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Infrastruktur
Die Lage in den Innenstädten bleibt angespannt

Innenstadt
© picture alliance/dpa | Michael Matthey

Der stationäre Einzelhandel wurde durch die Corona-Pandemie besonders hart getroffen. Wie hart genau, dass zeigen nun Zahlen des Handelsverbandes Deutschland (HDE). Demnach sind im Vergleich zum Jahr 2019 rund 41.000 Geschäfte verloren gegangen. Gleichzeitig haben Filialketten während der Pandemie etwa 30 Prozent ihrer Standorte aufgeben müssen.

Man könnte denken, dass die in diesem Winter bisher ausbleibende Corona-Welle dem stationären Handel wieder auf die Beine helfen müsste. Zwar bleibt das Corona-Virus weiterhin präsent, es bestimmt jedoch nicht mehr die öffentliche Debatte und das öffentliche Leben. Anders als in den letzten Jahren gibt es keine Lockdowns oder gar Ausgangsbeschränkungen. Doch dafür gibt es inzwischen neue Probleme, die dem Handel das Leben schwer machen.

Insbesondere die hohen Energiepreise bedrohen viele Geschäfte existenziell. Das Rechenbeispiel, das HDE-Präsident Alexander von Preen aufstellt, zeigt auch warum: Die Energiekosten betragen im Handel etwa 1,5 bis 2 Prozent des Umsatzes. Gleichzeitig liegen die Umsatzrenditen bei nur 1,5 bis 3 Prozent. Bei einem Anstieg der Energiepreise, wie er derzeit zu beobachten ist, können Unternehmen trotz ansonsten unveränderter Lage in die Verlustzone rutschen.

Doch die hohen Energiepreise sind nicht das einzige Problem. Auch die hohe Inflation macht dem Handel zu schaffen. Mit 10,4 Prozent hat die Inflationsrate im Oktober 2022 ihren bisherigen Höhepunkt erreicht (siehe Abbildung 1). Die hohen Preise schränken die Kaufkraft der Käuferinnen und Käufer erheblich ein. Kein Wunder also, dass das bisherige Weihnachtsgeschäft für die meisten Händler nicht so gut lief wie erhofft. Nur noch jeder vierte Innenstadt-Händler ist mit den Ergebnissen des Weihnachtsgeschäfts zufrieden. Der preisbereinigte Umsatz im Weihnachtsgeschäft liegt vier Prozent unter dem Niveau von 2021.

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© Statistisches Bundesamt

Probleme für den Handel sind Probleme für die Innenstadt

Die Situation für den stationären Einzelhandel bleibt also weiterhin sehr schwierig – und damit auch die Lage für die deutschen Innenstädte. Denn vielerorts ist der Einzelhandel noch immer der zentrale Ankerpunkt, wenn es darum geht, Menschen in die Innenstadt zu locken und für eine angemessene Attraktivität der Innenstädte zu sorgen.

Die Situation der deutschen Innenstädte wird also auf absehbare Zeit angespannt bleiben. Überraschend ist dies nicht. Der Wandel der Innenstadt findet bereits seit Jahrzehnten in ganz unterschiedlichen Bereichen statt: Der Absatz im Online-Handel nimmt schon seit der Jahrtausendwende drastisch zu (siehe Abbildung 2). Der damit verbundene innerstädtische Lieferverkehr ist kein Phänomen, das wir erst seit Corona kennen. Auch die Kundenbedürfnisse ändern sich ständig. Nachhaltigkeit und Regionalität sowie eine stärkere Service-Orientierung werden den Menschen beim Einkauf immer wichtiger. Und ganz nebenbei: Kritik an der innerstädtischen Aufenthaltsqualität gibt es nicht erst seit März 2020 vor.

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© HDE

Unsere Studie: Zukunft der Innenstädte

Der Wandel der Innenstadt muss jedoch nicht zwingend schlecht sein. Genau dieser Wandel könnte dringend benötigte Innovationen hervorbringen. Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit hat hierzu in Zusammenarbeit mit Fraunhofer IAO bereits im Sommer 2021 die Studie „Zukunft der Innenstädte“ veröffentlicht. Unsere Studie macht deutlich, dass in vielen Innenstädten bereits heute spannende Innovationen entstehen: Sei es der hybride Einzelhandel, das digitale Lieferzonenmanagement, der Einsatz von Augmented Reality oder ganz einfach die Entstehung von Pop-up-Straßenlokalen.

Innenstädte könnten in Zukunft zu echten Innovationslaboren werden. Ein Selbstläufer ist das jedoch nicht. Hierzu müssen Kommunen, Einzelhandel und Gastronomie ihre Ideen in die Tat umsetzen können. Und dazu braucht es kommunale Verwaltungen, die die passenden Rahmenbedingungen schaffen und sich als echte Problemlöser verstehen.

Einfache Patentlösungen wird es nicht geben. Jede (Innen)Stadt ist anders, jede hat ihre individuellen Stärken und Schwächen. Aber je mehr Ideen entstehen und bekannt werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch für andere Kommunen passende Lösungen dabei sind. Mit unserer Studie „Zukunft der Innenstädte“ wollen wir die innerstädtische Innovationskraft sichtbar machen. Die Zukunft der Innenstädte muss trotz der zahlreichen Schwierigkeiten nicht so düster sein, wie viele derzeit glauben.