Zollstreit mit USA
Trump´s Tariffs
Trumps angekündigte Strafzölle auf EU-Importe drohen, den transatlantischen Handel zu lähmen.
© picture alliance / SvenSimon | Frank Hoermann/SVEN SIMON„Wenn man Frieden will, muss man sich auf den Krieg vorbereiten.“ Diese deutlichen Worte des dänischen Außenministers Lars Lokke Rasmussen fassen die Lage der EU treffend zusammen, nachdem Donald Trump am vergangenen Wochenende zum 1. August die Einführung eines 30-prozentigen Zolls auf fast alle amerikanischen Einfuhren aus der EU angekündigt hat. Dies geschah mitten in laufenden Verhandlungen – eine ungewöhnlich scharfe Gangart, um es noch vorsichtig zu formulieren.
Man darf sich da nichts vormachen. Der slowakische Handelskommissar der EU Maroš Šefčovič brachte es auf den Punkt: Ein allgemeiner Zoll von 30 Prozent würde den transatlantischen Handel praktisch zum Erliegen bringen und die Wertschöpfungsketten auf breiter Front zerstören. Wie sollte die EU darauf reagieren?
Freier Handel fördert den Wohlstand, darüber ist sich die überwältigende Mehrheit der Ökonomen einig. Einseitiger Protektionismus schadet allen Handelspartnern, ein Handelskrieg mit gegenseitigen Zöllen schadet aber allen noch mehr. Deshalb kommen manche Ökonomen wie jüngst Thomas Mayer zu dem Schluss, die EU sollte im Falle, dass Trump seine Drohung wahrmacht, auf Gegenmaßnahmen verzichten, weil die USA sich – zumindest langfristig – damit selbst schaden, wie schon vor fast 100 Jahren der massive amerikanische Zollschutz des Smoot-Hawley Acts von 1930 zeigte.
Diese Empfehlung entstammt dem volkswirtschaftlichen Lehrbuch, nicht der politischen Realität. Sie ist naiv. Sie verkennt völlig, dass Donald Trump mit seinen aggressiven Zolldrohungen nicht nur eine – fragwürdige, wenn nicht unsinnige – Re-Industrialisierung Amerikas mit der Produktion von Autos, Maschinen und Stahl im eigenen Land verfolgt, sondern auch blanke internationale Machtpolitik betreibt. Er will seinen Wählern und der Welt beweisen, dass die USA nach eigenem Gutdünken Europa in die Knie zwingt, also der EU Zugeständnisse abringt, die in normalen Verhandlungen auf Augenhöhe nicht zu erreichen wären. Er will zeigen, was MAGA („Make America Great Again“) bedeutet: das Recht des Stärkeren zur Durchsetzung dessen, was zu seinem Nutzen ist.
Die EU darf diesem Druck nicht nachgeben. Täte sie es, würde sie sich davon im geo- und wirtschaftspolitischen Machtkampf kaum noch erholen können. Sie muss ein Paket von Gegenmaßnahmen schnüren, das belegt, dass Europa den USA im Interessenkampf der großen Wirtschaftsmächte der Welt ebenbürtig ist. Das ist ohne Weiteres möglich, denn während die EU im bilateralen transatlantischen Handel mit industriellen Gütern einen Überschuss aufweist, gilt Analoges für die USA im Handel mit Dienstleistungen, vor allem den Exporten der Tech-Giganten aus Kalifornien. Die Verwundbarkeit im Handel ist eben viel symmetrischer als allein der Blick auf die Handelsbilanz suggeriert. Eine Steuer auf digitale Services könnte die USA empfindlich und hart treffen.
Aber einen offenen Handelskrieg sollte eigentlich keiner wollen. Es bleibt deshalb abzuwarten, was geschieht, wenn Europa glaubwürdig mit scharfen Gegenmaßnahmen zum 1. August droht. Dies setzt allerdings auf europäischer Seite ein hohes Maß an Einigkeit voraus. Nur die könnte Donald Trump zur Räson bringen. Immerhin: Er ist für seine plötzlichen Kehrtwenden längst legendär, obwohl erst ein halbes Jahr im Amt. Jedenfalls muss Europa Stärke zeigen – bei gleichzeitiger Bereitschaft, jederzeit auf Augenhöhe zu verhandeln. Gleichzeitig muss die EU sich endlich ernsthaft um andere große Handelspartner bemühen, um in künftigen Auseinandersetzungen mit den USA besser gewappnet zu sein. Amerika ist mächtig und wohlhabend, aber nicht allein auf der Welt. Donald Trump muss diese Lektion noch lernen. Europa sollte ihm dabei helfen.