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Innenstädte
Das Ende einer Ära? Was es für den Wandel der Innenstadt braucht

KaDeWe - Kaufhaus des Westens

KaDeWe - Kaufhaus des Westens

© picture alliance / Eibner-Pressefoto | Augst / Eibner-Pressefoto

Ende Januar hat die KaDeWe-Gruppe Insolvenz angemeldet. Das bedeutet nicht, dass das weltberühmte Berliner Kaufhaus des Westens in absehbarer Zeit schließen muss. Doch es zeigt sich, dass das Geschäftsmodell großer Warenhäuser immer mehr in Bedrängnis gerät. Die Innenstadt steht vor einem Wandel – Zeit, die richtigen Voraussetzungen für diesen Prozess zu schaffen.

Gerade gerät das KaDeWe aufgrund eines Hacker-Angriffs in die Schlagzeilen – zum zweiten Mal in diesem Jahr. Denn bereits Ende Januar hat die KaDeWe-Gruppe, zu der das weltbekannte Kaufhaus des Westens in Berlin Charlottenburg, das Oberpollinger in München sowie das Hamburger Alsterhaus gehören, Insolvenz anmelden müssen. Laut zuständigem Sachverwalter sind die „exorbitant hohen Mieten“ das Hauptproblem für den Konzern. Die Insolvenz bedeutet für die Luxuswarenhäuser nicht zwingend das Aus – grundsätzlich scheinen die Umsatzzahlen zu stimmen. Vielmehr wird mit dem Insolvenzantrag das Ziel verfolgt, sich aus bestehenden Vertragsbeziehungen zu lösen.

Warenhäuser geraten immer mehr in Bedrängnis

Und dennoch wird klar: Das Geschäftsmodell großer Warenhäuser gerät immer mehr in Bedrängnis. Jahrzehntelang prägten Kaufhäuser das Gesicht unserer Innenstädte. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg waren sie gar ein Ausdruck des deutschen Wirtschaftswunders. Ganz nach dem Motto des 60er-Jahre-Werbeslogans von Kaufhof „Tausendfach unter einem Dach“ gehörte es zum Geschäftsmodell, ein möglichst großes Warensortiment anzubieten und damit den Einkauf für die Kundinnen und Kunden möglichst unkompliziert zu gestalten. Doch genau dieses Geschäftsmodell wurde von Amazon und Co. perfektioniert. Kein Warenhaus dieser Welt wird es je schaffen, ein ähnlich umfangreiches Sortiment anzubieten und den Einkauf so einfach zu gestalten wie per Mausklick von der heimischen Couch.

Auch Einzelhandel und Büroflächen befinden sich im Wandel

Doch der Wandel trifft nicht nur Warenhäuser. Der gesamte stationäre Einzelhandel steht vor großen Herausforderungen. In Zukunft wird es noch stärker darauf ankommen, den Mehrwert im Vergleich zum Online-Shopping herauszustellen. Viele Einzelhandelsgeschäfte haben dies schon längst erkannt und beschreiten genau diesen Weg. Sie setzen auf exzellente Beratung, umfassenden Service und auf echte Einkaufserlebnisse – alles Dinge, die das Bestellen im Internet nicht in dieser Form bieten kann. Durchaus möglich, dass Einzelhandelsgeschäfte in Zukunft auch anders aussehen werden als heute. Vorstellbar sind beispielsweise kleinere Ladenflächen, die als eine Art Showroom dienen, ohne dabei alle Produkte vorrätig zu haben.

Doch damit nicht genug: Die Büroflächen, die in der Regel in den Stockwerken über dem stationären Einzelhandel zu finden sind, stehen ebenfalls vor einem Umbruch. In vielen Unternehmen hat sich inzwischen ein Hybrid-Modell durchgesetzt, bei dem die Mitarbeitenden teilweise im Büro und teilweise von zu Hause arbeiten. Dies führt dazu, dass Büroflächen neu geplant (hin zu offenen Begegnungsflächen für Teambesprechungen und weg von Einzelbüros) und teilweise sogar reduziert werden.

leere Bueroflaechen

Leere Büroflächen in Berlin

© picture alliance / photothek | Thomas Trutschel

Unsere Studie: Zukunft der Innenstädte

All diese Entwicklungen werden zwangsläufig Auswirkungen auf unsere Innenstädte haben. Und sie bieten auch Möglichkeiten für neue Nutzungsformen: Innovative Ladenkonzepte mit ausgefallenen Geschäftsmodellen, Co-Working-Konzepte fürs Arbeiten im Quartier, Kultureinrichtungen oder ein Neustart für das innerstädtische Wohnen. Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit hat hierzu in Zusammenarbeit mit Fraunhofer IAO die Studie „Zukunft der Innenstädte“ veröffentlicht. Unsere Studie macht deutlich, dass in vielen Innenstädten bereits heute spannende Innovationen entstehen: Sei es der hybride Einzelhandel, das digitale Lieferzonenmanagement, der Einsatz von Augmented Reality oder ganz einfach die Entstehung von Pop-up-Straßenlokalen.

Fazit

Es sieht danach aus, als würde dem Kaufhaus des Westens (und anderen Luxushäusern) in absehbarer Zeit keine Schließung bevorstehen. Am Wandel der Innenstädte wird dies jedoch nichts ändern. Für diesen Veränderungsprozess müssen die besten Voraussetzungen geschaffen werden: Es braucht den Einzelhandel, der innovative und mutige Wege geht und damit echte Einkaufserlebnisse schafft. Es braucht eine agile kommunale Verwaltung, die als Problemlöserin agiert und möglichst unbürokratisch Veränderungen zulässt. Es braucht einen signifikanten Bürokratieabbau im Bauwesen, damit Umwandlungskonzepte nicht an hohen Baukosten und unnötigen Vorgaben scheitern. Es braucht maßgeschneiderte und ideologiefreie Mobilitätskonzepte, die sich nach den innerstädtischen Gegebenheiten und Bedürfnissen richten. Und es braucht eine umsichtige Stadtplanung, die die Interessen aller Akteure berücksichtigt.