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Aufarbeitung der Vergangenheit in Deutschland und Kroatien

Der Historiker Marc Bloch verglich einmal die nationalen Gedächtnisse mit einem Dialog unter Schwerhörigen, bei dem jeder völlig verkehrt auf die Fragen des anderen antwortet: Eine so anschauliche wie wohl auch vielfach zutreffende Beschreibung, wenn es um die Aufarbeitung und den Vergleich nationaler Gewaltgeschichten geht.

Wer sich mit der Region Südosteuropa und speziell mit den Ländern des ehemaligen Jugoslawien beschäftigt, der macht recht schnell die Erfahrung, dass die Gewalt- und Kriegserfahrungen der jüngeren wie auch weiter zurückliegenden Geschichte in den Gedächtnissen der Völker nach wie vor stark präsent sind und bis in die Gegenwart das politische und gesellschaftliche Leben beeinflussen. Auf allen Seiten rechnen bevorzugt Nationalisten die im Krieg begangenen Verbrechen gegeneinander auf und lassen nur ihre je eigenen Opfergeschichten gelten.

Anlässlich des 75. Jahrestages der Beendigung des Zweiten Weltkrieges startete die Stiftung in der Region eine neue Veranstaltungsreihe: „Europäische Erinnerungskulturen“. Zwei Länder mit ihren spezifischen Gewalt-, Unterdrückungs- und Transformationserfahrungen standen beim Auftakt am 21. November 2020 im Mittelpunkt: „Aufarbeitung der Vergangenheit in Deutschland und Kroatien“.

Unter der Moderation der Autorin, Journalistin und langjährigen Osteuropakorrespondentin Sabine Adler vom Deutschlandfunk diskutierten die Zeitgeschichtlerin Dr. Ljiljana Radonić (Wien), der Politikwissenschafter Prof. Dr. Helmut König (Berlin), der Historiker Prof. Dr. Aleksandar Jakir (Split) sowie der Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde in Berlin, Roland Jahn.

Dabei wurde wiederholt deutlich, wie vielschichtig und umfassend Erinnerungskulturen im Wandel der Zeiten und der Herrschaftssysteme jeweils zeitgenössischer politischer Beeinflussung und Manipulation ausgesetzt beziehungsweise unterworfen sind.

Erinnerung in aufklärerisch-selbstkritischer Absicht, die sowohl den Gefahren wohlfeiler Rituale wie leichter politischer Beute entgehen will, muss in jedem Fall – so die gemeinsame Auffassung der Diskussionsteilnehmer – dialogisch angelegt und von zivilgesellschaftlichem Engagement sowie unabhängiger historischer Forschung begleitet sein.

Die vorliegende Dokumentation enthält die Kurzreferate der genannten Referenten sowie die Grußworte des Vorstandsmitglieds der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Manfred Richter, des Botschafters der Bundesrepublik Deutschland in der Republik Kroatien, Dr. Robert Klinke sowie der Abgeordneten im kroatischen Parlament und Vorsitzenden der liberalen Partei Centar, Marijana Puljak.

Die gesamte Veranstaltung ist unter folgendem Link abrufbar: 

Europäische Erinnerungskulturen

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