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Eine Kolumne von Karl-Heinz Paqué

Israel-Iran-Krieg
Noch eine Zeitenwende!

Israel verändert mit seinem Präventivkrieg den Nahen Osten grundlegend. Dies birgt Chancen, aber die Zukunft bleibt offen.
Das von den Israelischen Verteidigungsstreitkräften (IDF) veröffentlichte Foto zeigt Kampfjets der israelischen Luftwaffe, die vor den Angriffen in Teheran starten.

Das von den Israelischen Verteidigungsstreitkräften (IDF) veröffentlichte Foto zeigt Kampfjets der israelischen Luftwaffe, die vor den Angriffen in Teheran starten.

© picture alliance / SIPA | IDF/GPO

Der Präventivkrieg Israels gegen den Iran ist noch keineswegs zu Ende. Alle Indizien deuten indes darauf hin, dass er eine große dauerhafte Schwächung des Iran mit sich bringt. Kritiker des Krieges weisen zwar darauf hin, dass er zu keiner dauerhaft stabilen Lösung führt, ähnlich wie Israels direkter Kampf gegen den Terror von Hisbollah und Hamas. Das stimmt, aber was ist in der Welt von Westasien - eurozentrisch formuliert: des Nahen Osten – schon „dauerhaft stabil“? Schon eine Kräfteverschiebung, die ein Jahrzehnt anhält, kann für den Verlauf der ferneren Zukunft wichtige Weichen stellen.

Diese Kräfteverschiebung gibt es – zu Lasten des Iran, und das ist aus zwei Gründen gut so. Erstens natürlich für die Sicherheit Israels, jenem Land, für dessen Fortbestand in Freiheit und Prosperität Deutschland aufgrund seiner Geschichte eine besondere Mitverantwortung trägt, ob man dies nun wie die frühere Bundeskanzlerin als „Staatsräson“ bezeichnet oder bescheidenere Begriffe findet. Das iranische Mullah-Regime, das seit seiner – von westlichen Linken bejubelten – Entstehung im Jahr 1979 den Hass auf Israel und den Willen zu dessen Vernichtung auf seine Fahnen geschrieben hat, wird am Bau einer Atombombe gehindert. Vielleicht nicht für immer, aber doch für einige Jahre, die man braucht, um die Kerntechnologie bombenreif fertigzustellen. Zumal mit den Ereignissen der letzten Tage klar ist, dass Israel weiter bereitsteht, zuzuschlagen, wenn der Iran einfach so weitermacht wie bisher.

Daraus folgt die zweite Kräfteverschiebung. Es ist nach einer Niederlage des Iran überhaupt nicht mehr zu erkennen, wie die beiden Terrororganisationen Hisbollah und Hamas, die sogenannten „Proxies“ des Iran, auf absehbare Zeit ihre bewaffneten Netzwerke mit weit weniger Unterstützung des Irans als zuvor wieder ausbauen könnten. Im Gazastreifen führt dies vorerst zu einem Machtvakuum, bei dem völlig offen ist, wie es künftig gefüllt wird – die Planlosigkeit der Regierung Netanjahu springt ins Auge. Ganz anders ist die Wirkung auf die arabischen Staaten der Region. Die Schwächung der Hisbollah öffnet im Libanon eine Art „window of opportunity“, wieder zu einem funktionierenden Staatswesen zu kommen – vorausgesetzt, es gelingt, die Hisbollah nicht nur politisch zu entmachten, sondern auch zu entwaffnen und die schiitische Minderheit aus ihren Krallen sowie ihren sozialen Netzwerken zu lösen. In Syrien ist alles offen. Die Experten rätseln über den außenpolitischen Pragmatismus, den der neue Machthaber Al-Scharaa an den Tag legt. Jedenfalls ist von seinem früheren islamistischen Radikalismus wenig zu spüren. Jordanien schließlich bleibt ein Hort der royalistischen Stabilität unter dem haschemitischen König Abdullah mit gewissen Tendenzen der Demokratisierung, besorgt vor allem über potenzielle Flüchtlingswellen, die das Land bedrohen könnten. Auch diese Sorge nimmt nun eher ab als zu.

Fazit: eigentlich überall eher Vorteile durch die sich anbahnende Niederlage des Mullah-Regimes im Iran gegen Israel, selbst wenn sie sich nicht als absolut dauerhaft erweisen sollte. Ein erster Grund zum vorsichtigen Optimismus.