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Eine Kolumne von Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué

Bundeshaushalt
Düstere Perspektiven

Der Bundeshaushalt wird zum Verschiebebahnhof. Die enorme zusätzliche Verschuldung des Bundes landet zu großen Teilen im Konsum, nicht in staatlichen Investitionen.
Lars Klingbeil (SPD, M), Bundesminister der Finanzen, spricht in der 26. Plenarsitzung der 21. Legislaturperiode im Deutschen Bundestag.

Lars Klingbeil (SPD, M), Bundesminister der Finanzen, spricht in der sogenannten Haushaltswoche des Bundestages.

© picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka

„Wenn Geld da ist, wird es ausgegeben.“ So lautet eine Binsenweisheit, die vor allem ehemalige Finanzminister gut kennen. Deshalb hat so mancher unter ihnen – einschließlich des Verfassers dieser Zeilen – gleich nach dem Beschluss des Bundestags, verfassungsrechtlich die Schuldenbremse zu lockern und einen sogenannten „Investitionsfonds“ zu erlauben, die Prognose geäußert, dass damit der Spardruck zur Einschränkung von staatlichen Konsumausgaben massiv abnehmen würde, und zwar einfach dadurch, dass ohnehin geplante nicht-investive Projekte nun im normalen Haushalt ungestört durchgeführt würden und investive Ausgaben aus dem normalen Haushalt in den Investitionsfonds verlagert, aber nicht zusätzlich getätigt werden.

Genau so ist es gekommen, die aktuellen Haushaltsentwürfe des Bundes für die Jahre 2025 und 2026 sowie die mittelfristige Finanzplanung bis 2029 bestätigen es. Die Nettokreditaufnahme schießt auf ein früher nie gekanntes Niveau in der Größenordnung von etwa 180 Mrd. Euro, die geplanten Zinsausgaben des Bundes von rund 30 auf 70 Mrd. Euro. Investitionen nehmen zwar in der Planung zu – auf rund 120 Mrd. Euro, aber bei den nicht-investiven Ausgaben insbesondere für das Sozial- und Rentensystem gibt es zunächst bis 2026 ebenfalls einen kräftigen Zuwachs und keine Abnahme.

Ergebnis: Die Schuldenlast steigt bis 2029 steil an, gesamtstaatlich auf 2,7 Billionen Euro (von derzeit ca. 2,0 Billionen Euro). Sie nähert sich also in raschen Schritten – bei realistischer Schätzung des Wachstums der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung – etwa 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Zeit des frugalen Deutschlands ist komplett vorbei. Es findet hierzulande ein Wandel von Schweizer zu italienischen Verhältnissen statt. Niemand weiß, wie darauf die Kapitalmärkte reagieren; der Stabilitätsanker der Eurozone – Deutschland – könnte ins Wanken geraten.

Ein Teil der zusätzlichen Staatsausgaben geht in die Verteidigung. Sie sind inzwischen weitgehend von der Schuldenbremse befreit – durch eine Sonderregelung. Anders die zivilen Investitionsausgaben für Infrastruktur, die nach den Plänen der Bundesregierung in Zukunft verstärkt aus dem Sondervermögen für Investitionen finanziert werden, wobei es sich zu beträchtlichen Teilen um Reparaturen – und nicht Neubauten – handelt. Von einem Ausbau der Infrastruktur, von dem künftige Generationen profitieren, kann also nur sehr beschränkt die Rede sein. Vieles ist nicht mehr als der Erhalt von derzeit Verschlissenem. Die Klage des Bundesverkehrsministers Patrick Schnieder (CDU) über die mangelhafte Finanzausstattung seines Hauses, die vor wenigen Tagen durch die Medien ging, ist also für sich genommen völlig berechtigt. Mehr als das, es geht um eine Frage der Generationengerechtigkeit: Die künftige Generation trägt die Last des Verbrauchs der Älteren. Was werden die heute Jungen dereinst dazu sagen?

Fazit: ein in jeder Hinsicht düsteres Bild. Es hat bisher nichts, aber auch gar nichts zu tun mit den Stabilitätsversprechen des Bundeskanzlers Friedrich Merz (CDU) während des Bundestagswahlkampfs, der nur wenige Monate zurückliegt. Deutschland wird teuer für diesen populistischen Umschwung bezahlen – es sei denn, es folgt noch eine grundlegende Reform des Sozialstaats, die den Boom der Konsumausgaben drastisch abschwächt. Die nächsten Monate werden entscheiden.