Venezuela
Peru empfängt den gewählten Präsidenten von Venezuela

Edmundo González Urrutia mit seiner Frau in Lima, Plaza San Martín.
© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Guadalupe PardoAm 28. Juli 2024 erlebte Venezuela einen Wendepunkt in seiner politischen Geschichte: Nach Jahren der Krise wurde Edmundo González Urrutia zum neuen Präsidenten gewählt und lenkte das höchste Amt des Landes mit über 67% der Stimmen eindeutig in Richtung der Opposition. Trotz des offensichtlichen Wahlsiegs der Opposition legte Maduro am 10. Januar seinen Amtseid für eine dritte Amtszeit ab und löste damit eine Welle von Protesten aus. Die USA, die EU und zahlreiche lateinamerikanischer Staaten erkennen Maduro nicht als rechtmäßigen Wahlsieger an und verhängten Sanktionen. Gleichzeitig wächst die internationale Unterstützung für die demokratische Sache Venezuelas stetig.
Angesichts der eskalierenden politischen Krise und der wachsenden internationalen Solidarität suchte der gewählte Präsident Edmundo González Urrutia aktiv den Dialog mit verbündeten Staaten in der Region. Als Teil seiner Lateinamerikareise besuchte er am Mittwoch Peru – ein Land, das seit 2017 schätzungsweise mehr als 1,6 Millionen Venezolanerinnen und Venezolaner aufgenommen hat und somit zu einem Zufluchtsort für diejenigen geworden ist, die vor der humanitären Krise fliehen. Seine Rede auf der Plaza San Martín in Lima, einem Symbol des Kampfes und Widerstands in Lateinamerika, hallte kraftvoll wider: „Wir sind dem Wandel, den Venezuela verdient, näher als je zuvor.“ Der Besuch war nicht nur eine Botschaft der Hoffnung für die venezolanische Diaspora, sondern auch ein Aufruf an die internationale Gemeinschaft, diesen Prozess der Wiederherstellung des Volkswillens als Quelle der Legitimität weiter zu unterstützen.
Der Kampf für die Demokratie
In einem politisch bedeutenden Akt verlieh die peruanische Regierung Edmundo González den Orden El Sol del Perú, die höchste Auszeichnung des Landes. Edmundo betonte, Venezuela sei keine zersplitterte Gesellschaft mehr, sondern „eine Nation, die durch den unveräußerlichen Wunsch nach Frieden, Freiheit und Demokratie vereint ist. Am 28. Juli hat sich das venezolanische Volk an den Wahlurnen laut und deutlich geäußert: Wir fordern einen demokratischen Wandel. Der Wille des Volkes ist unumstößlich und kann nicht ignoriert werden. Wir fordern die vollständige Wiederherstellung unserer Freiheiten und die sofortige Rückkehr unseres Landes zur Demokratie.“

Edmundo González am 29.01 im peruanischen Kongress bei Übergabe der Ehrenmedaille im Rang eines Großkreuzes.
© FNFDarüber hinaus verlieh ihm der peruanische Kongress die Ehrenmedaille im Rang eines Großkreuzes und bekräftigte damit das Engagement Perus für die demokratische Sache in Venezuela.
Auch Vertreter von Menschenrechtsorganisationen und der Zivilgesellschaft wie die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und Veneactiva, die die sich für die Integration der venezolanischen Diaspora einsetzt, indem sie regionale Interessenvertretung, technische Unterstützung und eine interinstitutionelle Zusammenarbeit mit dem peruanischen Staat fördert, waren anwesend. Das Instituto Pro Libertad, das Teil des lateinamerikanischen liberalen Netzwerks RELIAL ist, bekräftigte durch seine Teilnahme die Bedeutung regionaler Zusammenarbeit im Kampf für die Demokratie in Venezuela.

Niome Hüneke-Brown, Projektleiterin FNF & Edmundo González Urrutia.
© FNF
Yesenia Alvarez, Direktorin des Instituto pro Libertad & Edmundo Gonzaléz Urutua.
© IPLDie Migrationskrise und die Hoffnung auf Rückkehr
Einer der bewegendsten Momente des Tages war, als González seine venezolanischen Landsleute vom Balkon des historischen Hotel Bolívar aus ansprach: „Bald werdet ihr nach Hause zurückkehren“, versprach er der jubelnden Menge. Laut Weltbank hat die humanitäre Krise in Venezuela fast 8 Millionen Menschen zur Flucht gezwungen, wobei Peru zu den Hauptaufnahmeländern zählt. Edmundo González erklärte, dass seine Priorität darin bestehe, die Bedingungen für eine sichere und würdige Rückkehr zu schaffen, warnte jedoch davor, dass der Kampf nicht einfach sei. Gleichzeitig warnen die neuesten Schätzungen, dass weitere 10,4 Millionen Venezolaner vor der Krise fliehen könnten, sollte der Regierungswechsel nicht stattfinden.
Die Repression hat das Land in das größte Gefängnis für politische Gefangene verwandelt
Angesichts der zunehmenden Unterdrückung durch Maduros Regime sendet Edmundo González eine starke Botschaft: „Eine beispiellose Eskalation der Repression in Venezuela hat das Land in das größte Gefängnis für politische Gefangene in der Hemisphäre verwandelt, während staatliche Gewalt, Verfolgung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zunehmen. Angesichts dieser Situation werden die venezolanischen Demokraten nicht aufgeben [..]das souveräne Mandat vom 28. Juli durchzusetzen.“ Diese dramatische Entwicklung spiegelt sich in den neuesten Zahlen der Menschenrechtsorganisation Foro Penal wider: Derzeit sind 1.408 politische Gefangene offiziell bekannt – viele weitere Personen gelten als verschwunden. Bei den jüngsten Verhaftungswellen wurden González’ Schwiegersohn Rafael Tudares, der Parlasur-Abgeordnete und ehemalige Gouverneur von Mérida, Williams Dávila Barrios, sowie renommierte Menschenrechtsaktivisten wie Jesús Armas, Mitglied des Wahlkampfteams von Edmundo González und María Corina Machado in Venezuela entführt. Andere Mitglieder des Wahlkampfteams, wie Pedro Urruchurtu und vier weitere Anhänger, müssen seit 10 Monaten die Schikanen des Regimes u.a. in Form reduzierter Strom- und Trinkwasserversorgung in der argentinischen Botschaft (die unter Schutz von Brasilien steht) in Caracas ertragen, in die sie geflüchtet sind.

Venezolanische Oppositionsmitglieder, die in der argentinischen Botschaft in Caracas unter dem Schutz Brasiliens Asyl gefunden haben.
© Comando ConVzlaDie Botschaft von María Corina Machado an Peru
María Corina Machado, führende Vertreterin der liberalen Opposition bezeichnet die zunehmende Repression als verzweifelten Versuch des Regimes, sich an der Macht zu halten: „Venezuela lebt unter einer Diktatur, die sich nur durch Angst und Gewalt aufrechterhalten kann.“ Dabei schwindet Maduros Unterstützung in der Bevölkerung ebenso wie im Militär.
In einer über ihren X-Account verbreiteten Botschaft unterstrich sie die Bedeutung dieses Moments für die venezolanische Diaspora: „Heute, an einem unvergesslichen Tag für Peru und Venezuela, trafen sich Tausende von Venezolanern, die gezwungen waren, ihr Land zu verlassen, mit ihrem gewählten Präsidenten Edmundo González“. Machado betonte die Resilienz der Exil-Venezolaner, die trotz Distanz weiter für die Demokratie kämpfen: „Dieses Bild zeigt unsere Stärke: ein Volk, das trotz der Entfernung und der Jahre vereint und entschlossen ist, sich in FREIHEIT wieder zu treffen.“
Autoritäre Regime handeln nicht allein
González forderte in Lima die Opposition zur Einheit und die Welt zur Unterstützung auf:
Der demokratische Übergang bleibt eine komplexe Herausforderung, doch die nachweisbaren Wahlergebnisakten, die in den Tresoren der Zentralbank von Panama gesichert sind, zeigen, dass der Kampf für die Freiheit unter den Venezolanern an Stärke gewinnt. Entscheidend ist auch, wie sich die internationale Gemeinschaft zukünftig verhalten wird und ob sie härtere Sanktionen zur weiteren Schwächung von Maduro und seinem erweiterten Führungszirkel verhängen wird. Dies scheint ihn durchaus zu beunruhigen, verabschiedete sein Regime Ende letzten Jahres sogar ein Gesetz, nach dem Personen, die internationale Sanktionen gegen das Land fordern, mit bis zu 30 Jahre Gefängnisstrafe belegt werden können.
Iran verstärkt seine Präsenz in Venezuela
Ein Schritt, der die wachsende Allianz zwischen dem Iran und Venezuela unterstreicht, ist der mutmaßliche Erwerb von Immobilien in Venezuela durch hochrangige iranische Beamte. Gleichzeitig hat das Regime in Caracas Mitgliedern der iranischen Elite im Falle einer internen Krise in ihrem Land politisches Asyl angeboten. Diese Beziehung umfasst mittlerweile eine militärische und wirtschaftliche Zusammenarbeit, die Auswirkungen auf die Stabilität der Region haben könnte. Gem. US-Außenminister Marco Rubio hat der Iran begonnen auf dem venezolanischen Luftwaffenstützpunkt El Libertador eine Basis zur Entwicklung von Drohnen einzurichten, was eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit in der Region darstellen würde – immerhin hat Maduro in den letzten Jahren in aggressiver Weise Gebietsansprüche an das Nachbarland Guyana aus der Schublade geholt.
Maduro-Regime stellt eine Bedrohung für die gesamte Region dar
González hat in Lima deutlich gemacht, dass es um die Wiedergeburt eines Landes geht, das jahrzehntelang unter autoritärer Herrschaft gelitten hat:
Die zunehmenden strategischen Allianzen zwischen Venezuela, Iran, Russland und China stellen eine Herausforderung für die geopolitische Stabilität dar. Die Zukunft Venezuelas, deren politische und wirtschaftliche Instabilität die gesamte Region betrifft, erfordert eine koordinierte internationale Reaktion. Demokratische Staaten stehen vor der Aufgabe, nicht nur rhetorische Solidarität zu zeigen, sondern durch diplomatische, wirtschaftliche und institutionelle Maßnahmen zur Wiederherstellung demokratischer Strukturen in Venezuela beizutragen. Die zunehmende internationale Unterstützung sowie die Entschlossenheit der venezolanischen Bevölkerung deuten darauf hin, dass ein politischer Wandel „näher denn je“ ist.
Kundgebung von Edmundo González auf der Plaza San Martín
Venezolanos en Lima asisten a discurso de Edmundo Gonzaléz en Plaza San Martín
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