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10 Handlungsempfehlungen für eine nachhaltige Stadtentwicklung

Etwa 77 Prozent der Menschen in Deutschland leben in Städten. Unsere Städte sind also der Ort, an dem ein Großteil der Menschen ihren Alltag verbringt; gleichzeitig sind sie die wirtschaftlichen Zentren unseres Landes. In den letzten Jahren ist der Anteil der Stadtbevölkerung in Deutschland kontinuierlich gestiegen. 1950 wohnten noch etwa 68 Prozent der Deutschen in Städten. Bis zum Jahr 2050 soll dieser Anteil auf etwa 84 Prozent steigen. Der Bevölkerungszuwachs stellt unsere Städte vor immense Herausforderungen. Hierzu gehören unter anderem ein Mangel an Wohnraum, Verkehrsprobleme sowie Luft- und Umweltverschmutzung. Doch Städte sind diesen Entwicklungen keinesfalls hilflos ausgeliefert. Mit klugen Maßnahmen lassen sich die beschriebenen Herausforderungen meistern.

Mit 46,5 Prozent verfügt Deutschland über die mit Abstand niedrigste Wohneigentumsquote innerhalb der EU. Aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive ist das ein echtes Problem: Der Erwerb von Wohneigentum ist wichtiger Baustein der Altersvorsorge sowie Mittel zur Bekämpfung der Vermögensungleichheit. Besonders wenige Eigentümerinnen und Eigentümer gibt es jedoch in Deutschlands Städten. In Berlin leben lediglich 17,4 Prozent der Menschen in den „eigenen vier Wänden“. Politische Maßnahmen wie das „Umwandlungsverbot“ sowie Rufe nach einem Verbot von Einfamilienhäusern könnten den Eigentumserwerb in der Stadt bald noch schwieriger machen. Für die niedrige Eigentumsquote gibt es gute Gründe: Nirgendwo sonst sind die Rahmenbedingungen für den Eigentumserwerb so schlecht wie hierzulande. Aus diesem Grund sollte zuallererst ein Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer gewährt werden. Auch die Absetzbarkeit privater Hypothekenzinsen oder Abschreibungsmöglichkeiten für Selbstnutzende können ein wichtiger Anreiz für den Eigentumserwerb sein. Gleichzeitig darf das Angebot an Eigenheimen in der Stadt nicht künstlich verknappt werden. Mit dem neuen Paragrafen 250 im Baugesetzbuch dürfen Mietwohnungen nur unter Vorbehalt in Eigentumswohnungen umgewandelt werden – eine Regelung, die den Zugang zu Wohneigentum deutlich erschwert und deshalb zurückgenommen werden muss. Ein Verbot des Neubaus von Einfamilienhäusern, wie es derzeit in Teilen Hamburgs praktiziert wird, würde für viele Menschen den Traum vom eigenen Haus zerstören und Immobilienpreise noch weiter in die Höhe treiben. Daher müssen auch in Zukunft genügend Flächen für den Neubau von Einfamilienhäusern bereitgestellt werden. Zusätzlich braucht es neue Ideen: Mit einem Bürgerfonds, also einem staatlich unterstützten Mietkaufmodell könnte der städtische Eigentumserwerb für neue Bevölkerungsschichten möglich werden.

Unsere Innenstädte stehen vor enormen Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Der stationäre Handel wird sich ohne Zweifel verändern müssen, denn das Online-Shopping wird auch nach Corona nicht verschwinden und eher noch an Einfluss gewinnen. Viele Einzelhandelsgeschäfte setzen deshalb schon heute verstärkt auf exzellente Beratung, umfassenden Service und auf die Schaffung von Einkaufserlebnissen – Dinge, die das Bestellen im Internet nicht in dieser Form bieten kann. Es ist durchaus möglich, dass Einzelhandelsgeschäfte in Zukunft anders aussehen als heute. Vorstellbar sind kleinere Ladenflächen, die als eine Art Showroom dienen, ohne dabei alle Produkte vorrätig zu haben. Das Innovationspotenzial des stationären Einzelhandels wird ohne Zweifel die besten Lösungen hervorbringen. Hierfür müssen zunächst auf Bundes- und Landesebene die nötigen Voraussetzungen geschaffen werden: mehr verkaufsoffene Sonntage, flexible Ladenöffnungszeiten sowie ein Abbau bürokratischer Vorschriften. Doch insbesondere der kommunalen Ebene kommt eine wichtige Rolle zu: Mit der Aufwertung öffentlicher Plätze, der Gestaltung von Grünflächen und passgenauen Mobilitätskonzepten kann die Aufenthaltsqualität in den Innenstädten erhöht werden. Bei aller Tragik bieten die aktuellen Entwicklungen auch Potenzial für neue Nutzungsformen: Innovative Ladenkonzepte mit ausgefallenen Geschäftsmodellen, Co-Working-Konzepte für‘s Arbeiten im Quartier, Kultureinrichtungen oder auch das innerstädtische Wohnen könnten bald eine neue Chance bekommen. Die Politik darf diesen Veränderungen nicht im Weg stehen.

Unsere zehn Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche und nachhaltige Stadtentwicklungspolitik

  1. Bauen, Bauen, Bauen: Steigende Mietpreise sind Ausdruck zunehmender Knappheit und lassen sich nur durch eine Ausweitung des Wohnungsangebots beseitigen.

  2. Mehr Wohneigentum – auch in der Stadt: Ungünstige Rahmenbedingungen und Verbote dürfen den Traum von den „eigenen vier Wänden“ in der Stadt nicht zerstören.

  3. Deutsche Städte müssen smarter werden: Unsere Kommunen brauchen konkrete Leitlinien, um ihre Smart City-Konzepte individuell vorantreiben zu können.

  4. Mobilität – für alle – ideologiefrei: Für optimale Mobilität in der Stadt darf kein Verkehrsmittel bevorzugt oder verdammt werden.

  5. Die „letzte Meile“ meistern: Mit innovativen Konzepten kann der innerstädtische Lieferverkehr auch ein steigendes Paketaufkommen störungsfrei bewältigen.

  6. Innenstädte bereit für die Zukunft machen: Handel und Innenstädte benötigen Flexibilität, um auf aktuelle und künftige Herausforderungen reagieren zu können.

  7. Kultur braucht Stadt – Stadt braucht Kultur: Städte müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich die Kreativität der Menschen möglichst frei entfalten kann.

  8. Energiewende in die Stadt holen: Mit Smart Grids und Smart Buildings lässt sich sowohl die städtische Energieproduktion erhöhen als auch der Energieverbrauch senken.