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BTS-Fans stellen sich gegen chinesischen Nationalismus

In China hat sich rund um die K-Pop-Band BTS eine digitale Gegenbewegung organisiert. Einige Fans der Band stellen autoritäre Narrative in frage und diskutieren offen über Themen wie Meinungsfreiheit, zeigt eine Analyse der Naumann-Stiftung.
Das Regime der Volksrepublik China zensiert massiv soziale Netzwerke und betreibt eine nationalistische Kulturpolitik. Doch in diesem restriktiven Umfeld haben Fans der südkoreanischen K-Pop-Band BTS eine digitale Gegenbewegung initiiert – einige von ihnen kritisieren sogar offen die Linie der Regierung.
Das ist das Ergebnis einer Analyse von Dr. Natalia Grincheva von der LASALLE University of the Arts in Singapur. Die Untersuchung ist Teil des internationalen und interdisziplinären Forschungsprojekts „Mapping the Global Impacts of Hallyu – The Korean Wave“, das von der Korea Foundation und der LASALLE University of the Arts Singapore gefördert wird. Ziel des Projekts ist es, die Auswirkungen und das Ausmaß der globalen Popularität südkoreanischer Popkultur (Hallyu) zu analysieren.
Für die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit hat Dr. Grincheva untersucht, inwiefern die BTS Fans in China nationalistische Propaganda infrage stellen und die Band Debatten über universelle liberale Werte anstoßen kann. BTS wirbt nicht explizit für liberale Werte oder übt gar Kritik an den autoritären Strukturen in China - was Kritiker der Band durchaus vorwerfen. Laut Grincheva hat die Band aber dazu beigetragen, dass sich manche chinesische Fans kritisch mit der eigenen Regierung oder Themen wie Meinungsfreiheit auseinandersetzen.
Seit 2016 schränkt China den Einfluss koreanischer Kultur massiv ein. Auslöser für die Restriktionen war die Entscheidung Südkoreas, das US-amerikanische Raketenabwehrsystem THAAD zu installieren – ein Schritt, der zu einem inoffiziellen Bann südkoreanischer Kulturgüter führte. K-Pop-Konzerte wurden abgesagt oder gar nicht erst genehmigt, koreanische Serien und Filme verschwanden aus chinesischen Streamingdiensten, und südkoreanische Stars wurden aus der Werbung entfernt oder nicht mehr in TV-Shows eingeladen. Zudem schürte die chinesische Regierung nationalistische Narrative in den sozialen Netzwerken.
Grinchevas Studie zeigt, dass Chinas restriktive Maßnahmen zu einer Gegenbewegung vieler BTS-Fans führten. Sie kommt zu folgenden Ergebnissen:
- BTS überwindet die Anti-Korea-Bewegung in China: Trotz strikter Zensur und der Anti-Hallyu-Kampagne konnte BTS seine starke Präsenz in China aufrechterhalten. Die chinesische Fangemeinde umging kreativ bestehenden Einschränkungen, unterstützte die Gruppe weiterhin aktiv und verbreitete humanitäre Botschaften von BTS.
- BTS-Fans fordern chinesischen Nationalismus heraus: Die Polarisierung durch nationalistische Diskurse in China führte zur Bildung transnationaler Gemeinschaften unter BTS-Fans. Diese stellen dominante nationalistische Narrative infrage und zeigen, wie digitale Fankulturen kulturelle und politische Identitäten in repressiven Umfeldern beeinflussen können.
- BTS erscheint unpolitisch, vermittelt aber universelle Werte: Mit der Betonung auf Empathie, Selbstachtung und Menschenrechten gelingt es BTS, kulturelle und politische Gräben zu überwinden. Ihr Erfolg zeigt, dass es hilfreich sein kann, Künstler nicht politisch aufzuladen, um universale liberale Werte in sensiblen Kontexten wirksam zu fördern.
Die Studie können Sie unten herunterladen