungsstatement schlug der Schweizer Journalist Frank A. Meyer, von der Hans Ringier Stiftung, die Brücke zwischen Geschichte und Gegenwart: "Bürgerlichkeit, dieses Wort scheint wie aus der Zeit gefallen zu sein." Dabei umfasse dieser Begriff Werte, "die als Substanz unserer offenen Gesellschaft gelten". Meyer betonte: "Bürgerlichkeit ist das Ein- und Ausatmen der Freiheit."

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Vertrauen in die Bürgerinnen und Bürger

Christian Lindner, Finanzminister und FDP-Parteichef, ging in einem Impulsvortrag auf die historischen Lektionen aus der Revolution 1848 für die heutige Politik ein. „Wenn also die Freiheit eines jeden Einzelnen im Zentrum staatlichen Handelns steht, in der freiheitlichen Ordnung, dann bedeutet das, dass der Staat auch in Lebensentscheidungen nicht fortwährend zu zensieren hat.“ Der Staat müsse den Menschen dann auch etwas zutrauen und ihnen erlauben, nach „der eigenen Fasson selig zu werden“. Diese Position komme ihm im aktuellen politischen Diskurs oft zu kurz.

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Andere Meinungen sind Bereicherung – nicht Gefahr

Eine wichtige Lehre aus 1848 sei für ihn, sich durch die Meinung anderer bereichert fühlen zu können. Es lohne sich, sich dafür einzusetzen, dass jeder und jede seine und ihre Meinung frei äußern dürfe. „Denn: Damit leisten wir auch einen guten Beitrag zur Akzeptanz unserer demokratischen Verfasstheit insgesamt“, so Lindner. „Im Übrigen: Meinungsverschiedenheiten sind kein Problem, sondern – im Gegenteil – notwendiger Bestandteil des demokratischen Diskurses.“

Anne C. Nagel

Historikerin Prof. Dr. Anne C. Nagel

© Frank Nürnberger

Kunst zur Mäßigung

In ihrer Keynote lobte die Historikerin Prof. Dr. Anne C. Nagel, dass "die Kunst zur Mäßigung und zum Kompromiss" eine historische Stärke der Liberalen sei. Die Revolution von 1848 habe gezeigt, "dass es wichtig ist, in schwierigen Lagen einen kühlen Kopf zu bewahren", hob Nagel hervor.

Geschichtsbewusstsein und Selbstbewusstsein

Das hochkarätig besetzte Panel, bestehend aus Linda Teuteberg, Mitglied der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Nikolaus Scherak, Abgeordneter der NEOS zum Österreichischen Nationalrat, und Dr. Daniel Brühlmeier, Schweizer Politikwissenschaftler und Publizist, wurde von Prof. Dr. Karen Horn moderiert. Die Panelistinnen und Panelisten brachten ihre nationalen Perspektiven auf die Revolution und Auswirkungen auf das Demokratieverständnis heute ein. Teuteberg plädierte für mehr "Waffengleicheit" zwischen Ministerien und Beamtenapparat auf der einen und Parlamentariern auf der anderen Seite: "Ich finde, dazu gehört deutlich mehr Selbstbewusstsein, auch in unseren politischen Debatten."

Scherak zeigte auf, vor welchen Schwierigkeiten österreichische Parlamentarier im Gegensatz dazu stünden. In den vergangenen Jahren sei das Parlament lediglich eine "verlängerte Werkbank" der Regierung gewesen, monierte er. Österreich habe in vielen Bereichen demokratischen Nachholbedarf. Der Parlamentarismus sei geradezu verkümmert, so Scherak.

In der Schweiz, wo sich die Demokratie anders als in Deutschland und Österreich seit 1848 kontinuierlich weiterentwickelt hat, stelle sich die Lage daher auch anders dar, so Brühlmeier. Neben starken direktdemokratischen Elementen und auch repräsentativer Demokratie gebe es wenig Berührungsängste mit neuen Formen der Bürgerbeteiligung. 

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Einsatz für Geschichtsbewusstsein

Das Schlusswort hielt Karl-Heinz Paqué, Vorsitzender der Stiftung für die Freiheit: "Wir Liberale müssen unser Geschichtsbewusstsein schärfen. Die Revolution 1848 muss stärker in unser Gedächtnis. Als Vorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit darf ich versprechen, dass wir das tun werden."

Musikalisch begleitet wurde der Abend durch Mitglieder des Stiftungsensembles „Musica Libera“. Sibylla Elsing (Sopran), Paul Kreitz (Klarinette) und Marit Jourdan (Fagott) präsentierten Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy, Ludwig van Beethoven sowie das aus dem 19. Jhd. stammende Volkslied „Die Gedanken sind frei“. Das Ensemble wurde 2020 als das erste offizielle Musikensemble der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit von engagierten Stipendiatinnen und Stipendiaten sowie ehemaligen Geförderten gegründet. Die talentierten Musikerinnen und Musiker engagieren sich für die Förderung klassischer Musik in der Gegenwart sowie die Vermittlung ihrer gesellschaftlichen und politischen Hintergründe.