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30 JAHRE EUROPÄISCHER BINNENMARKT

Umfrage: Deutsche schätzen den Binnenmarkt

Trotz dieser Fakten wird der Europäischen Union nicht selten eine geringe Bedeutung im Alltagsleben der Menschen vorgehalten. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt zum dreißigsten Jubiläums des europäischen Binnenmarktes von „Europas vergessener Errungenschaft“ (FAZ, 28.12.2022). Betrachtet man die Zahlen, lässt sich beim Binnenmarkt tatsächlich von einem großen, wirtschaftlichen Erfolg sprechen. Der Binnenmarkt trägt laut Europäischer Zentralbank (EZB) rund 8,5 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der EU, und seit 1993 zwischen zwölf und 22 Prozent zum BIP pro Kopf bei (BDI 2021; Lehtimäki/Sondermann 2020). Eine Studie der Bertelsmann Stiftung schreibt der Vollendung des Binnenmarktes außerdem die Schaffung von 2,7 Millionen Arbeitsplätzen sowie einen Wohlfahrtsgewinn pro Kopf von bis zu 3.600 Euro zu (Mion/Ponattu 2019).

Wie wenig der Vorwurf mangelnder alltäglicher Relevanz aber auch in der Wahrnehmung der Menschen zutrifft, zeigt eine, für diese Studie durchgeführte Umfrage. Nahezu eine Dreiviertel-Mehrheit aller Befragten (73,5 Prozent) stimmt der Aussage „Der europäische Binnenmarkt ist für mein tägliches Leben sehr wichtig“ zu. Nur 9,6 Prozent sehen den Binnenmarkt als eindeutig nicht wichtig für ihr Leben an. Betrachtet man dabei die Altersgruppen, ist die Zustimmung bei der jüngsten Altersgruppe (20-29 Jahre) und der Ältesten (65+) mit über 74 Prozent am Höchsten. Aber selbst in der Altersgruppe mit der „geringsten“ Zustimmung (30-39 Jahre) liegt der Wert noch bei 69,1 Prozent. Auch bei weiteren Differenzierungen etwa nach beruflicher Stellung, Berufsbildung oder Beschäftigungsstatus liegt die wahrgenommene Relevanz des Binnenmarktes im Alltag in keiner Gruppe unter 60 Prozent. Am höchsten ist der Wert unter Selbstständigen (78,5 Prozent). Zwar ließe sich die hohe Zustimmung zur Bedeutung des Binnenmarktes in der Gruppe der Selbstständigen mit der wirtschaftlichen Betätigung, der Jüngeren mit der Selbstverständlichkeit eines grenzenlosen Europas, und den Ältesten mit den negativen Erfahrungen eines fragmentierten Europas erklären - aber angesichts mangelnder Varianz bei den anderen Gruppen bedarf es keiner spezifischen Erklärungen. Für die breite Bevölkerung ist der Binnenmarkt in ihrem Alltagsleben sehr wichtig und verdeutlicht, dass der Binnenmarkt auch 30 Jahre nach Vollendung alles andere als in Vergessenheit geraten ist.

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© Eigene Darstellung basierend auf CIVEY-Umfrage
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© Eigene Darstellung basierend auf CIVEY-Umfrage

Die hohe Bedeutung des Binnenmarktes im Alltag der Deutschen spiegelt sich auch in ihrem generellen Interesse an der Europapolitik wider. Eine deutliche Mehrheit der Befragten (56,3 Prozent) zeigt ein eindeutiges Interesse an der Europapolitik und ist sich der Auswirkungen auf das eigene Leben bewusst. Nur knapp mehr als ein Fünftel aller Befragten hat kein Interesse an der Europapolitik. 11,7 Prozent der Befragten geben an, eindeutig kein Interesse zu haben. Am höchsten ist das Interesse bei der Gruppe der 40 bis 49- und der über 65-jährigen. Insgesamt ist die Schwankung über alle Alters-, Berufs- und Bildungsgruppen gering und das Interesse an Europapolitik hoch. Am höchsten ist der Wert bei Menschen in Ausbildung, unter ihnen geben fast alle (97,2 Prozent) an, sich eher oder eindeutig für Europapolitik zu interessieren. Die hohe Alltagsrelevanz des Binnenmarktes sowie das große Interesse an Europapolitik zeigt sich auch in der Bewertung der einzelnen Aspekte des gemeinsamen Marktes.

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© Eigene Darstellung basierend auf CIVEY-Umfrage