EN

Mietendeckel
Der Mietendeckel verschärft die Probleme

Der Berliner Mietendeckel zündet Stufe 2
An einem Wohngebäude in Lichtenberg hängt ein Plakat, auf dem auf die Vermietung von Wohnungen hingewiesen wird.
An einem Wohngebäude in Lichtenberg hängt ein Plakat, auf dem auf die Vermietung von Wohnungen hingewiesen wird. © picture alliance/dpa | Wolfgang Kumm

Ab heute sieht das Gesetz zum Berliner Mietendeckel auch Mietabsenkungen vor. Die Unsicherheiten auf Mieter- und Vermieterseite nehmen damit weiter zu. Bereits die bisherigen Auswirkungen des Mietendeckels sind fatal. Die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen: Das ist wahrlich keine Überraschung!

Am 23. Februar dieses Jahres trat das Gesetz zum Berliner Mietendeckel offiziell in Kraft. Mit dem Gesetz werden in der Hauptstadt sämtliche Mieterhöhungen für die Dauer von fünf Jahren unterbunden. Bei Neuvermietungen richtet sich die zugelassene Miethöhe an festgeschriebene Obergrenzen. Ab heute, also genau neun Monate später, greift nun die zweite Stufe des Mietendeckels. Ab diesem Stichtag müssen Mieten sogar abgesenkt werden, sofern die im Mietendeckel-Gesetz definierten Obergrenzen um mehr als 20 Prozent überschritten werden. Mit dieser Regelung sorgt der Berliner Mietendeckel für weitere rechtliche Unsicherheit auf Mieter- und Vermieterseite.

Bisher wurden alle Eilanträge zum Stopp des Mietendeckels beim Bundesverfassungsgericht abgelehnt. Mit einer endgültigen Entscheidung zur grundsätzlichen Rechtmäßigkeit des Mietendeckel-Gesetzes ist erst im zweiten Quartal 2021 zu rechnen. Berlins ehemalige Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Partei „Die Linke“) gab den Mieterinnen und Mietern indirekt bereits den Ratschlag, eingesparte Mietzahlungen erst einmal zurückzulegen, bis die Rechtmäßigkeit des Gesetzes geprüft ist. Ihr Nachfolger Sebastian Scheel (ebenfalls Partei „Die Linke“) hat diesen Ratschlag nun sogar explizit wiederholt.

Der Mietendeckel schadet den Mieterinnen und Mietern

Auch wenn der Mietendeckel im nächsten Jahr gekippt werden sollte, ist der der bisher angerichtete Schaden enorm. Es ist geradezu ein Lehrstück aus dem Einführungskurs für Wirtschaftswissenschaften: Das Angebot passt sich dem Preis an. Auf einen fixierten Preis reagiert der Markt mit einem Angebotsengpass. Eine Auswertung von Immobilienscout24 zeigt die dramatischen Auswirkungen für die Hauptstadt: Das Gesamtangebot an Mietwohnungen ist innerhalb eines Jahres um sage und schreibe 41,5 Prozent gesunken. Dieser Rückgang wird eindeutig durch das vom Mietendeckel betroffene Segment (Wohnungen mit Baujahr vor 2014) getrieben. Hier lag der Angebotsrückgang sogar bei 59,1 Prozent.

Nun könnte man auf die Idee kommen, dass es sich hierbei um einen coronabedingten Effekt handelt. Doch das ist keineswegs der Fall. Zum Vergleich: In den „Top-6-Städten“ Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf ist das Gesamtangebot an Mietwohnungen im selben Zeitraum um 35,3 Prozent gestiegen. Im Segment der Wohnungen mit Baujahr vor 2014 lag der Angebotszuwachs sogar bei 38,5 Prozent. Die negative Entwicklung auf dem Berliner Mietwohnungsmarkt wird in den anderen deutschen Metropolen somit komplett auf den Kopf gestellt.

Mietendeckel

Der Grund für diese Entwicklung liegt auf der Hand: Der Mietendeckel macht die Vermietung von Wohnungen schlicht unattraktiv. Stattdessen bieten ehemalige Vermieter ihre Wohnung lieber als Eigentumswohnung zum Verkauf an. In diesem Segment ist das Angebot im Laufe des letzten Jahres um 13,2 Prozent gestiegen.

All diese Zahlen verdeutlichen die Absurdität des Mietendeckels. Niemand leidet so sehr unter dem Gesetz wie Berlins Mieterinnen und Mieter, für die die Suche nach einer Mietwohnung immer schwieriger wird. Die Zahl der Kontaktanfragen pro Wohnungsinserat ist im letzten Jahr um unfassbare 172 Prozent angestiegen. Wer bereits in der Zeit vor dem Mietendeckel eine der berühmten Massenbesichtigungen für eine Berliner Mietwohnung mitgemacht hat, hätte sich wohl kaum vorstellen können, dass es noch Steigerungspotenzial gibt. Doch der Mietendeckel macht es möglich!

Auch die internationalen Erfahrungen sind fatal

Diese Entwicklung war vorhersehbar. Es ist nicht so, dass Berlin die weltweit erste Stadt wäre, die sich einen Mietendeckel auferlegt. So gibt es beispielsweise wertvolle Erfahrungen aus New York, Genf oder Stockholm. Ein Blick über den nationalen Tellerrand hätte der rot-rot-grünen Landesregierung schnell klarmachen müssen, dass es sich bei ihrem Vorhaben um keine gute Idee handelt. In allen drei genannten Städten kam es zu einem Angebotsrückgang bei Mietwohnungen (da die Vermietung von Wohnungen unattraktiv wurde), zu massiven Beeinträchtigungen der Bausubstanz (da wichtige Modernisierungen ausblieben) sowie zu einem Lock-In-Effekt (da die Menschen keine neue Wohnung suchen wollten). Eine Verbesserung der Situation wurde hingegen nirgendwo beobachtet.

Deutschland braucht einen Neustart bei der Wohnungs- und Baupolitik

Der Mietendeckel wird die Probleme auf dem Berliner Wohnungsmarkt sicher nicht lösen – ganz im Gegenteil. Doch nicht nur Berlin braucht einen Neustart bei der Wohnungs- und Baupolitik. Überall im Land muss wieder das Prinzip von Angebot und Nachfrage gelten. Steigende Mietpreise lassen sich nur mit einer Ausweitung des Angebots langfristig in den Griff bekommen. Es braucht eine Politik, die Anreize für den Wohnungsbau setzt, die Baukosten niedrig hält, den Erwerb von Wohneigentum erleichtert, das digitale Planen und Bauen vorantreibt und Voraussetzungen für eine moderne Stadtentwicklung schafft. Unser Policy Paper „Internationale Baupolitik“ zeigt, was wir hierbei von anderen Ländern lernen können.