Freiheitsstudie
Stirbt das Gefühl von Freiheit zentimeterweise?
In Deutschland garantiert das Grundgesetz jeder und jedem, frei leben zu können. Doch inwiefern fühlen sich die Deutschen auch frei? Wodurch entsteht überhaupt das Gefühl von Freiheit? Und was bedroht die gefühlte Freiheit aktuell am stärksten? Eine repräsentative Umfrage der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit geht diesen Fragen nach.
Das Gefühl von Freiheit entsteht an der Supermarktkasse, nicht in Gesetzen
Deutschland fühlt sich frei – zumindest auf den ersten Blick. 82 % der Menschen geben an, sich frei zu fühlen und mit ihrem Leben gut zurechtzukommen. Doch diese positive Nachricht verdient einen zweiten Blick. Denn das Freiheitsgefühl der Deutschen ist fragiler, als es zunächst erscheint. Freiheit zeigt sich nicht in erster Linie Parlamentsreden oder Grundgesetzartikeln. Sie wird ganz konkret an der Supermarktkasse, im Straßenverkehr und bei alltäglichen Entscheidungen erlebt.
Für die Freiheitsstudie der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit wurden 1.003 Wahlberechtigte vom Umfrageinstitut dimap befragt. Die Auswertung der Umfrage zeigt ein bemerkenswertes Ergebnis: Ein mögliches Bargeldverbot empfinden 65 % als Bedrohung ihrer Freiheit. Die Vorratsdatenspeicherung hingegen sehen weniger als 50 % als bedrohlich an – obwohl sie zweifelsohne ein Schritt zum gläsernen Bürger wäre.
Wirtschaftliche Freiheit braucht eine neue Erzählung
Wenn abstrakt nach Eigenschaften, die für eine gut funktionierende Gesellschaft wichtig sind, gefragt wird, rangieren wirtschaftliche Freiheit und Wettbewerb nicht an erster Stelle. Fragt man jedoch konkret nach den Bedingungen für persönliche Freiheit, werden sie plötzlich relevant. 93 % halten es für wichtig, im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten die Waren kaufen zu können, die sie möchten.
Wirtschaftliche Freiheit als Begriff dringt scheinbar nicht zu den Menschen durch. Erst wenn deutlich wird, dass wirtschaftliche Freiheit mit alltäglichen freien Kaufentscheidungen einhergeht, wird ihr Wert den Befragten bewusst. Die Bedeutung wirtschaftlicher Freiheit zeigt sich also in konkreten Fragen: Welches Auto kann ich fahren? Wie und wo wohne ich? Wie und wohin fahre ich in den Urlaub? Gibt es im Supermarkt noch amerikanischen Whiskey oder nur noch heimische Williams Birne?
Freiheit bedeutet selbstwirksam, aber nicht alleingelassen zu sein
Die Studie offenbart ein weiteres ermutigendes Ergebnis. 73 % geben an, mit ihren Schwierigkeiten durchaus selbst fertig zu werden. Gleichzeitig wünschen sich 39 % bei der Problemlösung mehr staatliche Unterstützung. Das ist kein Widerspruch – sondern der Auftrag für eine moderne Freiheitspolitik. Die Menschen wollen nicht, dass der Staat ihre Probleme für sie löst, aber durchaus, dass sie dabei Unterstützung erhalten können.
Traditionell bestand der Gesellschaftsvertrag darin, auf einen Teil der eigenen Freiheit zu verzichten, um vom Staat Sicherheit zu erhalten. Heute erwarten Menschen vom Staat, dass er befähigt statt bevormundet. Eine moderne Freiheitspolitik sollte also darin bestehen einen neuen Gesellschaftsvertrag aushandeln, in dem Bürgerinnen und Bürger Autonomie und Befähigung gleichermaßen erleben.
Vertrauen als Währung der Freiheit
66 % der Deutschen haben ein positives Menschenbild und vertrauen darauf, dass ihre Mitmenschen Freiheit verantwortungsvoll nutzen. Paradoxerweise geben aber 51 % an, der Staat müsse vorsorglich Vorschriften erlassen, weil Menschen dazu neigen, Freiheit zu missbrauchen.
Dieses Ergebnis zeigt: Viele glauben abstrakt an das Gute im Menschen, wünschen sich aber konkret Absicherung vor negativen Ausnahmen. Eine liberale Politik muss hier Vertrauen als gutes Vorbild vorleben – denn Freiheit ist kein Risiko, sondern Voraussetzung für gesellschaftliches Vertrauen.
Aus liberaler Sicht lassen sich aus der Studie folgende Handlungsempfehlungen ableiten:
- Wirtschaftliche Freiheit als Ermöglicherin persönlicher Wahlfreiheit verstehen und kommunizieren
- Vertrauen in die Mündigkeit der Bürgerinnen und Bürger stärken, statt regulieren
- Alltagsrelevante Freiheitseinschränkungen transparent machen und kritisch hinterfragen
- Modernen Gesellschaftsvertrag aushandeln: befähigen statt bevormunden
Fazit: Freiheit erklären, ermöglichen und verteidigen
Die Studie zeigt eindrucksvoll: Freiheit in Deutschland ist kein Abstraktum, sondern ein emotional aufgeladener Zustand, der von Vertrauen, Teilhabe und Alltagsautonomie – also dem Gefühl der Selbstwirksamkeit – abhängt. Wer Freiheit sichern will, muss sie erklären, ermöglichen und gegen die kleinen, täglichen Einschränkungen verteidigen.
Die Freiheitsstudie der Friedrich-Naumann-Stiftung macht deutlich: Deutschland braucht eine liberale Politik, die Freiheit konkret dort verteidigt, wo sie gelebt wird – im Supermarkt, auf der Straße und bei persönlichen Entscheidungen. So bleibt das Versprechen der liberalen Demokratie auch im Alltag der Menschen spürbar.