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Klimaschutz
Rekordeinnahmen aus der CO2-Bepreisung

CO2
© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Patrick Pleul  

Marktwirtschaftliche Klimainstrumente funktionieren – das vergangene Jahr hat das eindrucksvoll bewiesen. Die wirtschaftliche Lenkungswirkung von CO2-Preisen hat sich in der Praxis deutlich gezeigt. Als positiver Nebeneffekt konnte der deutsche Staat im vergangenen Jahr so hohe Einnahmen aus der CO2-Bepreisung erzielen wie noch nie – insgesamt 12,5 Milliarden Euro. Dieser Rekordwert hat zwei Gründe:

Der Europäische Emissionshandel

Erstens wurden auf dem Leipziger Parkett des europäischen Emissionshandels dieses Jahr Rekordpreise für Emissionsberechtigungen erzielt. Dieses europäische Instrument betrifft insbesondere die Stromgeneration aus fossilen Energieträgern sowie die Großindustrie. Die betroffenen Unternehmen müssen Berechtigungen für ihren CO2-Ausstoß erstehen. Das Angebot für diese Zertifikate ist beschränkt. Somit entsteht ein bindender Preis für die jeweiligen Emissionen. Ein jährlich sinkendes Volumen an Emissionsberechtigungen treibt die Zertifikatspreise langfristig in die Höhe und zwingt alle Industrien, ihre Treibhausgasemissionen zu verringern oder die Produktion zu stoppen. Somit wird die Wirtschaft bis 2050 zwangsläufig netto-emissionsfrei. Aktuell deckt der europäische Emissionshandel rund 45% des wirtschaftlichen Treibhausgasausstoßes der Union ab. Perspektivisch sollen auch weitere Sektoren in dieses Handelsschema aufgenommen werden, um nach und nach alle Emissionen einzupreisen.

Die Coronapandemie lähmte die Weltwirtschaft in 2020 – vielerorts standen die Werke still. Der Produktionseinbruch zog auch einen verringerten Energiebedarf nach sich. Folglich sank auch die Nachfrage nach Emissionsberechtigungen an den Zertifikatebörsen. Im vergangenen Jahr erholte sich die Wirtschaft, und die Produktion stieg deutlich an. Das hatte einen deutlichen Anstieg der Nachfrage nach Emissionszertifikaten zur Folge. Gleichzeitig wurde angebotsseitig die Zertifikatemenge von rund 107 auf 101 Millionen Tonnen CO2 abgesenkt. Die explosionsartige Zunahme der Nachfrage bei gleichzeitiger Verknappung des Angebotes hatte eine Verdopplung der Zertifikatspreise zur Folge. Das heißt: Während im Jahr 2020 der durchschnittliche Preis einer Tonne CO2 bei lediglich 24,61 € lag, mussten die betroffenen Industriezweige im vergangenen Jahr durchschnittlich 52,5 € für dieselbe Treibhausgasbelastung zahlen. Mitte Dezember wurden sogar Höchstpreise von 82,25 € pro Tonne CO2 erzielt. Insgesamt konnten so die Einnahmen aus dem CO2 -Handel rund 5,3 Mrd. € in die Staatskassen spielen.

Der nationale CO2-Preis

Der zweite Grund für die rekordverdächtigen Einnahmen liegt im 2019 verabschiedeten Brennstoffemissionshandelsgesetz. Dieses Bundesgesetz schafft die Grundlage, in Deutschland Treibhausgase zu bepreisen, die bislang noch nicht im europäischen Zertifikatehandel berücksichtigt werden. Deshalb werden seit 2021 alle fossilen Treibstoffe sowie Heizöl durch einen CO2-Preisaufschlag verteuert – dieser lag im vergangenen Jahr bei 25 € pro entstehende Tonne Kohlenstoffdioxid. Bis 2025 wird der Aufschlag jährlich um 5 € angehoben. Ab dann sollen Bürger und Unternehmen ihren verursachten Treibhausgasausstoß durch einen nationalen Emissionshandel mit vorgeschriebenen Preiskorridor einpreisen. So wird die Verwendung klimafreundlicher Technologien beim Heizen und der Mobilität angereizt.  Diese zusätzlichen Einnahmen aus dem nationalen CO2-Preis beliefen sich im vergangenen Jahr auf rund 7,2 Mrd. €.

Die Verwendung der Mittel

Die Mittel fließen in den Klima- und Transformationsfonds. Dieser soll den Ausbau erneuerbarer Energieträger in Deutschland unterstützen. Außerdem fördern die Gelder den Aufbau einer smarten und reaktionsfähigen Netzinfrastruktur. Diese Modernisierung ist nötig, um die wechselhafte Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen abzufedern. Andernfalls können die Energiemengen, die an sonnigen und stürmischen Tagen gewonnen werden, nicht für weniger günstige Tage eingespeichert werden. Des Weiteren stärkt der Fonds die deutsche Wasserstoffstrategie. Diese gilt als eine der Schlüsseltechnologien für eine klimafreundliche und emissionsfreie Industrie-Transformation. Zu guter Letzt finanzieren die Einnahmen aus dem Brennstoffemissionshandelsgesetz und dem Zertifkatehandel die Senkung beziehungsweise die Abschaffung der EEG-Umlage. Das hat zur Folge, dass die aktuelle Doppelbelastung der deutschen Haushalte aufgehoben wird. Besonders sozial schwächere Haushalte profitieren langfristig von dieser Erleichterung.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Preissteigerung

Das vergangene Jahr hat auch deutlich gezeigt, dass Preissignale von den Marktteilnehmern bestens verstanden werden. Die Preisschocks auf den Energiemärkten haben einige Wirtschaftszweige hart getroffen. Energieintensive Sektoren wie die Chemie- und Düngemittelindustrie mussten angesichts der immensen Preise zum Teil sogar ihre Produktion einstellen. Es zeigt sich also eindeutig, wie dramatisch die Auswirkungen von plötzlichen Energiepreissteigerungen für einen Wirtschaftsstandort sein können. Langfristig wird sich der Strompreispreis, Prognosen zufolge, durch den Ausbau der erneuerbaren Energien stabilisieren. Bis dahin werden die Energiekosten aber zunächst deutlich steigen. Die Transformation des gesamten Wirtschaftsgefüges zur CO2-Neutralität ist keinesfalls kostenlos. Angesichts der beschriebenen Preisentwicklung muss allerdings mit Bedacht vorgegangen werden. Insbesondere in Zeiten steigender Inflationsraten dürfen sozial schwache Haushalte nicht alleine gelassen werden – die Gelbwesten-Bewegung in Frankreich hat gezeigt, wozu eine unausgeglichene Mehrbelastung führen kann. Auch darf die Energiewende nicht zu einer übermäßigen Belastung der Wirtschaft führen. Abwanderung und Betriebsaufgaben könnten schwere gesellschaftliche Folgen haben! Fest steht also: Die Transformation kann nur gelingen, wenn Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt in Einklang stehen.

Verbessern statt verzichten

Die kurz- und mittelfristigen Kostensteigerungen gehören leider auch zur Wahrheit dazu. Aber sie schaffen Innovations- und Effizienzsteigerungsanreize. Die Industrie wird reagieren. Sie wird neue Methoden entwickeln – neue Ansätze, mit denen die negativen Umwelteinflüsse verringert werden können. Dafür müssen nur die Rahmenbedingungen stimmen. In anderen Worten: Es bedarf der notwendigen Fachleute in leistungsfähigen Forschungszentren genauso wie einer technologieoffenen und innovationsgetriebenen Grundhaltung in Politik und Gesellschaft. So können wir langfristig nicht nur das Klima retten, sondern auch andere, menschengemachte Umweltprobleme lindern. Eine schöne Perspektive! Die erzielten Mittel sind also gut im Klima- und Transformationsfonds angelegt.

 

Maximilian Luz Reinhardt ist Referent für Wirtschaft und Nachhaltigkeit am Liberalen Institut.