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Dream Constitution
Traumverfassung im Gefängnis, niemanden zurücklassen

Dream Constitution in Prison

Dream Constitution in Prison 

© Department of Corrections Thailand

Die Verfassungsänderung ist eines der Hauptthemen in der thailändischen Politik, da die derzeitige Verfassung Thailands wegen ihres militärischen Einflusses kritisiert wird. Die derzeitige Regierung unter der Führung von Anuthin Charnvirakul hat die Änderung der derzeitigen Verfassung zu ihrer wichtigsten Agenda vor der geplanten Auflösung des Parlaments im nächsten Jahr erklärt. Erst diese Woche hat das thailändische Parlament einen Entwurf der Änderung gebilligt und damit den Weg für eine neue Fassung der Verfassung geebnet.

In der Zwischenzeit organisierte FNF Thailand in Zusammenarbeit mit dem Thailand Institute of Justice (TIJ) und Wevis Workshops zum Thema „Traumverfassung” in Justizvollzugsanstalten in ganz Thailand. Ziel des Projekts ist es, marginalisierten Gruppen, insbesondere inhaftierten Personen, eine Plattform zu bieten, auf der sie ihre Meinungen, Gedanken und Ideen zur aktuellen Verfassung äußern können. Da die Verfassung das oberste Gesetz des Landes ist, sollte jede Stimme in der Gesellschaft bei ihrer Ausarbeitung gehört werden.

Engaging in an innovative way

Menschen in Gefängnissen werden nicht dazu ermutigt, sich zu äußern, da ihr Leben strengen Vorschriften unterliegt. Um ihre Meinungen zu erfahren, hat das Organisationsteam jede Aktivität im Workshop sorgfältig geplant, um den Teilnehmern einen sicheren Raum zu bieten, in dem sie ihre Gedanken und Ideen äußern können.

Participants playing FNF’s Rights Card Game

Participants playing FNF’s Rights Card Game

© Department of Corrections Thailand

Zunächst wurden die Teilnehmer in das Rechte-Kartenspiel von FNF Thailand eingeführt. Wir wählten bestimmte Szenarien aus, die ihnen vertraut waren und die ungerechte Behandlungen in der Gesellschaft hervorhoben. Anstelle des normalen Spielablaufs des Rechte-Kartenspiels verwendeten wir die Methode „Kopf, Herz, Hand”; den Teilnehmern wurden einfache Fragen gestellt, wie zum Beispiel

• „Was halten Sie von diesem Fall?”

• „Wie fühlen Sie sich dabei?”

• „Was können wir dagegen tun?”

Das Ziel dieser Aktivität war es, die Teilnehmer anhand von Fällen aus dem realen Leben mit dem Konzept der Menschenrechte vertraut zu machen und sich gegenseitig besser kennenzulernen.

Anschließend absolvierten die Teilnehmer ein kurzes Quiz, um ihre Grundkenntnisse über die Verfassung zu überprüfen. Darauf folgte ein Vortrag von Professoren der Thammasat-Universität. Der Inhalt des Vortrags war speziell auf die inhaftierten Teilnehmer zugeschnitten und betonte ihre Rechte und Pflichten während und nach der Haft.

Participants sharing their dreams and hopes to the group

Participants sharing their dreams and hopes to the group 

© Department of Corrections Thailand

Auf dieser Grundlage sollten die Teilnehmer ihre Träume und Hoffnungen unter Berücksichtigung des Verfassungskonzepts ausarbeiten. Sie wurden gebeten, zwei Themen zu teilen:

• Das wichtigste Ereignis in ihrem Leben

• Ihr Traumleben, in dem sie Rechte haben

Die erste Frage half dabei, persönliche Erfahrungen aufzudecken, die ihre Bestrebungen geprägt haben, während die zweite Frage sie dazu ermutigte, sich eine faire und würdige Zukunft vorzustellen. Anstatt nur zu schreiben, wurden die Teilnehmer dazu ermutigt, ihre Ideen zu zeichnen, was zu Dialogen und Austausch führte, während sie ihre Illustrationen erklärten.

Overlooked voice

Der häufigste Wunsch der Teilnehmer war das Recht auf Vergessenwerden. Viele machten sich Sorgen um ihr Leben nach der Haftstrafe, denn eine Vorstrafe bedeutet zwangsläufig weniger Arbeitsmöglichkeiten und Chancen und manchmal auch soziale Stigmatisierung.

Nach den derzeitigen Vorschriften und Gesetzen in Thailand ist es jedoch äußerst selten, dass Vorstrafen gelöscht werden. „Ich möchte zurückkehren und wieder als Journalist arbeiten wie zuvor“, erklärte ein Teilnehmer. „Aber mit einer Vorstrafe ist es unvorstellbar, eine Journalistenlizenz zu erhalten, und ich weiß nicht, was ich tun soll.“

Ein weiteres wiederkehrendes Thema war der Zugang zu Rechtsbeistand und Justiz. Mehrere Teilnehmer gaben an, dass sie die Anklagepunkte oder rechtlichen Verfahren in ihren Fällen nicht vollständig verstanden hätten. Viele empfanden es als schwierig, ehrenamtliche Anwälte zu erreichen, oder hielten diese für unzureichend qualifiziert, sodass sie sich bei der Einreichung von Berichten oder Anträgen auf die Hilfe erfahrenerer Mitgefangener verlassen mussten.

Einige Teilnehmer bezogen sich auch auf ihren persönlichen Hintergrund und berichteten, dass der fehlende Zugang zu Grundrechten wie Bildung zu ihrer Situation beigetragen habe. Sie hofften, dass der Staat diese Rechte allen Bürgern garantieren würde. „Ich möchte, dass mein Kind eine höhere Ausbildung erhält, und ich möchte, dass die Regierung seine Ausbildung unterstützt, damit es mehr Chancen hat und nicht die gleichen Fehler macht wie ich“, sagte ein Teilnehmer.

Participants writing postcards expressing their dreams

Participants writing postcards expressing their dreams 

© Department of Corrections Thailand

Am Ende der Workshops schrieben die Teilnehmer Postkarten, um ihre Träume und Hoffnungen für die Zukunft Thailands zum Ausdruck zu bringen.

Über das Projekt: Die Organisatoren haben die Meinungen, Träume und Hoffnungen aller Teilnehmer in einer öffentlich zugänglichen Datenbank zusammengestellt. So wird sichergestellt, dass die Stimmen dieser oft ungehörten Bevölkerungsgruppen zumindest gehört und gesehen werden, sobald der Prozess der Ausarbeitung der Verfassung beginnt, und hoffentlich in die Gestaltung der Zukunft ihres Landes einfließen.

Link zur Datenbank (auf Thai): DreamCon

 

* Takdanai Ketkaew ist Programmassistentin und Kommunikationsbeauftragte bei FNF Thailand.