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Public History

Karl-Hermann Flach – Liberaler aus Leidenschaft

Karl-Hermann Flach war ein bedeutender liberaler Vordenker in den 1960er und frühen 1970er Jahren; 1971 wurde er auf dem Freiburger Bundesparteitag zum ersten Generalsekretär der FDP gewählt. Jahrelang hatte er – erst als Bundesgeschäftsführer der FDP, dann als Chefredakteur der Frankfurter Rundschau – für eine Erneuerung des Liberalismus als eine eigenständige dritte Kraft gekämpft. Zahlreiche Punkte aus Flachs bekannter Broschüre „Noch eine Chance für die Liberalen“ sind auch heute noch aktuell: Sozialer Liberalismus, Umweltschutz, Bildungs- und Berufschancen sowie die Demokratisierung der Gesellschaft. Flach ging es um historische Grundlagen, liberale Grundwerte und den Kampf gegen Selbstgewissheiten und politische Extreme. Er zielte auf eine wirkungsvolle Einlösung des liberalen Anspruchs, Menschen- und Bürgerrechte in einer hochindustrialisierten Gesellschaft für alle zur Geltung zu bringen.

Obwohl er nur kurze Zeit in politischen Ämtern gewirkt hatte, blieb die Erinnerung an Karl-Hermann Flach über die Jahrzehnte hinweg lebendig, wie zahlreiche Weggefährten, die Karl-Hermann-Flach-Stiftung und der nach ihm benannte Preis bezeugen. Ein Grund liegt in der persönlichen Integrität und Faszination, die der liberale Vordenker im journalistischen und politischen Umfeld auslöste, ein anderer in der optimistischen Zukunftsorientierung seines sozialen und liberalen Freiheitsbegriffs: Flach wurde zur „Inkarnation des modernen Liberalismus“ (Walter Scheel), des Vorhabens, Menschen das Zusammenleben als freie und gleiche Individuen in einer Gesellschaft mit sozialer und politischer Gleichberechtigung zu ermöglichen. 

Liberalismus heißt Einsatz für größtmögliche Freiheit des einzelnen Menschen und Wahrung der menschlichen Würde in jeder gegebenen oder sich verändernden gesellschaftlichen Situation.

Karl-Hermann Flach
Karl-Hermann Flach, 1971

Bürgerliche Grundrechte und soziale Chancengerechtigkeit

Die Aufgabe einer liberalen Partei sah Flach darin, „gegenüber dem sturen Beharren auf dem Gegebenen und der sozialistischen Verheißung den dritten Weg der liberalen Gesellschaftsreform durchzusetzen“. Ähnlich wie Friedrich Naumann sieben Jahrzehnte zuvor verband er damit eine Kritik des Kapitalismus. Ihm schwebte eine „liberale Volkspartei“ vor, die sowohl bürgerliche Grundrechte als auch soziale Chancengerechtigkeit gesellschaftlich ausgestalten könne. Damit wurde Flach ein wichtiger Wegbereiter der sozialliberalen Koalition, für die er in beiden Rollen zeitlebens kämpfte, als Publizist und als Politiker, als ein Grenzgänger zwischen Macht und Medien. Sein letzter Artikel – vier Tage vor seinem Tod – trug den Titel: „Unser System bedarf der liberalen Reform“ und mündete in der Forderung, die Freiburger Thesen seien „Punkt für Punkt zu verwirklichen“. Fünfzig Jahre danach werden die Freiburger Grundsätze erneut intensiv diskutiert – das würde ihn ohne Zweifel zufriedenstellen.