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Hiroshima und Nagasaki
80 Jahre Hiroshima und Nagasaki - Gedenken und atomare Abschreckung heute

In diesen Tagen jähren sich die Atombombenabwürfe auf #Hiroshima und #Nagasaki zum 80. Mal

In diesen Tagen jähren sich die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki zum 80. Mal.

© picture alliance/United Archives | 91050/United_Archives/TopFoto

Am 6. August 2025 um 08:15 Uhr Ortszeit, zur Uhrzeit des Atombombenabwurfs über Hiroshima, wird bei der jährlichen Gedenkveranstaltung im Hiroshima Peace Memorial Park wie jedes Jahr seit 1947 eine Minute lang die zeremonielle Friedensglocke geläutet, begleitet von stillen Gebeten der Anwesenden. So wird den schätzungsweise 90.000 bis 120.000 Menschen gedacht, die am 6. August 1945 durch die Explosion der, „Little Boy“ getauften, Hiroshima-Bombe oder in der Folgezeit an den Nachwirkungen der Verstrahlung starben.

In Nagasaki, das nach dem Ausbleiben einer bedingungslosen Kapitulation Japans am 9. August 1945 ebenfalls Ziel eines Atombombenabwurfs wurde, starben je nach Schätzung zwischen 60.000 und 80.000 Menschen. Auch in Nagasaki wird dieser Tage der Opfer der atomaren Zerstörung durch die „Fat Man“ getaufte Atombombe gedacht.

Der Schrecken der Bomben

Der Abwurf der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki, der während der Konferenz von Potsdam von US-Präsident Truman beschlossen wurde, verursachte nicht nur die im kollektiven Gedächtnis sehr präsenten atomaren Explosionen und den radioaktiven Fall-out. Sie lösten auch einen Feuersturm aus, der große Teile der damals überwiegend aus Holz gebauten Städte zerstörte. Auch Bereiche, die von der unmittelbaren Explosion und der Druckwelle verschont geblieben waren, wurden so weitgehend zerstört.

Zwar gab es sowohl in Hiroshima als auch in Nagasaki militärische Infrastruktur, die Mehrheit der Opfer waren jedoch Zivilistinnen und Zivilisten sowie zivile Infrastruktur. Die Abwürfe der beiden Atombomben würden nach heutigen Maßstäben und heutiger internationaler Rechtslage somit mit hoher Wahrscheinlichkeit als Kriegsverbrechen eingestuft. Gleichzeitig führte der Schrecken der massiven Zerstörungen zur bedingungslosen Kapitulation des Kaiserreichs Japan und damit zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Entscheidung, strategische Aspekte sowie das mit der Fortsetzung des Zweiten Weltkriegs verbundene Leid und Sterben gegen das Leid und den Tod der Menschen in Hiroshima und Nagasaki abzuwägen, macht eines deutlich: Sie zeigt, wie dringend notwendig die völkerrechtlichen Begrenzungen zwischenstaatlicher Gewalt waren und sind, die nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen wurden.

Die Abwürfe von „Little Boy“ über Hiroshima und „Fat Man“ über Nagasaki stellen die bisher einzigen Atomwaffeneinsätze in bewaffneten Konflikten dar und sind in ihrer Singularität sowohl der Ursprung der atomaren Abschreckung als auch wichtiger Referenzpunkt der Bewegung gegen Atomwaffen.

Rüstungskontrolle

Unter dem Eindruck des Kalten Kriegs und des atomaren Wettrüstens trat 1970 der Vertrag über die Nichtverbreitung von Atomwaffen (Non Proliferation Treaty, NPT) in Kraft, dem bis heute 191 Staaten beigetreten sind und der damit der Rüstungskontrollvertrag mit dem größten Geltungsbereich ist und der zudem seit 1995 kein Ablaufdatum mehr aufweist. Der deutlich weitergehende Vertrag über das Verbot von Atomwaffen konnte sich weltweit naturgemäß nur unter Staaten durchsetzen, die nicht von nuklearer Abschreckung profitieren und blieb damit überwiegend symbolischer Natur.

Schon vor der Vollinvasion Russlands in der Ukraine war die nukleare Abrüstung in der Krise. Vertrauensbildende Maßnahmen stockten, Verträge wie der der „New Start“-Vertrag (seit 2024 durch den russischen Präsidenten Putin ausgesetzt), wurden häufig nur nach zähen Verhandlungen verlängert. Dies lag zwar einerseits am gestörten Verhältnis zwischen Russland und den USA. Mindestens ebenso wichtig war jedoch der Umstand, dass es sich bei vielen Verträgen zur nuklearen Abrüstung um bilaterale Abkommen nur zwischen den USA und Russland handelte. Dies hatte zur Folge, dass andere nuklear bewaffnete Staaten wie China und Indien, die nicht durch diese Verträge gebunden waren, perspektivisch die Möglichkeit gehabt hätten, technologisch zu den sich zeitweise selbstbeschränkenden Platzhirschen Russland und USA aufzuschließen, sodass hier auch strategische Erwägungen eine Rolle gespielt haben dürften.

Abschreckung

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Debatte über Atomwaffen und atomare Abschreckung neu aufleben lassen. Der Umstand, dass Putin seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine immer auch mit nuklearen Drohungen gegen die Unterstützerstaaten der Ukraine verband, veranschaulicht einen Aspekt, der in der Debatte über Atomwaffen und autoritäre Staaten lange kaum eine Rolle spielte:

Lange diskutierte man in der öffentlichen Debatte in diesem Zusammenhang vorwiegend die Rolle von Nuklearwaffen als „Lebensversicherung“ autoritärer Herrscher, wobei insbesondere das nuklear bewaffnete Nordkorea und Libyen, das sein Streben nach Atomwaffen irgendwann aufgab, als Beispiele herangezogen wurden. Der russische Angriffskrieg kann nun als Präzedenzfall dafür gelten, dass ein Staat unter dem Schutz der eigenen atomaren Bewaffnung in der Lage ist, konventionelle Angriffskriege zu führen und durch ein Grundrauschen nuklearer Drohungen Verbündete des angegriffenen Staates von allzu starken Hilfsleistungen abzuschrecken und sich damit einen Vorteil zu verschaffen. Während zu hoffen ist, dass dieses Vorgehen keine Schule macht, zeigt der russische Angriffskrieg jedoch auch, dass nukleare Abschreckung in einer Welt, in der revisionistische, aggressive Staaten Atomwaffen besitzen, leider weiterhin notwendig ist. Zum einen trotz und zum anderen aufgrund des mit Nuklearwaffen verbundenen Schreckens.

Auch 80 Jahre nach ihrem Abwurf über Japan haben Atombomben nichts von ihrem Schrecken verloren und eine atomwaffenfreie Welt wirkt ferner denn je. Dass sich auch die deutsche Debatte über Atomwaffen durch den russischen Angriffskrieg verändert hat, zeigt nicht zuletzt die Veränderung der Artikel zum Jahrestag der Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki, die auf dieser Webseite erschienen sind.

Während die deutsche Debatte lange Zeit ausschließlich auf die Frage nach der Möglichkeit einer atomwaffenfreien Welt kreiste, und die Bundesrepublik Deutschland (immerhin Teilhabestaat an der nuklearen Abschreckung der NATO) als Beobachterstaat die Atomwaffenverbotskonferenzen begleitete, wird nun sogar in deutschen Tageszeitungen über das Für und Wider Atomarer Abschreckung debattiert. Ein Umstand, der früher undenkbar gewesen wäre und ein Ausdruck der komplexen derzeitigen Weltlage ist.

Ausblick

Sollte die Weltlage in ferner Zukunft wieder realistische Chancen auf atomare Abrüstung bieten, so kann diese langfristig nur dann erfolgreich sein, wenn alle relevanten Nuklearwaffen-Staaten Teil zukünftiger Abrüstungsverträge sind. Damit dies möglich wird, müssen alle beteiligten Staaten jedoch ein Interesse am Erhalt eines Status Quo beziehungsweise an der Eindämmung von atomaren Risiken haben. Eine Tendenz in diese Richtung ist aktuell jedoch angesichts der ideologischen Grundlagen des russischen Angriffskriegs und des chinesischen Weltmachtstrebens nicht erkennbar, sodass davon auszugehen ist, dass atomare Abschreckung noch über Jahre hinweg notwendiger Teil der weltweiten Sicherheitspolitik sein wird.

Die Städte Hiroshima und Nagasaki, die vor 80 Jahren Ziel der vernichtenden Wirkung von Atombomben wurden, haben nach dem Ende des zweiten Weltkriegs nicht nur eine auf die Opfer blickende Erinnerungskultur entwickelt, sondern zusätzlich ein breites und in die Zukunft gerichtetes Engagement für Frieden, atomare Abrüstung und Völkerverständigung. Ein Engagement, das heute nötiger ist denn je.