Nordkorea und Russland
Nordkorea und Russland bauen ihre Kooperation aus
Der russische Präsident Wladimir Putin (l.) und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-Un (r.) in Pjöngjang.
© Foto: Von Kremlin.ru, CC BY 4.0, Link.Die russisch-nordkoreanischen Beziehungen machen „beachtlichen Fortschritte“ wie die Außenministerin Nordkoreas Choe Son Hui während ihres Staatsbesuchs in Russland erklärte.
Es gibt mehrere Hinweise dafür, dass es sich nicht nur um politische Rhetorik habdelt: Zahlreiche hochrangige Treffen zwischen Vertretern der beiden Länder in den vergangenen vier Wochen, ein neuer Bericht des südkoreanischen Geheimdiensts zu einer Ausweitung der nordkoreanischen Unterstützung für den russischen Angriffskrieg sowie eine beschlossene Propaganda-Kooperation zwischen beiden Staaten. Das wohl deutlichste Anzeichen ist der Baufortschritt der 1,3 Kilometer langen Brücke über den Grenzfluss Tuman-Gang zwischen Russland und Nordkorea.
Straßenbrücke über den Tuman-Gang
Eine Auswertung von Satellitenaufnahmen durch den US-Thinktank Center for Strategic & International Studies (CSIS) zeigt deutliche Fortschritte beim Bau der Straßenbrücke. Die benachbarte Eisenbahnbrücke – die bisher einzige Landverbindung – wird seit 2022 stark befahren. Das deutet auf einen regen Handel zwischen den beiden Ländern hin. Unabhängig davon, ob die Brücke ein reines Propagandabauwerk oder aufgrund der Auslastung der Eisenbahnbrücke eine notwendige Erweiterung der Infrastruktur ist, symbolisiert der schnelle Fortschritt des Bauprojekts die schnell wachsenden bilateralen Beziehungen und das diese als langfristig angesehen werden.
Delegationsreisen
Neben dem Staatsbesuch der nordkoreanischen Außenministerin in Moskau reiste eine russische Delegation anlässlich des 80. Jahrestags der Gründung der Nordkoreanischen Arbeiterpartei nach Pjöngjang – angeführt vom ehemaligen russischen Präsidenten und heutigen stellvertretenden Vorsitzenden des Sicherheitsrats Dimitri Medwedew. Dabei waren auch Vertreter des Verteidigungs-, Außen- sowie Natürliche Ressourcen und Umweltministeriums. Abgedeckt waren damit jene Bereiche in denen beide Staaten zuletzt immer stärker kooperierten.
Im Anschluss an diese Delegation reiste Außenministerin Choe Son Hui nach Moskau. Dort traf sie ihren russischen Amtskollegen Sergej Lawrow und pries dabei die “beachtlichen Fortschritte” der bilateralen Beziehungen der beiden Länder. Einen Tag später besprach sie sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Neun Tage später entsandte Moskau eine hochrangige Militärdelegation nach Pjöngjang. Laut nordkoreanischen Staatsmedien besprachen beide Seiten Kooperation und Austausch zwischen ihren militärpolitischen Organisationen. Federführend waren der stellvertrete Verteidigungsminister Viktor Goremykin, der zusätzlich das Hauptdirektorat für Militärpolitik leitet, sowie sein nordkoreanischer Pendant Pak Yong-il.
Staatliche Medien berichteten nur geringfügig über die Besuche und es wurden keine konkreten Maßnahmen verkündet. Dies ist allerdings nicht unüblich.
Geheimdienstbriefing
Der südkoreanische Geheimdienst hat Anfang November berichtet, dass Nordkorea zusätzliche Soldaten für den Einsatz im russischen Angriffskrieg rekrutiert und ausbildet. Details wurden jedoch nicht bekannt. Zudem hat der südkoreanische Geheimdienst theoretisch Anreize, dass nordkoreanische Engagement und die russischen Gegenleistungen zu übertreiben, um innenpolitisch und gegenüber den USA das Bedrohungsszenario zu verschärfen. Die südkoreanischen Agenten waren bei der Bewertung der russisch-nordkoreanischen Kooperation bisher jedoch recht zuverlässig. Der Bericht ist deswegen ein ernstzunehmender Indikator für die sich weiterentwickelnden Beziehungen zwischen den beiden Staaten.
Propagandakooperation
Nordkoreas Botschafter in Moskau Sin Hong-chol und Bella Cherkesova vom russischen Ministerium für digitale Entwicklung, Kommunikation und Massenmedien unterzeichneten ein Medienabkommen. Auch die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA sowie der russische Medienstaatskonzern Rossiya Segodnya vereinbarten eine intensivere Zusammenarbeit. In den Verträgen sichern sich beide Parteien zu, Publikationen und Bildmaterial zu teilen und sich in Fragen der Berichterstattung besser abzustimmen. Die Abkommen zeigen die Bemühungen, die jeweilige Propaganda zu koordinieren und innenpolitisch die Wahrnehmung der Gegenseite zu verbessern.
Der Feind meines Feindes ist mein Freund
Das gemeinsame Infrastrukturprojekt ist sicherlich das deutlichste Symbol über die vertieften bilateralen Beziehungen zwischen der Russischen Föderation und der Demokratischen Volksrepublik Korea. Solange beide Staaten das gemeinsame Interesse an einer Disruption der bestehenden internationalen liberalen Ordnung sowie der Kampf gegen “den Westen” eint, werden auch die zwischenstaatlichen Beziehungen Fortschritte machen. Ganz gemäß dem alten Motto „der Feind meines Feindes ist mein Freund“.
Tim Neubauer absolviert derzeit ein Praktikum im FNF Büro Seoul und hat seinen Schwerpunkt in der Außen- und Sicherheitspolitik. Er verfolgt und analysiert dort relevante globale Entwicklungen für Deutschland, die Europäische Union sowie die NATO im nordatlantischen und indopazifischen Raum. Bisherige Stationen führten ihn von Berlin über Brüssel und Washington, D.C. nach Seoul. Tim hat einen Master in Politikwissenschaft und einen Master in Geschichte von der Universität Mannheim.