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Raif Badawi
Der Raif Badawi Award 2018 geht an ARIJ

Preisverleihung am 10. Oktober 2018 auf der Frankfurter Buchmesse
Mitarbeiter des unabhängigen Journalistennetzwerks „Arab Reporters for Investigative Journalism“

Mitarbeiter des unabhängigen Journalistennetzwerks „Arab Reporters for Investigative Journalism“

© Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

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Das unabhängige Journalistennetzwerk „Arab Reporters for Investigative Journalism“ (ARIJ), Jordanien, wird in diesem Jahr mit dem Raif Badawi Award for courageous journalists ausgezeichnet. Der Preis wird von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit am 10. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse verliehen.

Die 2005 in Amman, Jordanien, gegründete, unabhängige Journalisten-Vereinigung „Arab Reporters for Investigative Journalism“ (ARIJ) war die erste Medienorganisation in der Region, die sich der Förderung von investigativem Journalismus in arabischen Redaktionen widmete. Aus Kooperationen im Netzwerk entstehen investigative Recherchen zu sensiblen Themen wie Skandale in jordanischen Waisenhäusern oder Missbrauch von Geldern für Schulbauprojekte im Irak. Die Organisation fördert Journalisten und deren Projekte aus Print-, Radio-, TV- und Online-Medien in Jordanien, Syrien, Libanon, Ägypten, Irak, Bahrain, Palästina, Jemen und Tunesien. ARIJ sind international weit vernetzt und unterstützten beispielsweise die Süddeutsche Zeitung bei den Recherchen zur Enthüllung der Panama Papers.

Jury: „Die ‚Arab Reporters for Investigative Journalism‘ sind Leuchttürme in einer dunkler werdenden Welt"

In der Begründung der neunköpfigen unabhängigen Jury heißt es: „Wir haben uns für ‚Arab Reporters for Investigative Journalism‘ entschieden, weil sie sich in einem immer schwieriger werdenden Umfeld für Aufklärung und Transparenz einsetzen, nicht selten unter Lebensgefahr. Gleichzeitig unterstützen sie Kollegen bei Rechercheprojekten und bieten Medien-Training an. Netzwerke wie ARIJ sind ein Vorbild für Journalisten in der ganzen Region: wer sich zusammenschließt, zusammen recherchiert, veröffentlicht und sich gegenseitig unterstützt, ist stärker als allein und kann mehr bewirken. Die ‚Arab Reporters for Investigative Journalism‘ sind Leuchttürme in einer dunkler werdenden Welt.“

TV-Moderator Constantin Schreiber, der den Preis ins Leben rief, begrüßt die Juryentscheidung ausdrücklich: „Frieden braucht Freiheit. Freiheit braucht unabhängigen Journalismus. Die ,Arab Reporters for Investigative Journalism‘ leisten einen wichtigen Beitrag dazu, unabhängigen Journalismus in der arabischen Welt zu etablieren. Ihre Arbeit ist mutig, leidenschaftlich und es absolut wert, mit dem Raif Badawi Award ausgezeichnet zu werden.“

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Der Raif Badawi Award 2018 geht an ARIJ

© Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesjustizministerin a. D. und Vorstandsmitglied der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, gratulierte der Jury zu dieser Wahl: „Im ‚Fall Badawi‘ geht es um nicht weniger als die universelle Geltung von Menschenrechten.Doch siebzig Jahre nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sind die uns selbstverständlichen Rechte in der arabischen Welt leider die Ausnahme und nicht die Regel. Das Journalistennetzwerk ‚ARIJ‘ ist so eine Ausnahme. Es hat sich als starke und überzeugende Stimme für Menschen- und Bürgerrechte in der arabischen Welt positioniert und macht nicht an Staatsgrenzen halt.“

An der Preisverleihung am 10. Oktober wird Raif Badawis Frau, Ensaf Haidar, teilnehmen; die Laudatio hält die Journalistin und TV-Moderatorin Pinar Atalay. Rana Sabbagh, Gründerin und Leiterin von ARIJ, wird den Preis entgegennehmen.

Der Journalistenpreis, initiiert von Badawis Ehefrau Ensaf Haidar und TV-Moderator Constantin Schreiber, soll an den inhaftierten saudischen Blogger Raif Badawi erinnern, der wegen seiner islamkritischen Texte zu 1.000 Peitschenhieben und zehn Jahren Haft verurteilt wurde. 2015 erhielt der marokkanische Journalist Ali Anouzla den Preis; 2016 zeichnete der Award die Journalistinnen des Flüchtlingsradios Dange NWE in Halabja (Irak) für ihre Arbeit aus; 2017 wurde er an den türkischen Investigativ-Journalisten Ahmet Sik vergeben. Der Preis wird vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels e. V. unterstützt.

„ARIJ"-Gründerin: „Es war noch nie so schlimm wie jetzt"

Rana Sabbagh berichtet in einem aktuellen Interview mit t-online von den momentan besonders schwierigen Bedingungen: „Die arabische Welt war noch nie eine sehr demokratische Region. In den vergangenen sechs Jahren hat sich die Presse- und Meinungsfreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen zufolge aber noch verschlechtert. Seit dem arabischen Frühling hatten wir etwas Hoffnung, dass es besser würde.“ Doch diese Hoffnung erfüllte sich nicht: „Leider gab es keinen Business-Plan für die Revolution. Nach einer Weile haben die gleichen autokratischen Kräfte in den Ländern wieder die Kontrolle übernommen und die Fortschritte wieder zurückgedreht. Es war noch nie so schlimm wie jetzt. Abweichende Meinungen haben keinen Platz."

Die Organisation schult die investigativen Reporter auch im Umgang mit Situationen, die teilweise sogar lebensbedrohlich sein können: „Wir trainieren die Journalisten zum Beispiel, ihre Daten und E-Mails zu verschlüsseln. Allerdings ist es etwa in Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten verboten, verschlüsselte E-Mails zu nutzen. Dafür kann man ins Gefängnis kommen. Unsere besten Journalisten trainieren wir auch, sich physisch zu verteidigen, um in den schwierigsten Ländern wie Libyen, Irak, oder Jemen zu arbeiten. Sie simulieren, wie sie sich bei einer Entführung verhalten, wie sie Erste Hilfe leisten. Aber jeder, der für uns arbeitet, nimmt große Risiken in Kauf",  erklärt Rana Sabbagh im Gespräch. „Jeder kämpft gegen korrupte Systeme, gegen Wirtschaftsinteressen, gegen Regierungen, gegen die Mafia und gegen die Sicherheitsbehörden, die noch mal eine eigene Agenda verfolgen."

Viele der Reportagen von „ARIJ“ haben wirklich etwas bewegt. Die Journalisten der Organisation hätten bisher mehr als 465 Investigativgeschichten veröffentlicht, sagt Rana Sabbagh:  „Jede war ein Erfolg. Und jede hatte in irgendeiner Form Konsequenzen. Hervorheben würde ich eine Geschichte, die wir mit BBC Arabic in Jordanien gemacht haben. Dort haben wir dokumentiert, wie Betreuer in privaten Einrichtungen für geistig Behinderte ihre Patienten misshandelt haben." Sie seien sexuell misshandelt, verletzt und beleidigt worden.  „Unser Journalist hat in drei dieser Einrichtungen als Freiwilliger gearbeitet und dabei die Missstände mit versteckter Kamera aufgezeichnet, über Wochen und zu mehreren Zeitpunkten. Wir haben so rausgefunden, dass die Probleme System hatten. Danach gab es einen großen Aufschrei. Und der König hat gehandelt, die Gesetze wurden geändert. Nun gibt es Kameras, die 24 Stunden alles aufzeichnen, was dort passiert."

Das ganze Interview mit Rana Sabbagh, Gründerin und Leiterin von ARIJ, finden Sie hier.

The winner of the 2018 Raif Badawi Award is “Arab Reporters for Investigative Journalism” (ARIJ) 

Award ceremony to be held on 10 October 2018 at the Frankfurt Book Fair

Arab Reporters for Investigative Journalism (ARIJ), a Jordan-based independent network of journalists, is this year’s winner of the Raif Badawi Award for courageous journalists. The Friedrich Naumann Foundation for Freedom will award the prize on 10 October 2018 at the Frankfurt Book Fair.

Arab Reporters for Investigative Journalism (ARIJ) is an independent association of journalists founded in Amman, Jordan in 2005. It was the region’s first media organisation to focus on promoting investigative journalism in Arab newsrooms. Journalists collaborate within the network to generate investigative research on sensitive issues such as scandals in Jordanian orphanages and the misappropriation of funds for school building projects in Iraq. The organisation supports journalists and their print, radio, TV and online projects in Bahrain, Egypt, Jordan, Iraq, Lebanon, Palestine, Syria, Tunisia and Yemen. ARIJ maintains a global network of contacts and supported Süddeutsche Zeitung, a leading German daily, in its investigations for the Panama Papers revelations, to name but one example.

 In its award justification, the nine-member independent jury noted: “We have chosen Arab Reporters for Investigative Journalism because it is committed to informing the public and raising transparency in an increasingly difficult environment, often operating at risk to the journalists’ lives. At the same time, it supports journalists’ research projects and offers media training. Networks like ARIJ are a role model for journalists throughout the region: journalists who collaborate, cooperate on investigations, offer each other mutual support and publish collectively are stronger together than alone and can achieve more. Arab Reporters for Investigative Journalism is a beacon of light in a darkening world.” 

Constantin Schreiber, TV presenter and co-founder of the award, welcomed the jury’s decision: “Peace needs freedom and freedom needs independent journalism. Arab Reporters for Investigative Journalism is making an important contribution to establishing independent journalism in the Arab world. The work its members do is brave, inspired by passion, and highly deserving of being recognised through the Raif Badawi Award.”

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, former justice minister of Germany and a current board member of the Friedrich Naumann Foundation for Freedom, congratulated the jury on its decision: “The ‘Badawi case’ deals with nothing less than the universal applicability of human rights. 

However, seventy years after the Universal Declaration of Human Rights, rights which seem self-evident to us remain the exception in the Arab world. The ARIJ network of journalists is such an exception. It has positioned itself as a forceful and persuasive advocate for human and civil rights in the Arab world. Its work transcends national boundaries.” 

Ensaf Haidar, Raif Badawi’s wife, will attend the award ceremony on 10 October. The laudation will be delivered by the journalist and TV presenter Pinar Atalay. Rana Sabbagh, founder and director of ARIJ, will accept the award.

The Raif Badawi Award was initiated by Ensaf Haidar, Badawi’s wife, together with German television presenter Constantin Schreiber. It honours the Saudi blogger Raif Badawi, who was sentenced to 1,000 lashes and ten years’ imprisonment for publishing texts critical of Islam. The 2015 award was bestowed on the Moroccan journalist Ali Anouzla; in 2016, the winners were the female journalists of the refugee radio station Dange NWE in Halabja (Iraq); in 2017, the recipient was the Turkish investigative journalist Ahmet Şık. The award is supported by the German Publishers and Booksellers Association.

Für Medienanfragen kontaktieren Sie unsere Pressereferentin der Stiftung für die Freiheit:

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Doris Droste