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Wirtschaftsordnung
Versteckte Schuldenberge durch öffentliche Unternehmen

In den Ländern und Kommunen entstehen gerade versteckte Schuldenberge, die nicht in deren Kernhaushalten auftauchen.
Badische Staatsbrauerei Rothaus AG

Die Badische Staatsbrauerei Rothaus AG befindet sich zu 100 Prozent in Staatsbesitz. Gibt es Unterschiede zu nichtstaatlichen Brauereien?

© picture alliance/dpa | Philipp von Ditfurth

In den Ländern und Kommunen entstehen gerade versteckte Schuldenberge, die nicht in deren Kernhaushalten auftauchen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), die exklusiv im Handelsblatt veröffentlicht wurde.

Demnach hat sowohl die Zahl als auch die Größe von Staatsunternehmen in den vergangenen 14 Jahren stark zugenommen. Gab es 2008 noch 14.704 Unternehmen im Eigentum von Bund, Ländern und Kommunen, waren es 2019 bereits mehr als 19.000. Hierdurch ist in den Ländern und Kommunen ein enorme „versteckte“ Verschuldung entstanden, die laut der ZEW-Studie fast 35 Prozent der gesamten Staatsverschuldung ausmacht. Auf die regulären Staatsschulden in Höhe von 2,05 Billionen Euro im Jahr 2019 kommen demnach weitere 718 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten hinzu, die in keinen offiziellen Statistiken zu finden sind. Nach Einschätzung der Studienautoren könnte das wachsende Ausmaß öffentlicher Unternehmen insbesondere auf die Einführung der Schuldenbremsen-Regelung in den Bundesländern zurückzuführen sein.

Bereits im Sommer 2022 hat die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit auf diese Problematik hingewiesen. Die Analyse „Öffentliche Unternehmen in Deutschland“ von Prof. Marcus Sidki von der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen liefert einen umfassenden Überblick über die Bedeutung und das relativ unbekannte Ausmaß der wirtschaftlichen Betätigung öffentlicher Unternehmen in Deutschland. Zudem enthält das Papier eine fundierte wissenschaftliche Einschätzung dazu, inwiefern die zunehmende Wirtschaftstätigkeit öffentlicher Unternehmen überhaupt gerechtfertigt ist. Die Analyse entstand im Rahmen des Freedom Fellowships von Prof. Marcus Sidki am Liberalen Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

Die Studie der Stiftung gibt darüber hinaus Einblick auf die Zusammensetzung und Branchenzugehörigkeit öffentlicher Unternehmen. Der überwiegende Anteil von ca. 87,5 % entfällt auf öffentliche Unternehmen im mehrheitlichen Eigentum von Kommunen, weitere ca. 10 % auf die Unternehmen der Bundesländer. Ferner verteilen sich öffentliche Unternehmen auf unterschiedlichste Branchen, wobei zu beachten ist, dass die reine Anzahl nicht zwingend auf die wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Branchen schließen lässt (siehe Abbildung).

Anzahl öffentlicher Unternehmen 2019 nach Branchen

Prof. Sidki kommt zu dem Schluss, dass öffentliche Unternehmen nur dann eine notwendige Rolle für die deutsche Wirtschaftsordnung ausfüllen, wenn nur durch ihre Wirtschaftstätigkeit (z.B. aufgrund von Einschränkungen des Marktes) die Versorgung der Bevölkerung mit bestimmten Gütern und Dienstleistungen in der gesellschaftlich gewünschten Menge gewährleistet werden kann. Auch sofern öffentliche Unternehmen für eine Intensivierung des Wettbewerbs sorgen, können sie eine im ordnungsökonomischen Sinne positive Wirkung entfalten. Sofern die öffentliche Hand als Regelsetzerin ihre Befugnisse und Gestaltungsmacht derart einsetzt, dass sie öffentlichen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschafft, entsteht jedoch eine marktschädigende und wettbewerbsverzerrende Wirkung.