TAIWAN
„Verfechter der Demokratie müssen zusammenstehen“
Tsai Ing-wen receiving FNF recognition in FNF Berlin Office
© MOFA TaiwanTsai Ing-wen, ehemalige Präsidentin Taiwans, besuchte die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF) in Berlin. Angesichts großer Spannungen mit China forderte sie eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Demokratien.
Dr. Tsai, das erste weibliche Staatsoberhaupt und eine Schlüsselfigur für Taiwans Weg zu einer gefestigten Demokratie, war anlässlich der jährlichen Berlin Freedom Week in der deutschen Hauptstadt. In den Räumen der Stiftung wurde sie von Professor Karl-Heinz Paqué, dem Vorstandsvorsitzenden, empfangen. Paqué überreichte Tsai eine Freundschaftsurkunde, die ihre Führungsrolle bei der Förderung demokratischer Zusammenarbeit in Asien würdigt. Diese Geste solle, so Paqué, das Bekenntnis der Stiftung zur Unterstützung der taiwanischen Demokratie und ihrer Widerstandskraft gegenüber dem Druck der Volksrepublik China unterstreichen.
„Angesichts einer zunehmend komplexen Weltlage mit wachsendem Autoritarismus und geopolitischer Unsicherheit ist es wichtiger denn je, dass die Verfechter der Demokratie zusammenstehen“, sagte Tsai.
Professor Paqué schloss sich dieser Botschaft an und warnte, dass Pekings Ambitionen weit über die Taiwanstraße hinausreichten. „Die Volksrepublik setzt nicht nur Taiwan unter Druck, sondern die liberale Weltordnung. insgesamt“, sagte er.
Tsai Ing-wen with Anna Marti Former Head of FNF Global Innovation Hub
© Friedrich Naumann Foundation for FreedomDie Stiftung, die 2021 ein Büro in Taipeh eröffnete, arbeitet eng mit zivilgesellschaftlichen Gruppen, Politikern und Nachwuchskräften zusammen, um Demokratie und Innovation in Asien zu fördern. Die FNF unterhält langjährige Beziehungen zu Taiwans Democratic Progressive Party (DPP), einem Gründungsmitglied des Council of Asian Liberals and Democrats (CALD).
Die enge Partnerschaft wurde erneut sichtbar, als die Stiftung und CALD Ende Oktober den Film Invisible Nation in Bangkok zeigten. Der Film zeichnet Tsais Präsidentschaft und Taiwans Umgang mit zunehmenden Spannungen in der Taiwanstraße nach.
In dem Film blickt Tsai auf Taiwans politischen Wandel seit dem Ende autoritärer Herrschaft zurück. „Wir haben einen weiten Weg vom Autoritarismus zu einer freien und offenen Demokratie hinter uns“, sagt sie. „Und dieser Weg ist kein leichter. “
Peking verurteilt seit jeher alles, was Taiwan auch nur den Anschein internationaler Legitimität verleihen könnte. In einer Rede zum Nationalfeiertag am 30. September gelobte Xi Jinping, „Abspaltungsbestrebungen, die auf die Unabhängigkeit Taiwans zielen, sowie äußerer Einmischung entschlossen entgegenzutreten“.
Anfang dieses Jahres warnte Chinas Außenminister Wang Yi Japan und andere Regierungen davor, Taiwan in sicherheitspolitischen Debatten ins Spiel zu bringen, und bezeichnete die Einschätzung, ein Konflikt um Taiwan würde Japan gefährden, als „Propaganda“. Seine Kommentare sorgten erneut für Aufmerksamkeit, nachdem Japans neu gewählte Premierministerin erklärte, ihre Regierung könne im Fall einer Krise um Taiwan auch ein militärisches Eingreifen in Betracht ziehen.
Die Spannungen eskalierten auch in diesem Herbst, als der deutsche Außenminister Johann Wadephul eine geplante Reise nach China absagte, nachdem er Pekings Vorgehen in der Taiwanstraße kritisiert hatte. In einem Telefonat erinnerte Wang Yi daran, dass China die Wiedervereinigung Deutschlands unterstützt habe, und forderte Deutschland auf, sich „allen separatistischen Handlungen zur Unabhängigkeit Taiwans“ entgegenzustellen.
Tsais Auftritt in Berlin, wo sie auf der Freedom Week eine Keynote hielt, verstärkte die diplomatischen Spannungen zusätzlich. In ihrer Rede mit dem Titel „Threats Facing Democracies: Taiwan’s Experience Defending Freedom“ rief sie zu einer vertieften sicherheitspolitischen Zusammenarbeit demokratischer Staaten auf.
Derzeit erleben wir fast täglich wachsende Bedrohungen und Einschüchterungen
In Berlin und während ihrer gesamten Präsidentschaft war Tsais Botschaft unmissverständlich: Taiwans Ringen sei keine regionale Frage, sagte sie, sondern ein Prüfstein für die Entschlossenheit der Demokratien weltweit.
*Hnin Wint Naing ist Regionale Kommunikationsreferentin im Büro Südost- und Ostasien der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Jim Hsu-sung Wu ist Kommunikationsreferent und Programmassistent beim Global Innovation Hub in Taipeh.