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Klimaschutz
Kommunale Wärmewende mit Geothermie

das Tiefengeothermie-Projekt der Energie und Wasser Potsdam GmbH

Das Tiefengeothermie-Projekt der Energie und Wasser Potsdam GmbH.

© picture alliance/dpa | Soeren Stache

Kaum eine Frage hat in diesem Jahr die Gemüter so erhitzt wie die Diskussion um das Gebäudeenergiegesetz. Aber warum? Der Wärmesektor macht etwa 56 Prozent des deutschen Gesamtenergiebedarfs aus. Hier sind neben der Gebäudewärme auch wärme- und kühlungsintensive Industrieprozesse eingerechnet. Gleichzeitig entstammen etwa 18 Prozent der deutschen CO2-Emissionen allein dem Gebäudesektor – in erster Linie schlägt hier die Raumwärme zu Buche.

Wenn Deutschland die Klimaziele erreichen will, müssen diese CO2-Emissionen deutlich und schnell reduziert werden. Dabei muss die Politik jedoch behutsam vorgehen: Heizen ist ein enorm emotionales Thema. Das hat auch die Energiekrise des vergangenen Jahres gezeigt. Angesichts der Vervielfachung der Gas- und Ölpreise waren alle Bürgerinnen und Bürger betroffen – denn heizen muss schließlich jeder. Gleichermaßen wirkten sich die Kostensteigerungen in der industriellen Prozesswärme aber auch auf die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandortes aus.

Der Eindruck entstand, die Politik wolle den Menschen „an die Heizung“ und drohe gleichzeitig die wirtschaftliche Basis des Landes zu gefährden. Eine Gemengelage, die die politischen Extreme zu ihren Gunsten zu nutzen wussten. Das zeigen leider auch die demoskopischen Erhebungen. Angesichts dieser schwierigen Ausgangslage und der hohen Bedeutung des Klimaschutzes ist es erstaunlich, dass eine klimaneutrale, verlässliche und von externen Einflüssen unabhängige Wärmequelle in Deutschland bisher kaum genutzt wird: die Tiefengeothermie.

Diese Technologie hätte allein das Potential, etwa ein Viertel des deutschen Wärmeenergiebedarfs zu decken. Dabei wird heißes Wasser (bis zu 180°C) aus bis zu 5.000 Metern Tiefe gefördert. Der Vorteil: Diese Energie kann dann über Wärmenetze an Haushalte geliefert werden. Gleichzeitig ist die Temperatur hoch genug, um einen wesentlichen Anteil des industriellen Wärmebedarfs zu decken.

Damit ist die Technologie insbesondere im Kontext der kommunalen Wärmeplanung ein wichtiges und bislang häufig unter dem Radar schwebendes Asset. Zudem ist die Geothermie weder von Wind und Sonneneinstrahlung noch von kostspieligen und möglicherweise unsicheren Energieimporten abhängig. Außerdem entstehen dabei keine prozessbedingten CO2-Emissionen. Folglich spielt die Geothermie sowohl dem politischen Ziel der klimaneutralen Wärmewende als auch dem der politischen Resilienz in die Karten.

Was bremst die Technologie bislang? In erster Linie sind es die Fündigkeitsrisiken. Niemand weiß genau, wie die Bedingungen der tiefliegenden Wasserspeicher sind. Angesichts der immensen Kosten, die für die Bohrungen anfallen, können sich viele kommunale Wärmeversorger einen Ausfall der Bohrung schwerlich leisten. Daher verzichten sie allzu häufig auf diese Technologie. Das ist schade, denn ein weiterer Vorteil der Tiefengeothermie sind die nahezu zu vernachlässigenden laufenden Kosten einer effizienten und produktiven Bohrung. Das kommt wiederum den Bürgern und der Industrie zugute.

Folglich kann es im öffentlichen Interesse sein, diese Risiken so zu verteilen, dass Geothermiebohrungen zu einer auch wirtschaftlich machbaren Alternative für Stadtwerke und Wärmeversorger werden. Dass eine interkommunale Zusammenarbeit sinnvoll sein könnte, sowohl im Kontext der Datenerhebung als auch im Sinne der Risikostreuung, ist selbstredend.

Wie diese Risikoverteilung allerdings außerdem besser ausgestaltet werden könnte, zeigt ein neues Gutachten der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit auf. Die Wissenschaftler betrachten Lösungsalternativen, wie auf eine sinnvolle und anreizkompatible Weise Risiken aufgeteilt und damit Kosten für die Unternehmen und letztendlich die Endnachfrager gesenkt werden können. Dabei kann auch auf positive Erfahrungen aus der Risikoallokation bei der Windenergie zurückgegriffen werden („Windertragsmodell“). Die Gutachter fordern eine systematische seismische Explorationskampagne im Bundesgebiet. Das bedeutet, dass die Bodenschichten auf ihre Rohstoffzusammensetzung und geothermische Eignung hin untersucht werden sollen. In diesem Kontext wird auch das 2021 gestartete Projekt "SeismikNRW" des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums als positives Beispiel für eine zielgerichtete Initiative genannt. Dieser Vorstoß erscheint besonders sinnvoll, vor allem im Zusammenhang mit der bereits beschlossenen und laufenden Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung.

Dieser Artikel erschien erstmals am 02. Januar 2024 bei KOMMUNAL.