Autoindustrie
Pragmatismus statt Brechstange
Autowerkshalle
© picture-alliance / Sven Simon | Malte Ossowski/SVEN SIMONAugust 2025: Robert Habeck, der bisher erste Wirtschaftsminister der Grünen, den Deutschland hatte, zieht sich aus der Politik zurück. Parallel dazu kommen Meldungen über den Niedergang der deutschen Automobilindustrie.
Ist das ein Zufall? Keineswegs. Im Jahr 2023, während der Amtszeit von Habeck, beschloss die EU, dass ab 2035 alle neu zugelassenen PKWs einen Nettoausstoß von Treibhausgasen von Null haben müssen. Man war sich einig: Faktisch bedeutet dies das Ende des Verbrennungsmotors, und zwar innerhalb von gerade mal 12 Jahren. Dies war ein typisches Ergebnis grün inspirierter Klima- und Wirtschaftspolitik – nach dem Motto: Man muss der Industrie nur durch höchst ambitionierte harte Zielvorgaben Beine machen, dann wird sie schon laufen und liefern. Es machen dann alle mit – von den Autokonzernen bis zu den Autokunden.
Das klappt aber nicht, wie sich jetzt herausstellt: Die Kunden streiken. Sie kaufen einfach nicht genug Elektroautos, und dies hat absolut nachvollziehbare Gründe: Die Infrastruktur der Ladestationen ist noch unzureichend, und sie bleibt es noch auf lange Zeit. Das gleiche gilt für die Ladekapazität der PKWs, die viele Kundenwünsche offenlässt, trotz vielversprechender Werbesprüche. Schließlich sind die Elektrofahrzeuge zu teuer, und da hilft auch keine noch so offensive Subventionierung, zumal diese an immer engere Haushaltsgrenzen stößt. All dies gilt für Deutschland, eine hochentwickelte wohlhabende Industrienation. Und es gilt natürlich umso mehr für die große Mehrzahl der Länder der Welt, deren Bevölkerungen als Käufer deutscher Automobile in Frage kommen.
Es ist eben auch in der kapitalistischen Marktwirtschaft nicht möglich zu zaubern – trotz dynamischem technischem Fortschritt. Mit der Brechstange lässt sich nichts erzwingen, solange es noch eine freie Wahl der Menschen zwischen unterschiedlichen Produkten gibt. Wer dies trotzdem versucht, schafft einen gigantischen Flurschaden, so wie er derzeit in der deutschen Automobilindustrie zu besichtigen ist - jener Schlüsselbranche, die über Jahrzehnte Millionen von gut bezahlten Arbeitsplätzen hierzulande gesichert hat, direkt in der Autoproduktion sowie indirekt in Zulieferbranchen.
Was tun? Es gibt grüne Ideologen, die der Industrie „Versagen“ vorwerfen und noch mehr dirigistische Eingriffe in den Markt fordern. Dies wäre der völlig falsche Weg. Richtig ist es dagegen, mehr unternehmerische Freiheit zu schaffen, damit wieder mehr Autos produziert werden, die den Käufern zusagen, und zwar Verbrenner genauso wie Elektrofahrzeuge. Dazu müsste das Verbrenner-Verbot 2035 fallen – oder zumindest durch eine realistische terminliche Zielvorgabe ersetzt werden, sagen wir 2050. Dies würde der Industrie jenen zeitlichen Spielraum geben, den sie braucht, um ausgereifte technologische Lösungen zu entwickeln und die Käufer über Design, Qualität und Preis vom Neuen zu überzeugen. Gleichzeitig gäbe es mehr Zeit, jene umfassende Infrastruktur durch staatliche und private Investitionen bereitzustellen, die es für das Elektroauto flächendeckend braucht.
Allerdings setzt dies voraus, dass die Politik bereit ist, einen schweren Fehler einzuräumen und zu korrigieren. Das neue weltwirtschaftliche Umfeld des amerikanischen Protektionismus mit 15 Prozent Zoll auf europäische Autos könnte die Chance dafür bieten, dies auch politisch mit guten Argumenten durchzustehen. Die Zeit der grün inspirierten Planwirtschaft ist eben vorbei. Die neuen geopolitischen Herausforderungen verlangen Pragmatik statt der Brechstange.