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Präsidentschaftswahlen
Neue Regierung: Aufbruch für Guatemala?

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Moises Castillo

Voters line up at a poling station during general elections in Sumpango, Guatemala, Sunday, March 25, 2023.

© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Moises Castillo

Die Guatemalteken suchen händeringend nach Verbesserungen in ihrem Land. Kampf gegen die Armut, Kampf gegen Unterernährung, Kampf gegen die Korruption sind seit langem drängende Herausforderungen, welche die Kandidaten im Wahlkampf versprachen zu lösen. Wird die neu gewählte Regierung Synonym eines Aufbruchs für das bevölkerungsreichste Land Zentralamerikas?

Am 25. Juni standen in Guatemala das Präsidentenamt, 160 Abgeordnetenmandate und 340 Bürgermeisterämter zur Wahl. Wider Erwarten lag die Wahlbeteiligung höher als prognostiziert, 60,38 % der wahlberechtigten Guatemalteken gingen zu den Urnen. Dennoch spricht die bewusste Abgabe von ungültigen Stimmen (17%) für die Enttäuschung vieler Bürger und der Verlust ihres Vertrauens in die derzeitigen Mandatsträger. Der amtierende Präsident Alejandro Giammattei ist in Lateinamerika der Amtsinhaber mit der geringsten Zustimmung der Bevölkerung (lediglich 8%). Dies ergibt sich aus einer Amtszeit, in der die Korruption florierte, die Gewaltenteilung sich aufzulösen drohte und kritische Stimmen verfolgt wurden.

Seit Jahren hemmen große Herausforderungen die reale Entwicklung des Landes. Die Abwehr extremer Armut und der Unterernährung haben sich schon die vergangenen und die amtierende Regierung auf die Fahnen geschrieben. Aber eine reale Verbesserung der Situation scheint unmöglich, wenn die Staatsstrukturen von überbordender Korruption geplagt sind. Auch in diesem Wahlkampf waren diese Themen neben wirtschaftlicher Entwicklung und Kampf gegen das organisierte Verbrechen wichtiger Bestandteil fast aller Wahlprogramme.

Die sichtbarsten Kandidaten

Manuel Conde sei der Kandidat des amtierenden Präsidenten Alejandro Giammattei gewesen. Er musste sich mit dem dritten Platz abfinden, mit ca. 4% weniger Stimmen als der linksgerichtete Kandidat, Bernardo Arévalo.  Arévalo erreicht überraschenderweise die Stichwahl. Er ist Sohn des ehemaligen Staatspräsidenten Arévalo Bermejo, der zwischen 1945 und 1951 einen dezidierten Reformkurs voranbrachte, nachdem die Militärdiktatur ein Ende fand. Bernardo Arévalo bezeichnet sich selber als Sozialdemokrat und ist Gründer der linken Partei Semilla, die 2015 von den Bedenken der Bevölkerung hinsichtlich der von der UN-Antikorruptionskommission aufgedeckten maßlosen Korruption profitierte.

Sollte sich Arévalo in der Ballotage gegen Sandra Torres durchsetzen, ist eine linke bis radikal linke Regierung zu erwarten. Frau Torres generiert aufgrund von Vorwürfen der Verstrickung mit Drogenkartellen und illegaler Wahlkampffinanzierung wesentlich mehr Antikörper in der Bevölkerung als Arévalo.  Darüber hinaus hat sich Arévalo vorgenommen mehr Jobs durch öffentliche Finanzierung von Infrastrukturprojekten zu schaffen. Ebenfalls gibt es viele Fragenzeichen über den Umgang mit den kritischen Stimmen und dem Privatsektor unter seiner möglichen Regierung. Vor dem Hintergrund dieser Ausgangslage ist zu bezweifeln, dass eine linksgerichtete Politik einen Aufbruch für Guatemala mit sich bringen wird. Die zweite Runde ist für den 20. August vorgesehen.

Für die liberale Familie ist positiv, dass sich in der Hauptstadt aus Kolonialzeiten, La Antigua, der liberale Kandidat Juan Manuel Asturias gegen den amtierenden Bürgermeister mit 723 Stimmen mehr durchgesetzt hat. Er wird eine kleine Kolonialstadt mit 60.000 Einwohnern und dem zweitgrößten Pro-Kopf-Einkommen (8.000 USD) nach Guatemala-Stadt (20.000 USD) regieren. Aber die Stadt steht auch großen Herausforderungen gegenüber, insbesondere in teilweise noch sehr ruralen Stadtteilen und kleinen Weilern, die zur Stadt zählen. Wasserversorgung und Kanalisation, Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung, Arbeitsplatzmangel und fehlende Investitionen will Asturias dezidiert mit einer geordneten Stadtplanung, Transparenz, Bürgerpartizipation, Technologie und nationalen wie internationalen Partnerschaften Lösungen entgegensetzen, um die Entwicklung der Gemeinde voranzutreiben. Der junge Architekt zählt auf die Unterstützung von vier Stadträten (insgesamt sind es 7) und ist ein großer Hoffnungsträger für La Antigua und den Aufbruch, den das Land so dringend braucht.