Philippinen
„Manche Leute müssen hinter Gitter“ - Duterte festgenommen

Aktivisten bei einem Protest nach der Verhaftung Dutertes
© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Basilio SepeDieser Beitrag erschien zuerst als Gastbeitrag bei t-online.
Der „Krieg gegen Drogen“ war ein zentrales politisches und rhetorisches Element der Duterte-Regierung (2016–2022). Während sich die offiziellen Zahlen auf etwa 6.000 Todesstrafen belaufen, gehen Menschenrechtsorganisationen von nahezu 30.000 Todesfällen aus.
Der Feldzug war geprägt von außergerichtlichen Hinrichtungen und einer Aushöhlung von fairen Verfahren. Tausende von Familien waren massivem Unrecht ausgesetzt: Väter wurden vor den Augen ihrer Kinder erschossen, misshandelt oder auf nimmer Wiedersehen mitgenommen. Einen Eindruck vom Leidensdruck vermittelt das Buch von Patricia Evangelista Some People Need Killing.
Der IStGH, dessen juristische Grundlage das multilaterale Römische Statut von 1998 ist, begann 2018 mit der Untersuchung der schweren Vorwürfe gegen Duterte im Rahmen seiner Anti-Drogen-Kampagne. Trotz des Austritts der Philippinen vom IStGH im Jahr 2019 setzte das Gericht seine Untersuchung fort und behielt seine Zuständigkeit auch für Verbrechen, die vor dem Austritt begangen wurden.
Reaktionen auf die Festnahme und politische Implikationen
Die Festnahme wird von lokalen Politikern und verschiedenen Menschenrechtsorganisationen als entscheidender Schritt in Richtung Gerechtigkeit begrüßt. Leila de Lima, ehemalige Senatorin und Justizministerin, die von Duterte aufgrund politisch motivierter Anschuldigungen inhaftiert wurde und fast sieben Jahre lang unschuldig im Gefängnis verbrachte, beschrieb die Festnahme als einen zutiefst persönlichen Moment. Dabei betonte de Lima, dass es nicht um Rache gehe, sondern um die Verantwortung gegenüber den Opfern und ihren Familien.
Die Festnahme erfolgte inmitten einer sich verschlechternden Beziehung zwischen Duterte und dem amtierenden Präsidenten Ferdinand Marcos Junior. Marcos war zunächst gegen eine Zusammenarbeit mit dem IStGH, änderte jedoch später seine Haltung, als das politische Bündnis mit der Familie Duterte zerbrach. Ungewiss ist bislang, ob die Marcos-Regierung tatsächlich mit dem IStGH zusammenarbeiten und Dutertes Auslieferung nach Den Haag zustimmen wird, denn Dutertes Tochter Sara ist Vizepräsidentin der Philippinen. Auch sie ist kein unbeschriebenes Blatt, drohte sie doch unlängst Präsident Marcos und seiner Frau mit Mord, sollte ihr etwas zustoßen. Sara Duterte wurde bereits vom Parlament abgesetzt, bleibt jedoch bis zur entsprechenden Beschlussfassung durch den Senat im Amt. Sollte sie abgesetzt werden, könnte sie 2028 nicht mehr für das Präsidentenamt kandidieren. Der Wahlkampf und der einhergehende Zwist von politischen Eliten und Familien sind bereits in vollem Gange. Im Mai sind Zwischenwahlen. Die Marcos-Familie hat auf nationaler und regionaler Ebene mindestens zehn Familienmitglieder aufgestellt. Aus der Duterte-Familie kandidieren mindestens fünf um politische Ämter. Das Durchsetzen von politischen Agenden durch politische Dynastien hat Tradition.
Ein Sieg für die Menschenrechte und die internationale Ordnung
Dutertes Verhaftung markiert einen wichtigen Moment im weltweiten Streben nach Rechenschaftspflicht für Machthaber. Sie unterstreicht die entscheidende Rolle internationaler Institutionen wie des IStGH, die sicherstellen, dass sich auch Staats- und Regierungschefs nicht der Justiz entziehen können, selbst wenn nationale Regierungen nicht bereit oder in der Lage sind, zu handeln. Während das Gerichtsverfahren seinen Lauf nimmt, rückt das Augenmerk zurecht auf die Auswirkungen auf die Philippinen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass ein Verfahren und eine Verurteilung auch ein Beweis für die Stärke internationaler Justizmechanismen bei der Wahrung von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und demokratischen Werte weltweit sind. Ein bitter benötigter Beweis angesichts eines raueren Tons auf dem internationalen Parkett im Ringen um gemeinsame Werte und eine gemeinsame internationale Ordnung.
Dr. Almut Besold leitet das Büro der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in den Philippinen.
Danika Sarion ist eine ehemalige Mitarbeiterin des Büros vor Ort.