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Afghanistan

Das Recht auf Bildung für Frauen und Mädchen in Afghanistan

Am 15. August 2023 ist es zwei Jahre her, dass die Taliban die demokratische Regierung in Kabul gestürzt haben und die Macht als Ergebnis einer politischen Vereinbarung in Doha-Stadt übernommen haben. Die darauffolgenden Entwicklungen besiegelten nicht nur das Schicksal der jungen afghanischen Demokratie, sondern beinhalteten auch grausame Menschenrechtsverletzungen. Bis heute haben die Taliban de facto die „Geschlechter-Apartheid“ wieder eingeführt, die bereits ihre erste Herrschaft zwischen 1996 und 2000 kennzeichnete.

In den letzten zwei Jahren waren die afghanischen Frauen systematischen Diskriminierungen und Misshandlungen ausgesetzt. Auch ihr Zugang zum öffentlichen Leben wurde stark eingeschränkt. Der Führer der Taliban, Mullah Habatullah Akhundzada, hat mehr als zwanzig Dekrete über den Status der Frauen erlassen, die ihnen jegliche aktive Rolle in der Gesellschaft nehmen.

Ein zentraler Eckpfeiler der Taliban-Herrschaft ist der direkte Angriff auf das Recht der Frauen auf Bildung. Schritt für Schritt wurde der Zugang von Mädchen und Frauen zu Bildungseinrichtungen eingeschränkt. Mädchen sind von der Sekundarstufe ausgeschlossen und seit dem 20. Dezember 2022 ist Frauen der Zugang zu Hochschulen verwehrt. Expertengruppen, die die Situation in Afghanistan, insbesondere im Rahmen der Sonderverfahren des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen, verfolgen, haben zahlreiche Beweise für systematische Menschenrechtsverletzungen vorgelegt.

Wie dieses Policy Paper zeigt, finden diese Verstöße trotz Afghanistans internationaler Verpflichtungen statt. Als Mitglied der internationalen Gemeinschaft hat Afghanistan viele internationale Menschenrechtskonventionen und -verträge unterzeichnet und ratifiziert. Die Taliban sind unabhängig von einer völkerrechtlichen Anerkennung durch die internationale Gemeinschaft verpflichtet, die Rechte der Frauen zu respektieren und Maßnahmen zu ihrer wirksamen Umsetzung zu ergreifen. Offensichtlich haben die Taliban es nicht nur versäumt, afghanische Frauen zu schützen, sondern sie haben auch aktiv ihre Menschenrechte verletzt. 

Dieses Policy Paper befasst sich außerdem mit der Verantwortung der internationalen Gemeinschaft. Zunächst einmal ist das Recht auf Bildung ein universelles Menschenrecht, und die universelle Gültigkeit dieser Rechte sollte für alle Mitglieder der Vereinten Nationen ein wesentliches Anliegen sein. Angesichts des derzeitigen politischen Klimas in Afghanistan ist es äußerst schwierig, Druck auf die Taliban auszuüben, um die Menschenrechte durchzusetzen. Es besteht dennoch eine internationale Verantwortung, nach Möglichkeiten zu suchen, die Situation der Frauen in Afghanistan zu verbessern. Diese Pflicht obliegt vor allem den Ländern, die nach der Resolution 1378 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen mehr als zwanzig Jahre lang in diesem Land präsent waren.

Obwohl die Situation nach wie vor schwierig ist und die Möglichkeiten der westlichen Politik begrenzt sind, gibt dieses Papier eine Reihe von Empfehlungen zur Verbesserung der Situation afghanischer Mädchen und Frauen. Dazu gehören die Nutzung der Möglichkeiten, die das Völkerrecht vorsieht, die Ausübung von diplomatischem Druck und die direkte Unterstützung afghanischer Mädchen und Frauen, beispielsweise durch die Förderung von Online-Universitäten. Vor allem aber sollten die politischen Entscheidungsträger die Rechte der Frauen nicht nur als Beiwerk, sondern als integralen Bestandteil der internationalen Politik ernst nehmen.