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Südafrika
Vorzeige-Wahlkommission unter Druck

Erste Eindrücke zu den Parlaments- und Landtagswahlen in Südafrika
Wahl Südafrika

Die Schlangen vor den Wahllokalen sind lang.

© Jules Maaten

Die sechsten freien Parlaments- und Landtagswahlen haben gestern in Südafrika stattgefunden. Bis zum Mittag lagen hauptsächlich Wahlergebnisse aus eher ländlichen und weniger besiedelten Gebieten vor. Die Ergebnisse der Großstädte und deren Townships, wo die meisten Südafrikaner leben, werden erst gegen Abend erwartet. Das offizielle und endgültige Ergebnis soll es am Samstag geben. 

Wahltag ist immer auch ein Feiertag in Südafrika: Schulen und andere öffentliche Gebäude werden zu Wahllokalen umfunktioniert und die Wählerinnen und Wähler stehen in oft langen Schlangen.

Dem Wetter fällt somit eine wichtige Rolle am Wahltag zu – und gestern spielte es in großen Teilen des Landes nicht mit: Im Westkap und Ostkap gab es den ersten Winterregen. Es war nass, kalt und sehr, sehr windig. Am anderen Ende des Landes, und an den Grenzen zu Mosambik und Simbabwe, war es so heiß und trocken, dass einige Menschen ohnmächtig wurden. Dazwischen, in der bevölkerungsreichen Provinz Gauteng mit den Städten Johannesburg und Tshwane (Pretoria), war es nicht wie normalerweise winterlich warm und sonnig, sondern bedeckt und regnerisch. Solche Wetterwidrigkeiten schlagen sich in der Wahlbeteiligung nieder, die bei den vergangenen Wahlen bereits stetig zurückgegangen ist – trotz des guten Wetters.

2.500 Beschwerden bei Wahlkommission

Am Wahltag selber gab es immer mehr Beiträge in den sozialen Medien, dass Probleme bei der hochangesehenen Wahlkommission, der Independent Electoral Commision (IEC), aufgetreten waren: Wahllokalen gingen bereits morgens die Wahlzettel aus, einige machten erst gar nicht auf, andere machten zu früh zu. Richtig ernst zu nehmen aber sind Berichte, dass es Südafrikaner gab, die mehrmals wählten.

Diese Berichte waren so zahlreich und so glaubwürdig, dass die Democratic Alliance (DA), die größte Oppositionspartei des Landes, inzwischen 2.500 Beschwerden und 60 Widersprüche bei der Wahlkommission eingereicht hat. Sie fordert nun eine Vollprüfung aller abgegebenen Stimmen. Das hat es in 25 Jahren noch nie gegeben und ist ein schwerer Imageschaden für die Wahlkommission, die bisher einen sehr guten Ruf genoss. Erste „Mehrfachwähler“ sollen bereits verhaftet worden sein.

Aufgeschlossene Atmosphäre in Wahllokalen

Ein Simbabwer, der Teil einer von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit organisierten Wahlbeobachterdelegation war, war tief beeindruckt von der freundlichen und aufgeschlossenen Atmosphäre in den Wahllokalen, die er besucht hatte.

Vertreter der verschiedenen Parteien, des African National Congress (ANC), der DA und auch der populistisch-radikalen Economic Freedom Fighters (EFF) standen in ihren entsprechend gelben, blauen oder knallroten T-Shirts, Hüten und Jacken nebeneinander. Er sah keinerlei Streitereien, keine Einschüchterung, sondern eher Kameraderie, was sich in den Wählerschlangen genauso widerspiegelte. Der simbabwische Delegierte wünscht sich so eine offene und vertrauensvolle Atmosphäre für sein Land auch, sagte er. Umso wichtiger ist es, dass allen Beschwerden und Widersprüchen nachgegangen wird, denn noch vertrauen die Südafrikaner ihrer Wahlkommission fast blind.

 

Barbara Groeblinghoff ist Projektleiterin Südafrika.