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Menschenrechte
Türkischer Menschenrechtsaktivist Osman Kavala erscheint vor Gericht

Osman Kavala

Osman Kavala ist ein bekannter türkischer Unternehmer und Philanthrop. Seit seiner Verhaftung im Jahr 2017 ist er zudem einer der prominentesten politischen Gefangenen der Türkei.

Nach dem Tod seines Vaters in den 1980er Jahren übernahm er das Familienunternehmen, die Kavala-Gruppe. Er war Mitbegründer des Iletisim-Verlags, der demokratischen Stimmen in der Türkei eine Plattform bot, als das Land nach dem Militärputsch von 1980 eine weitere Phase der Unterdrückung erlebte. Kavala gründete auch eine Reihe von zivilen Organisationen, die sich für ethnische Vielfalt und Menschenrechte einsetzen. Eine von ihnen ist Anadolu Kultur, eine gemeinnützige Organisation, die Kunst- und Kulturprojekte unterstützt. Nach dem Erdbeben von 1999, bei dem Zehntausende von Menschen ums Leben kamen, unterstützte Kavala die Katastrophenhilfe durch den Bau von Notunterkünften.

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Im Jahr 2017 wurde Kavala verhaftet und des "Versuchs des Umsturzes der Regierung" und des "Versuchs des Umsturzes der verfassungsmäßigen Ordnung" angeklagt. Im Februar 2020 sprach ihn ein türkisches Gericht wegen seiner angeblichen Beteiligung an den Gezi-Park-Protesten 2013 in Istanbul in den erstgenannten Anklagepunkten frei. Nur wenige Stunden nach seiner Freilassung wurde er jedoch erneut verhaftet und wegen seiner mutmaßlichen Rolle beim Putschversuch im Jahr 2016 angeklagt. Der gescheiterte Aufstand 2016 löste ein massives Vorgehen gegen politische Gegner, Medien, Richter, Akademiker und alle, die mit dem muslimischen Geistlichen Fethullah Gülen in Verbindung standen aus. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan betrachtet Fethullah Gülen als Drahtzieher der gescheiterten Operation.

Im März 2020 sprach ein türkisches Gericht Kavala vom Vorwurf des "Versuchs des Umsturzes der verfassungsmäßigen Ordnung" frei, doch der Geschäftsmann blieb wegen "politischer oder militärischer Spionage" in Haft. Obwohl Kavala nie wegen eines Verbrechens verurteilt wurde, entschied ein anderes Gericht am 18. Dezember, den Philanthropen in Untersuchungshaft zu halten. Darüber hinaus wird er trotz einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg (EGMR) hinter Gittern gehalten. Im Dezember 2019 entschieden die Richter, dass Kavalas Inhaftierung auf politischen Motiven beruht, und wiesen die türkischen Behörden an, ihn freizulassen. Das Gericht stellte außerdem fest, dass seine Festnahme "den Hintergedanken" verfolgte, "Herrn Kavala und mit ihm alle Menschenrechtsverteidiger zum Schweigen zu bringen".

Seit Kavalas Inhaftierung forderten mehrere internationale Menschenrechtsorganisationen und Regierungen seine Freilassung. "Wir fordern die Türkei auf, ihrer eigenen Verpflichtung zu Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit nachzukommen und Osman Kavala aus der Haft zu entlassen, während sie eine gerechte, transparente und rasche Lösung seines Falles anstrebt", heißt es in einer Erklärung des US-Außenministeriums zur Unterstützung des türkischen Geschäftsmannes.

Im Dezember 2020 veröffentlichte der Europarat eine Interimsresolution, in welcher er die sofortige Freilassung Kavalas forderte und die türkischen Behörden aufforderte, dafür zu sorgen, dass das türkische Verfassungsgericht seinen Fall ohne weitere Verzögerung verhandelt.

Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte die Türkei auf, seine Inhaftierung sofort zu beenden. "Fast auf den Tag genau ein Jahr, nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem verbindlichen Urteil festgestellt hat, dass die Inhaftierung von Osman Kavala politisch motiviert ist, sendet die heutige Resolution, in der seine sofortige Freilassung gefordert wird, eine klare Botschaft an die türkischen Behörden, dass seine fortgesetzte Inhaftierung nicht toleriert werden kann und wird", sagte Nils Muiznieks, der Europadirektor der Organisation, in einer Erklärung.