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Klimaschutz
15 Jahre Kyoto-Protokoll: Was wurde seitdem umgesetzt?

Das Erbe internationaler Zusammenarbeit beim Klimaschutz
Vor 15 Jahren trat das Kyoto-Protokoll in Kraft. Weltweit einigten sich die Industriestaaten darauf, verbindliche Klimaziele einzuhalten.
Vor 15 Jahren trat das Kyoto-Protokoll in Kraft. Weltweit einigten sich die Industriestaaten darauf, verbindliche Klimaziele einzuhalten. © dpa - Report

Wie kann internationale Kooperation beim Klimaschutz stattfinden, wenn schon bei den Verhandlungen nicht miteinander kooperiert wird oder wenn nicht alle Staaten gleichermaßen in die Verantwortung genommen werden? Diese Frage zieht sich durch alle Verhandlungen zum Klimaschutz – vom Kyoto-Protokoll bis zur letzten Weltklimakonferenz (COP) in Madrid. Eins ist all diesen Verhandlungen gemein: CO2 macht nicht an Grenzen halt und deshalb muss Klimaschutz länderübergreifend betrieben werden. Natürlich stoßen Industrienationen mehr CO2 aus als Entwicklungsländer – deshalb müssen erstere in die Verantwortung genommen werden. Das ist beim Kyoto-Protokoll das erste Mal in die Tat umgesetzt worden.

Kyoto-Protokoll

Vor fünfzehn Jahren ist das Kyoto-Protokoll in Kraft getreten. Acht Jahre zuvor am 11.12.1997 wurde durch seine Verabschiedung das erste Mal Klimaschutz völkerrechtlich verankert und wurde somit zu einer internationalen Menschheitsaufgabe. In dem Kyoto-Protokoll verpflichteten sich die Industrieländer, ihre Treibhausgasemissionen bis 2012 um durchschnittlich 5,5 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Die EU sagte eine Minderung von acht Prozent zu, das deutsche Ziel betrug 21 Prozent. Die Schwellenländer wie China oder Indien, die bereits 1997 steigende Emissionen verzeichneten, wurden jedoch nicht in die klimapolitische Verantwortung genommen. Sie zählten zu den Entwicklungsländern, die nicht vom Kyoto-Protokoll betroffen waren. 2001 – noch vor Inkrafttreten -  traten die USA aus dem Protokoll aus, das sie 1998 unterschrieben hatten. Die Lastenverteilung wurde als ungerecht empfunden und deshalb fühlten sie sich dem Prozess nicht mehr zugehörig. Diese Entscheidung war ein schwerer Schlag für den internationalen Klimaschutz, da ohne den damals weltgrößten Emittenten, das Kyoto-Protokoll massiv an Bedeutung verlor. Für das Inkrafttreten mussten zudem 55 Prozent Treibhausgasemissionen der Industrienationen erfasst werden. Durch die Ratifikation des Abkommens durch Russland im Jahr 2004, konnte es dann doch in Kraft treten. 2005 hatten 136 Industrienationen das Kyoto-Protokoll ratifiziert und somit wurden 62 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes abgedeckt.

Zwar wurden mit dem Kyoto-Protokoll zum ersten Mal völkerrechtlich verbindliche Zielwerte zur Treibhausgasreduktion festgeschrieben, trotzdem sollte das Protokoll eher Symbolcharakter als tatsächliche Wirkungskraft besitzen. Die Reduktion um nur rund fünf Prozent war angesichts des fortschreitenden Klimawandels nicht ausreichend. Zudem funktionierte das Controlling für Projekte aus dem Clean Development Mechanism (CDM) oder dem Programm Joint Implementation (JI) nicht. Beide Mechanismen bewirken, dass sich Staaten beim Klimaschutz gegenseitig unterstützen können und dafür Zertifikate erhalten, die sie auf die eigene Bilanz anrechnen dürfen. Ein Beispiel für die fehlgeschlagene Wirkung findet sich beispielsweise in Russland. Dort mussten viel energieintensive Industrieanlagen in den neunziger Jahren aus Rentabilitätsgründen schließen, zudem brach die Wirtschaft mit Fall des Eisernen Vorhangs zusammen. Dadurch sanken die russischen Emissionen ohne Reduktionsmaßnahmen um 40 Prozent. Trotzdem erhielt Russland eine große Menge an Emissionszertifikaten. Mit deren Erwerb wiederum konnten sich andere Länder von solchen Maßnahmen freikaufen. Ein Großteil der JI-Zertifikate wurde in Russland ausgestellt, ohne dass dort tatsächlich Treibhausgase eingespart wurden.

Pariser Klimaschutzabkommen

Das Kyoto-Protokoll wird in diesem Jahr auslaufen und hat gezeigt, dass lediglich die internationale Formulierung von Emissionsreduktionszielen für wirksamen Klimaschutz nicht ausreicht. Deshalb wurde mit dem Nachfolgeabkommen – dem Pariser Klimaschutzabkommen – im Jahr 2015 festgeschrieben, dass jetzt jedes teilnehmende Land Verantwortung für seine Treibhausgasemissionen übernehmen und passende Maßnahmen umsetzen muss. Internationale Zusammenarbeit wird dort nur noch als unterstützende Maßnahme gesehen. Im Pariser Abkommen bilden die Nationally Determinded Contributions (NDCs) den Kern der Klimaschutzmaßnahmen. Die Teilnehmerstaaten legen in diesen ihre Ziele sowie ihre jeweilige Kombination aus Politikansätzen und Instrumenten fest (z.B. erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Landnutzung) fest.

Die Verhandlungen um das Regelwerk des Pariser Abkommens sind noch nicht abgeschlossen. So wurde im Dezember 2019 bereits zum zweiten Mal der finale Beschluss zum Artikel 6, der die internationale Kooperation beim Klimaschutz regeln soll, auf die nächste COP vertragt. Das Pariser Abkommen sieht solche Mechanismen bereits vor, nur die Ausgestaltung war noch unklar. Durch einen globalen Marktmechanismus kann die Teilung der Welt in Entwicklungs- und Industriestaaten hinter sich gelassen werden: Sowohl die Treibhausgasemissionen als auch die Kosten für ihre Vermeidung sind überall auf der Welt unterschiedlich hoch. Auf Grund des höheren Energiebedarfs ist der CO2-Ausstoß in den Industrieländern höher als in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Dort sind allerdings die Vermeidungskosten deutlich geringer, denn veraltete Technologien lassen sich für vergleichsweise wenig Geld durch effizientere Alternativen ersetzen. In den Industrienationen müssen dagegen oft moderne durch modernste Anlagen ersetzt werden. Das ist sehr viel teurer. Für den Klimaschutz ist es sinnvoll, wenn Länder mit viel Geld und hohen Vermeidungskosten in Ländern mit wenig Geld und niedrigen Vermeidungskosten investieren, ohne dabei die eigenen Anstrengungen zu reduzieren. Internationale Kooperation ist daher eine gute Möglichkeit, möglichst viel Klimaschutz aus jedem eingesetzten Euro herauszuholen. Insbesondere die Entwicklungsländer, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, müssen jetzt finanziell unterstützt werden, um emissionsarme Technologie aufzubauen.

COP 26 in Madrid

Die letzten Verhandlungen in Madrid zeichneten sich ebenfalls durch erschwerte Bedingungen aus. Noch nie wurde eine Weltklimakonferenz so sehr überzogen wie im vergangen Jahr: 40 Stunden längere Verhandlungen, als geplant. Brasiliens Forderung alte Zertifikate aus der Zeit des Kyoto-Protokolls weiter zu nutzen, blockierte jeglichen Verhandlungsspielraum. Der Markt würde durch diese Zertifikate überschwemmt und manche Staaten hätte sich so günstig von Klimaschutzverpflichtungen freikaufen können. Dieses Szenario war für viele ambitionierte Staaten, Deutschland auch darunter, nicht tragbar. Deshalb gab es lieber keine Entscheidung. Selbst das Ziel höhere nationale Selbstverpflichtungen bis 2030 festzulegen, wurde unter den Mitgliedsstaaten nicht erreicht. Saudi-Arabien und Indien lehnten diese beispielsweise ab, weil zunächst die Industriestaaten der „alten Welt“ schärfere Klimaziele vorlegen sollten. Auch die großen CO2-Emittenten wie China oder Russland haben sich zu keinerlei Zusage verpflichtet. Hinzukommt zum wiederholten Male die Blockierhaltung der USA: Sie gehören zu den drei größten CO2-Emittenten weltweit und sind unter Trump aus dem Pariser Abkommen ausgetreten. Im nächsten Jahr werden sie nicht mehr an der COP teilnehmen und laut Beobachtern haben sie auch in Madrid einige Beschlüsse blockiert.

Die großen Fragen der nächsten COP in Glasgow sind also nicht nur die Weiterverhandlung zum Artikel 6 und den nationalen Selbstverpflichtungen. Es ist die Frage nach dem Umgang mit Blockiererstaaten in einem multilateralen Gefüge. Wie kann internationaler Klimaschutz funktionieren, wenn einzelne Staaten versuchen, diesen zu blockieren?

Hoffnungsträger Emissionshandel

Ein Hoffnungsträger besteht und zwar ist es einer der Mechanismen, die mit dem Kyoto-Protokoll vereinbart wurden: Der Emissionshandel. Dieser trägt seit 15 Jahren dazu bei, CO2 in der EU massiv zu reduzieren und hält die dabei entstehenden Kosten sehr gering. Ein globaler Emissionshandel würde durch einen weltweit einheitlichen CO2-Preis Emissionen auf der ganzen Welt effektiv und kostengünstig reduzieren. Der europäische Emissionshandel steht zudem nicht alleine da. 27 Emissionshandelssysteme sind momentan unter anderem in Kalifornien oder Neuseeland in Betrieb. In diesem Jahr wird auch in China, einer der weltweitgrößten Emittenten, ein Emissionshandel eingeführt. Durch eine schrittweise Verbindung dieser bestehenden Systeme, könnte durch internationale Kooperation die weltweite Reduktion von CO2-Emissionen erfolgen.

© Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Klimaschutz kann nur durch gemeinsames Verhandeln und Kompromisse sowie ein konstruktives Miteinander der Weltengemeinschaft erzielt werden. Je länger auf nationale Interessen gepocht wird, desto später kommt es zu den Kompromissen, die wirksam zum Klimaschutz beitragen. Insbesondere die großen Industrienationen, die zu den größten CO2-Emittenten gehören, müssen gemäß dem Verursacherprinzip in die Verantwortung genommen werden. Das Kyoto-Protokoll hat den Grundstein für diese Zusammenarbeit gelegt und auch in den nachfolgenden Klimaverhandlungen muss dieses Erbe weitertragen werden. Spannend bleibt auch die Rolle der USA. Gibt ein Land seinen Austritt aus dem Pariser Klimaschutzabkommen bekannt, dauert es noch ein weiteres Jahr, bis dieser vollzogen ist. Genau einen Tag vor dem Austritt, am 03. November 2020, finden jedoch Präsidentschaftswahlen in den USA statt. Die meisten Kandidierenden der US-Demokraten setzen sich für eine klimafreundlichere Politik ein. Es besteht also noch Hoffnung für den internationalen Klimaschutz.

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