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#MeToo
#MeToo und Online-Hass gegen Frauen

#MeToo
© GettyImages- AndreyPopov

#MeToo war einer der viralsten Hashtags der letzten Jahre und hat damit vielen Geschichten von Opfern sexualisierter Gewalt eine große Öffentlichkeit verschafft. Ausgelöst wurde die Bewegung durch die 2017 bekannt gewordenen Vergewaltigungs-Vorwürfe gegen den Filmproduzenten Harvey Weinstein. Durch den #MeeToo-Hashtag sollten die vielen sexuellen Übergriffe gegen Frauen sichtbarer werden, die sie täglich erleiden. Die schiere Menge an Geschichten hat damals die Öffentlichkeit überwältigt. Auch wenn die Reaktionen von Schock bis Ablehnung reichten. Der Hashtag ging um die Welt, wurde sogar in verschiedene Sprachen übersetzt, und hat damit vielen Opfern sexueller Gewalt die Kraft gegeben, sich und ihre Geschichte zu offenbaren.

Seitdem hat auch das Thema Online-Hass und digitalisierte Gewalt, insbesondere gegen Frauen, immer mehr Öffentlichkeit erfahren. In Deutschland wurde dies durch die Gründung vieler Initiativen deutlich, die Opfer von Online-Hass mit Beratung und rechtlicher Unterstützung zur Seite stehen. Ein Beispiel ist die Initiative HateAid. Aber auch diese Strukturen können aktuell noch nicht so wirksam helfen, wie sie gerne wollten. Die Prozesse zur Anzeigenerstattung gegen möglicherweise strafbare Inhalte und zur Durchsetzung von Schadenerstatzansprüchen auf zivilrechtlichem Weg sind noch viel zu kompliziert. Sieben konkrete Vorschläge, wie es besser gehen kann, machten Maren Jasper-Winter und Ann Cathrin Riedel im Jahr 2020 in einem Gastbeitrag.

Die Ampel-Koalition hat sich des Themas nun auch im Koalitionsvertrag angenommen. Hasskriminalität und ihre Motivation soll besser statistisch erfasst werden. Das ist gerade in Bezug auf Frauen auch leider notwendig. Aktuell weist die Polizeiliche Kriminalstatistik diese nicht gesondert aus. Es gibt zwar schon seit Längerem Statistiken zu politisch motivierter Kriminalität. Im Bereich der politisch motivierten Hasskriminalität sind seit dem Erhebungszeitraum 2020 auch Straftaten gegen Geschlecht oder sexuelle Identität erfasst. Online-Hass gegen Frauen ist aber kein Phänomen, das sich nur auf eine politische Motivation begrenzt. Die traurige Wahrheit ist, dass Online-Hass gegen Frauen ein Massenphänomen ist. Deshalb braucht es dringend eine bessere Datenlage, um die Entwicklung zu beobachten und kriminalpolitische Maßnahmen ableiten zu können.

Der Koalitions-Vertrag sieht außerdem vor, dass mit einem "Gesetz gegen digitale Gewalt" rechtliche Hürden bei Auskunftsrechten abgebaut und die Rahmenbedingungen für elektronische Verfahren zur Anzeigenerstattung und für private Verfahren geschaffen werden sollen. Nicht nur der Fall Künast hat gezeigt, welch langen Atem Opfer derzeit brauchen, um gegen Täter vorgehen zu können. Viele Frauen geben schon deshalb eine Anzeige erst gar nicht auf oder reichen keine Klage ein. Niedrigschwellige Online-Verfahren für Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Netz, z.B. über sogenannte e-Courts, wären eine deutliche Verbesserung der Lage. Erfreuliche Entwicklungen gibt es bereits im Bereich der Strafermittlungen gegen Hasskriminalität. Bei der Staatsanwaltschaft Köln etwa wurde im Jahr 2018 ein Sonderdezernat zur Verfolgung von Hasskriminalität eingerichtet. Mehr solcher Strukturen sollten folgen.

Hass und Gewalt gegen Frauen finden aber weiterhin nicht nur online statt. Die meisten Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffe geschehen in Ehe und Partnerschaft, das ergeben immer wieder Befragungen. Allerdings ist die Dunkelziffer hier sehr hoch, die wenigsten der Taten werden offiziell zur Anzeige gebracht. Die letzte Kriminalistische Auswertung zur Partnerschaftsgewalt für das Jahr 2020 hat dennoch gezeigt, dass häusliche Gewalt insgesamt kontinuierlich ansteigt. Zu über 80 Prozent sind Frauen die Opfer. Es ist davon auszugehen, dass sich während der Corona-Pandemie häusliche Straftaten aufgrund der isolierten Situation sogar noch verschärft haben. Weltweit schlugen Hilfeorganisationen Alarmund Hilfestrukturen wie Frauenhäuser berichteten von Überlastung.

Die durch #MeToo angestoßene Debatte lässt hoffen, dass sich das Thema Online-Hass gegen Frauen nun langfristig auf der politischen Agenda festgesetzt hat. Bis Online-Debatten in ganz reales Handeln umgesetzt werden, braucht es aber bekanntlich auch seine Zeit. Deshalb soll etwas mehr als vier Jahre nach dem Aufkommen des Hashtags in einer Online-Veranstaltung am 08.02.2022 eine Bestandsaufnahme vorgenommen werden. Was bleibt von der Debatte, welche rechtlichen und gesellschaftlichen Veränderungen lassen sich feststellen und was ist noch zu tun?