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Freiheit
Warnung zur rechten Zeit

Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum warnt davor, liberale Grundwerte aufzugeben. Zugleich macht er Mut in Zeiten der Krise.
Gerhart Baum spricht am Rande der Benrather Gespräche am 16. Juli 2021 über sein neues Buch "Freiheit". © Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit/Mathias Birsens

"Warum schreibe ich mit 88 Jahren noch ein Buch – ein Buch über die Freiheit?" Auf den ersten Satz des Prologs im neuen Buch des ehemaligen Bundesinnenministers Gerhart Baum gibt es eine ganz einfache Antwort: Weil es notwendig ist.

Der große Liberale warnt davor, die liberalen Grundwerte preiszugeben und einem von Angst getriebenen Sicherheitswahn zu verfallen. Die Warnung kommt zur rechten Zeit. Die Pandemie stellt uns, nicht nur gesundheitlich oder gesundheitspolitisch, vor lange überwunden geglaubte Herausforderungen. Freiheiten werden eingeschränkt, müssen eingeschränkt werden, aber es fehlt oftmals das Signal an die Bevölkerung, dass diese Einschränkungen zeitlich und sachlich begrenzt sind. Was folgt, sind Unsicherheiten, diffuse, manchmal undifferenzierte Ängste und darauf beruhende Verhaltensweisen. Mit all diesem beschäftigt sich Gerhart Baum, und die aktuellen Anlässe bewegen ihn dazu, die heutige Situation mit den Geschehnissen zu vergleichen, die sein politisches wie privates Leben seit Jahrzehnten begleiten und bestimmen.

"Rechtsextremismus, Antisemitismus, Verachtung für das politische System – das sind keine Themen für zwischendurch."

Gerhart Baum
Gerhart Baum

Rechtsextremismus, Antisemitismus, unverhohlene Verachtung für das politische System und die politisch Handelnden, Verrohungen im politischen wie gesellschaftlichen Diskurs, Irrationalität und unverhohlene Menschenfeindlichkeit – das alles sind keine Themen für zwischendurch. Für Gerhart Baum ist die Welt „aus den Fugen geraten“. Es gibt für ihn „neue Biedermänner und Brandstifter“. Er nimmt die neue, digitale Welt mit offenen Augen wahr und sieht sie in ihren Chancen, aber auch in ihren Gefahren, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Datenschutz. Er sieht die Notwendigkeit, die Kultur, einen seiner Herzensbereiche, nicht nur gegen die Gefahren infolge der Pandemie zu schützen, sondern vor allem, sie als einen der zentralen Freiheitsbereiche der Gesellschaft zu bewahren. „Seine“ FDP begreift er dabei als „Freiheitspartei“ und als Heimat eines „empathischen Liberalismus“, in dem er die Zukunft sieht. „Dies sind keine Memoiren im eigentlichen Sinne“, schreibt Baum. So empfindet es auch, wer sich das Buch zu Gemüte führt: Es geht hier nicht um Erinnerungen, sondern da­rum, in Zeiten der Krise Mut zu machen. Sehr lesenswert.