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Friedensnobelpreis
Friedensnobelpreis an iranische Frauenrechtlerin

Narges Mohammadi
© picture alliance / abaca | SalamPix/ABACA

Ausgezeichnet wird mit Narges Mohammadi eine Frauenrechtlerin, die aus dem engen Umfeld der früheren Nobelpreisträgerin Shirin Ebadin stammt. Der Preis sollte aber vielmehr stellvertretend für die zahlreichen Frauenrechtsaktivistinnen im Iran wahrgenommen werden.

Zur richtigen Zeit

Die Ermordung der jungen Iranerin Mahsa Amini hat sich am 16. September gejährt. Gerade ging das Video einer bewusstlos geschlagenen 16jährigen Schülerin viral, als sie aus einem U-Bahn-Waggon in Teheran gezogen wird. Ihr Name ist Armita Garavand. Sie liegt im Koma. Es sind die Bilder und Einzelschicksale, die nach außen dringen. Die Mehrheit erreicht uns nicht. Das theokratische Regime im Iran verachtet die Bürger- und Menschenrechte seines Volkes. Es verachtet seine Frauen.

Folterer und Henker von Frauen

Nach Artikel 638 des iranischen Strafgesetzbuches droht Frauen bis zu zwei Monate Haft, wenn sie den vorgeschrieben Hjiab nicht tragen. Bis zu 74 Peitschenhiebe drohen einer Frau, wenn sie eine sogenannte „sündige Handlung“ begeht, worunter das Regime schon Flirts zwischen Männern und Frauen verstehen kann – vor der Ehe. Strafverfolgt werden die Frauen. Die Brutalität hat sich nach Berichten von Frauenrechtsaktivistinnen, wie Narges Mohammadi, und Menschenrechts-NGOs in den letzten Jahren verschärft. Es kommt zu Folter, gewaltsamen Verschwindenlassen und der Ermordung von Frauen. Auch Frauen werden öffentlich hingerichtet. 2022 waren es mindestens 16 Frauen. (Quelle Iran Human Rights)

Transnationale Repression

Wir müssen endlich anfangen, nicht immer blindlings die Narrative der Diktaturen zu übernehmen und Termini mit unserem Rechtsverständnis gleichzusetzen. Eine Verurteilung im Iran ist nicht mit einem fairen rechtsstaatlichen Verfahren zu vergleichen. Sie ist ungerecht. Narges Mohammadi wurde nicht verurteilt, sie wurde willkürlich weggesperrt. Die Sittenpolizei ist keine Polizeieinheit im demokratischen Verständnis, sondern eine interne Terroreinheit in einer Diktatur. Iran übt wie andere Diktaturen transnational Repression auf Aktivisten und Aktivistinnen im Exil aus. Regimefreundliche Unterstützer versuchen auch hierzulande die menschenverachtende Wahrheit der Machthaber zu beschönigen und sich einzuschleichen in Ministerien und Behörden. Wir müssen kapieren und uns dieser eigenen Gefahr und Bedrohung auch in Deutschland bewusstwerden.

Unsere Pflicht

Das norwegische Nobelkomittee begründet die Vergabe an Norges Mohammadi auch mit ihrem unerschöpflichen Mut und ihrer Beharrlichkeit. Selbst aus dem Gefängnis heraus, hört sie nicht auf, sich für politische Gefangene einzusetzen. In ihrem Artikel in der New York Times schrieb sie: „The more of us they lock up, the stronger we become.” Frauen und Frauenrechtlerinnen brauchen weltweit unsere Solidarität und unsere politische Unterstützung, nicht nur im Iran. Dringend müsste eine weltweite Women for Future-Bewegung in Gang gesetzt werden, die über den Iran hinausgeht, nach Afghanistan und in viele Länder hinein.