EN

Trump, Zölle und Handelstrauma

Nur durch Wettbewerb kann Amerika (wieder) groß werden
Trump, Zölle und Handelstrauma

Seit dem 1. Juni sind die Strafzölle auf Aluminiumimporte aus Mexiko, Kanada und der Europäischen Union in Kraft.

© Darwel / iStock Getty Images Plus

Am 31. Mai 2018 hat die Trump-Administration Zölle von 25 Prozent auf Stahlimporte und 10 Prozent auf Aluminiumimporte aus Mexiko, Kanada und der Europäischen Union angekündigt. Seit dem 1. Juni sind diese Strafzölle in Kraft. Damit hat Trump ein zentrales und für seine Wähler wichtiges Wahlkampfversprechen umgesetzt: Um die aus seiner Sicht durch die globale Handelsordnung entstandenen Missstände zu korrigieren, versprach er, U.S.-Firmen vor „unfairen“ und „ungerechten“ Handelspraktiken schützen zu wollen. Die Strafzölle behindern jedoch nicht nur die Zusammenarbeit der Vereinigten Staaten mit drei ihrer engsten Verbündeten, sondern auch U.S.-amerikanische Produzenten, die zukünftig mit einer geringeren Wettbewerbsfähigkeit ihrer Waren zu kämpfen haben werden.

Die Vereinigten Staaten sind der größte Stahlimporteur der Welt. 2017 haben die USA Stahl im Wert von 29 Milliarden U.S.-Dollar importiert. 17 Prozent dieses Stahls kamen aus Kanada, 9 Prozent aus Mexiko und 3,4 Prozent aus Deutschland, dem größten Stahlexporteur der EU in die USA. Auch von Aluminiumimporten sind die Vereinigten Staaten stark abhängig: 36 Prozent der insgesamt 23 Milliarden U.S.-Dollar, die für Aluminiumimporte ausgeben werden, kamen aus Kanada. Aus Mexiko importierten die USA Aluminium im Wert von 1 Milliarde U.S.-Dollar und in Deutschland, Frankreich und Italien gaben sie eine weitere Milliarde U.S.-Dollar aus. Ein 25-prozentiger Stahl- und 10-prozentiger Aluminiumzoll wird dazu führen, dass amerikanische Unternehmen diese Rohstoffe weiter aus dem Ausland, aber zu höheren Preisen, oder wie von der Trump-Regierung erhofft, von einheimischen Produzenten, aber ebenfalls zu höheren Preisen als bisher beziehen müssen. Amerikanische Unternehmen müssen also entweder eine geringere Gewinnmarge hinnehmen oder ihre Preise anziehen. Beide Optionen wirken sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit aus. Die Auswirkungen werden insbesondere in den U.S.-Bundesstaaten zu spüren sein, deren Produktionssektoren stark vom Stahl- und Aluminiumimport abhängig sind, wie etwa Michigan mit seinen Autowerken und Wisconsin mit seinen Konservenfabriken. In beiden Bundesstaaten stimmte die Wählerschaft 2016 mehrheitlich für Trump.

Domino-Effekt

Die Folgen der Strafzölle werden sich jedoch nicht nur auf den Stahl- und Aluminiumimport beschränken. Kanada, Mexiko und die Europäische Union kündigten bereits an, dass sie Vergeltungszölle auf U.S.-Waren, darunter Lampen, Schweinefleisch, Käse, Motorräder, Jeans, Whiskey, Zigaretten und sogar Stifte, erheben werden. Kanada hat bereits Zölle für U.S.-Exporte im Wert von 12,8 Milliarden U.S.-Dollar verhängt, die ab dem 1. Juli gelten werden und erst wieder aufgehoben werden sollen, wenn die USA ihre Zölle streichen. Auch die EU wird ab Juli Zölle erheben, die U.S.-Exporte im Wert von 3,4 Milliarden U.S.-Dollar betreffen werden. Mexikos Vergeltungszölle in Höhe von 3 Milliarden U.S.-Dollar greifen bereits. Gerade der 20-prozentige Zoll auf Schweinefleisch beunruhigt viele Landwirte in den USA. Sind erst einmal alle Zölle in Kraft, wird es schwierig sein, eine Industrie in den Vereinigten Staaten zu finden, die nicht unter der neuen Situation leiden und um Arbeitsplätze bangen muss.

Mit den selbst auferlegten Handelshemmnissen verprellt Trump nicht nur vertraute Verbündete und die (ehemals) wichtigsten Abnehmer von U.S.-Waren, sondern auch kleine und mittlere U.S.-Unternehmen, die auf preiswerte Stahl- und Aluminiumimporte angewiesen sind, um ihre eigenen Produkte wettbewerbsfähig zu machen. Für sie gibt es nur wenige Möglichkeiten: Einige Unternehmen werden sich damit abfinden müssen, dass sich ihre ohnehin geringe Gewinnspanne weiter reduziert. Andere werden ihre Preise anziehen, riskieren damit aber, dass sie von Konkurrenten unterboten werden. Eine weitere Alternative wäre die Verkleinerung des Betriebs, die mit einer Streichung von Arbeitsplätzen einhergeht. Trump hatte versprochen, genau diese Zielgruppe mit seinen protektionistischen Maßnahmen zu schützen. Doch die Strafzölle könnten schon bald dazu führen, dass es sich die kleineren Unternehmen nicht mehr leisten können, ihren Betrieb aufrecht zu halten.

Patriotismus reicht nicht

Amerikaner davon zu überzeugen, nur noch in den USA gefertigte Produkt zu kaufen („Buy American“), um zu vermeiden, dass Einnahmen im Ausland erzielt werden, mag eine Strategie der Trump-Regierung sein. Diese Strategie stößt aber an ihre Grenzen, sobald amerikanische Produkte für viele Amerikaner nicht mehr erschwinglich sind.  Patriotismus wird nicht reichen, um die Kosten des „Buy American“-Mantras am Ende bezahlen zu können.

Im Prinzip ist es ja nicht falsch, dass ein Präsident einheimische Hersteller vor „unfairen" globalen Handelspraktiken schützen will. Doch was in Trumps Strategie untergeht, ist die Tatsache, dass globaler und nationaler Handel nicht voneinander getrennt werden können: damit U.S.-Produzenten erfolgreich sein können, müssen sie von den Vorteilen der globalen Handelsordnung – einschließlich wettbewerbsfähiger Preise für Rohstoffkosten sowie dem Zugang zu einem rentablen globalen Markt für ihre Produkte - profitieren können. Das bedeutet nicht, dass der internationale Handel keine Nachteile mit sich brächte. Es wäre zwar einfach, so zu tun, als würde in Trumps Tiraden gegen Länder, die U.S.-Unternehmen angeblich abhängen, indem sie Menschenrechts- und Sicherheitsvorschriften missachten, kein Funken Wahrheit stecken. Doch wahr ist ebenfalls, dass die Trump-Administration angeschlagenen U.S.-Produzenten mit der Erhebung von Strafzöllen gegen enge Verbündete keineswegs ein Rettungsboot schickt. Vielmehr lässt Trump die Unternehmen auf einer einsamen Insel zurück, auf der die Ressourcen knapp und die Rettungsanker für kranke Unternehmen spärlich gesät sind.

Courtney Flynn ist Program Associate des Forum Weltwirtschaftsordnung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Washington.