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Nachruf
Margot Friedländer: Ein Leben gegen das Vergessen

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zum Tod von Margot Friedländer.
Margot Friedländer

Margot Friedländer 1921 - 2025

© picture alliance / photothek | Florian Gaertner  

Dieser Artikel erschien erstmals am 9. Mai 2025 auf freiheit.org.

Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit trauert um Margot Friedländer – eine der letzten Überlebenden der Shoah, eine unermüdliche Zeitzeugin und eine beeindruckende Persönlichkeit, die sich mit unvergleichlicher Klarheit, Wärme und Entschlossenheit gegen das Vergessen stellte. Mit 103 Jahren hat sie uns am 9. Mai 2025 für immer verlassen.

Geboren 1921 in Berlin, überlebte sie den Holocaust, das KZ Theresienstadt, den Verlust ihrer Familie. Jahrzehntelang schwieg sie – bis sie sich entschloss, ihre Geschichte zu teilen, für kommende Generationen, als Mahnung und Hoffnung zugleich.

In ihrem ersten Buch „Versuche, dein Leben zu machen“ (2008) – ein Satz aus dem Abschiedsbrief ihrer Mutter – erzählt sie von ihrer Kindheit in Berlin, der Verfolgung durch die Nationalsozialisten, dem Überleben im Versteck und im Konzentrationslager. Das Buch wurde zu einem Meilenstein der Erinnerungskultur in Deutschland.

Später, gemeinsam mit der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, veröffentlichte sie 2021 „Ich tue es für Euch“. Darin blickt sie zurück – nicht nur auf ihr Leben, sondern auch auf das Warum ihres Engagements: den Dialog mit jungen Menschen, um ihnen die Wertschätzung und Toleranz allen Menschen  gegenüber zu vermitteln, die sie so während des Nazi-Unrechtsregimes vermissen musste.   Dieses Buch ist nicht nur ein Zeitdokument, sondern ein Vermächtnis – eine Einladung, Verantwortung zu übernehmen:  für Freiheit, Demokratie und Menschlichkeit.

Ihr Appell war schlicht und groß zugleich: „Seid Menschen!“

Diesen Satz sprach sie mit leiser, eindringlicher Stimme – auf hunderten Veranstaltungen, in Klassenzimmern, Rathäusern, Gedenkstätten. Kein Appell klang wahrhaftiger. Margot Friedländer hat uns gezeigt, wie Versöhnung möglich ist, ohne zu vergessen. Wie man Verantwortung übernimmt, ohne zu verbittern. Ihre Haltung, ihr Lebensmut, ihre Würde werden uns fehlen. Ihr Vermächtnis bleibt.

Margot Friedländer lebte und wirkte für eine Gesellschaft, die aus der Geschichte lernt – nicht mit Angst, sondern mit Haltung. Sie war Versöhnerin, Mahnerin und  Mutmacherin. Nie wieder waren für sie keine Floskel, sondern nie endender Auftrag.

Ich habe Margot Friedländer als beeindruckende, lebenskluge und zutiefst mitfühlende Frau erlebt. Für mich persönlich war sie ein Vorbild an moralischer Klarheit und historischer Verantwortung.

Ihr Mut, ihre Versöhnungsbereitschaft und ihr Engagement werden uns fehlen – ihre Worte und deren Wirkung  aber werden bleiben. Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit wird die Erinnerung an sie wach halten.

In tiefer Dankbarkeit und stillem Respekt verneigen wir uns vor ihrem Lebenswerk.