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Republikaner-Parteitag
Ein Parteitag für Trumps Ego

Zum Finale des Republikaner-Parteitags präsentiert der US-Präsident sein "Programm" für die Wiederwahl – eine fiktive Vision Amerikas.
Trump nach seiner Parteitagsrede vor dem Weißen Haus.
Trump nach seiner Parteitagsrede vor dem Weißen Haus. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Evan Vucci

Es war ein Parteitag, der sich fast ausschließlich darauf konzentrierte, Präsident Donald Trump in den Mittelpunkt zu stellen und sein Ego zu stärken. Es war ein Parteitag, der die Grenzen zwischen Präsidentschaft und Wahlkampf verwischte. Es war ein Parteitag, der sich durch einen sprunghaften Wechsel der Botschaften auszeichnete - oft vom Positiven ins Apokalyptische. Und es war ein Parteitag, der eine alternative Realität zu der, in der wir leben, darstellte, eine Realität, in der die Krisen des Landes vorüber sind, auch wenn die Corona-Pandemie sich weiter ausbreitet und Unruhen Wisconsin verwüsten, nachdem die Polizei erneut auf einen Schwarzen geschossen hat.

Die beabsichtigte Botschaft der Woche war klar: Trump hat die Kontrolle über das Gute, ist aber nicht verantwortlich für das Schlechte. Er muss für Amerikas Erfolge gelobt werden, soll aber für die Misserfolge nicht kritisiert werden.

Nachdem Präsident Trump und Vizepräsident Mike Pence am Montagmorgen offiziell erneut nominiert worden waren, boten die Republikaner im Laufe der Woche konkurrierende Narrative an, um die Wähler davon zu überzeugen, im November für Trump zu stimmen. Eines davon war eine dunkle, dystopische Vision davon, wie Amerika aussehen würde, wenn Trumps Gegner, der ehemalige Vizepräsident Joe Biden, im November gewinnt. Die andere war eine Charakterbewertung von Trump, die darauf abzielte, ihn zu vermenschlichen, in der Hoffnung, ihn für diejenigen Wähler akzeptabel zu machen, die durch seine unsensiblen Äußerungen und sein mangelndes Einfühlungsvermögen abgeschreckt wurden.

Ein durchgehender Tenor der Reden von Trumps engen Mitarbeitern war, dass der Präsident im Privaten einen anderen und sympathischeren Charakter hat, als es in der Öffentlichkeit den Anschein hat. Aber das ist eine Charakterisierung von Trump, die viele nur schwer mit seinem Auftreten in den letzten vier Jahren in Einklang bringen können.

Die Trump-Kampagne versuchte, die Wahl im November zu einer Wahl zwischen zwei völlig unterschiedlichen Visionen für die Zukunft Amerikas zu gestalten. Die politische Entscheidung, vor der die Amerikaner stehen, wird so zu einer Wahl zwischen der linken und "sozialistischen" Agenda der Demokraten und einer Präsidentschaft für Recht und Ordnung.

Die Redner stellten Trump abwechselnd als eisernem Verfechter von Recht und Ordnung und als barmherzigem Freund von Straftätern dar. In ähnlicher Weise schwankten sie zwischen der Darstellung von Biden als hartherzigem Befürworter von Massenverhaftungen und als Verbündeten von Kriminellen.

Die Betonung von Trumps Einsatz für Recht und Ordnung findet vor dem Hintergrund der Proteste gegen die Polizeigewalt gegen Schwarze statt, die die letzten drei Monate dominierten. Beim schärfsten Angriff auf den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Biden am Mittwochabend warnte Pence:  "Sie werden in Joe Bidens Amerika nicht sicher sein."

Diese Rhetorik scheint darauf hinzudeuten, dass die Republikaner darauf wetten, dass Bilder von Chaos und Gewalt bei den Wechselwählern, vor allem in den Vorstädten, genug Resonanz finden, um wieder für Trump zu stimmen.

Am Anfang des Jahres gingen die Republikaner davon aus, dass die Wirtschaft ein großes Thema für Trump sein würde, das sich im November zu seinen Gunsten auswirken würde. Es ist auch weiterhin das einzige Thema, mit dem er beim Wähler punkten kann. Während der ganzen Woche versuchten die Republikaner zu zeigen, dass Trump der einzige ist, der die durch die Pandemie verursachte Wirtschaftskrise erfolgreich bekämpfen kann. Eine Beschreibung, die weder mit der Arbeitslosenquote noch mit den Erfahrungen vieler Millionen Menschen im ganzen Land übereinstimmt. Offensichtlich ist hier eines der vielen Probleme, mit denen Trump immer noch nicht umgehen kann - sein sonniger Optimismus über den Zustand des Landes passt einfach nicht dazu, wie sich die Menschen im Moment in ihrem Leben fühlen.

Diese Diskrepanz zeigt sich in den sinkenden Umfragewerten von Trump. Die Unterstützung von ihm bei den Republikanern und anderen konservativen Wählern ist inmitten der anhaltenden Coronavirus-Pandemie und der damit verbundenen wirtschaftlichen Verwüstung erodiert.

Während die Demokraten ihren Parteitag nutzten, um die Wählerschaft der demokratischen Koaltion zu vergrößern, waren die Appelle der Republikaner im Wesentlichen auf ihre Kernwählerschicht ausgerichtet. Die Woche war voll von emotionalen Appellen an dieselben konservativen Christen, die Trumps engagiertesten Wahlblock bilden und ihm zum Sieg im Jahr 2016 verhalfen. Dies ist ein klarer Hinweis darauf, dass er erkennt, dass er hinter Biden zurückliegt und seine ursprüngliche Basis erweitern und motivieren muss.

Insbesondere wurde versucht, die Unterstützung der weißen Frauen aus den Vorstädten, zurückzugewinnen, die den Republikanern vor vier Jahren zum Einzug in das Weiße Haus verhalfen. Einige der prominentesten weiblichen Stimmen am Mittwochabend - Kellyanne Conway, Kayleigh McEnany und Karen Pence - sollten nicht nur weiße Vorstadtfrauen, sondern vor allem evangelikale und konservative katholische Frauen ansprechen. 

Auch Trumps Rede, die er am Donnerstagabend auf dem Rasen des Weißen Hauses vor einer jubelnden Menge von (maskenlosen) Anhängern hielt, konzentrierte sich auf seine traditionelle Wählerbasis. Während seiner Ansprache, die alle Themen von 2016 von der Wirtschaft bis zum Handel wieder aufnahm und Biden verbittert attackierte, machte er den ehemaligen Vizepräsidenten für alle die Probleme in den USA verantwortlich. Er sagte: „Wir haben die letzten vier Jahre damit verbracht, den Schaden, den Joe Biden in den letzten 47 Jahren angerichtet hat, wiedergutzumachen“. Er legt keinen neuen Plan für die nächsten vier Jahre vor, sondern erklärte seine Wiederwahl zu einem moralischen Imperativ.

Bis zum Wahltag bleibt abzuwarten, ob die Botschaft von Präsident Trump auch Wähler erreichen wird, die Trump nicht bereits unterstützen und genug ist um seine Wiederwahl zu garantieren.

 


Claus Gramkow, Leiter des Regionalbüros Nordamerika der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Washington, D.C.
Johanna Rudorf, regionale Kommunikationsreferentin der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Washington, D.C.