Zwischenbilanz der Bundestagswahl
Merkel-Merz
Die Regierung unter Friedrich Merz fällt in vertraute Muster der Merkel-Ära zurück.
© picture alliance / SVEN SIMON | Frank Hoermann / SVEN SIMONVor genau neun Monaten, also einem Dreivierteljahr, fand die Bundestagswahl statt. Zeit für eine Zwischenbilanz. Diese fällt für den Bundeskanzler niederschmetternd aus.
Friedrich Merz gewann die Wahl im Wesentlichen mit drei Wahlversprechen: Kontrolle der Zuwanderung, solide Finanzen und mutige Strukturreformen. Nur beim ersten Versprechen könnte man mit viel gutem Willen von einem begrenzten Teilerfolg sprechen. Bei den anderen beiden ist spätestens nach dieser Woche klar: Friedrich Merz liefert nichts.
Zunächst zu den Finanzen. Friedrich Merz und seine Koalition aus CDU, CSU und SPD haben die Staatsverschuldung massiv erhöht – und dies vor allem neben zusätzlichen Ausgaben für Verteidigung mit einer gewaltigen Offensive bei den Investitionen begründet. Deren Kern war die Einrichtung des 500-Milliarden-Euro-Investitionsfonds für die nächsten zehn Jahre, also etwa 50 Mrd. Euro im Jahr. Eine erste Auswertung dieses Fonds legte der Sachverständigenrat in der letzten Woche vor. Ergebnis: ein gigantischer Verschiebebahnhof. Etwa jeder zweite verausgabte Euro des Fonds war schon von der Ampelkoalition im regulären Haushalt geplant und wurde nur in der Finanzierung „umgewidmet“, um Platz zu machen für die ungehinderte Fortsetzung des Staatskonsums. Die erste Blamage auf Kosten künftiger Generationen!
Und in dieser Woche die „Rentenreform“. Die Rentenversprechen der Union („Mütterrente“) und der SPD („Haltelinie“) sollen im neuesten Entwurf der Koalition in Gesetzesform gegossen werden. Ob es tatsächlich so kommt, wird vom Stimmverhalten der jüngeren Generation von Unionsabgeordneten abhängen, die beim Deutschlandtag der Jungen Union am Wochenende die Verweigerung der Zustimmung ankündigten, was das Projekt zum Scheitern bringen könnte. Also: ein Aufstand gegen Friedrich Merz und seine Politik, immer mehr Lasten auf die künftige Generation abzuwälzen – in Form künftig höherer Beiträge zur Altersvorsorge oder Steuern zur Subventionierung der Rentenkassen. Der Aufstand ist mehr als berechtigt und fand bei den Freien Demokraten (und der Wissenschaft) außerparlamentarischen Applaus. Es bahnt sich die zweite Blamage ab: kein Wille des Kanzlers zur Reform im Interesse künftiger Generationen, im Gegenteil: noch mehr Lasten in die Zukunft verschieben.
Wichtig ist: Es geht hier nicht um irgendwelche Randthemen, sondern um den Kernbereich dessen, was eine Reformpolitik in Deutschland leisten muss, soll das Land zurückkehren auf einen dynamischen Wachstumskurs und den demografischen Herausforderungen Rechnung tragen. Friedrich Merz macht einfach das weiter, was Angela Merkel von 2005-9, 2013-17 und 2017-21 in drei Koalitionen der Union mit der SPD praktizierte. Sie hat damit Deutschland schwer geschadet, und Friedrich Merz hatte im Wahlkampf angekündigt, er wolle beginnen, dies rückgängig zu machen. Ein Großteil der bürgerlichen Wählerschaft hat ihm vertraut. Er hat sie betrogen. Er macht einfach weiter wie bisher: Merkel-Merz. Der einzige Unterschied zu Merkel: Er kündigt ständig vollmundig Reformen an. Aber es kommt nichts.
Offenbar hat er den Ernst der Lage nicht begriffen. Wenigstens die Liberalen, unterstützt von der Wissenschaft, dürfen nicht müde werden, ihm diesen Ernst deutlich zu machen – mit einer harten und klaren außerparlamentarischen Opposition.