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Veranstaltung
Parität per Gesetz?

Wie schaffen wir mehr Teilhabe für Frauen in Deutschlands Parlamenten?
Panel auf der Veranstaltung
Das Berliner Panel (von links nach rechts): Professor Martin Morlok (ehem. Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Rechtstheorie und Rechtssoziologie an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf), Frau Ulle Schauws MdB (Bündnis 90/Die Grünen ), Moderatorin Alexandra Eul (ehem. Redakteurin des Magazins EMMA), Frau Dr. Maren Jasper-Winter MdA (frauenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion Berlin), Frau Professorin Maria Wersig (Präsidentin des Deutschen Juristinnenbund e.V.) © Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Angesichts eines Frauenanteils von 30 Prozent der Mandate im Deutschen Bundestag - der niedrigste Anteil seit über 20 Jahren - erscheint vielen die Einführung eines Paritätsgesetzes vonnöten, nach dem nur noch Parteien zur Wahl zugelassen würden, die auf ihren Listen gleich viele Frauen wie Männer aufstellen. Doch wäre eine solche gesetzliche Maßnahme wirklich im Sinne eines liberalen Rechtsstaates? Nicht nur verfassungsrechtlich gibt es erhebliche Bedenken gegen ein solches Gesetz, wie es Brandenburg und Thüringen bereits beschlossen haben.

Ein prominent besetztes Panel diskutierte darüber auf Einladung des Länderbüros Berlin-Brandenburg der Stiftung für die Freiheit im Coworking-Space Ahoy! in Berlin-Mitte. Die Veranstaltung wurde eingeleitet durch zwei Impulsvorträge, in denen bereits einige grundsätzliche Positionierungen zum Thema deutlich wurden.

Ein Paritätsgesetz als Verpflichtung für Deutschland?

Frau Professorin Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes, betonte, Deutschland sei nicht nur völkerrechtlich, sondern auch aufgrund des Grundgesetzes dazu verpflichtet, Maßnahmen zur Verbesserung der Repräsentation von Frauen in den Parlamenten zu ergreifen. Es gehe dabei nicht um Sonderrechte für Frauen, sondern vielmehr um die Demokratie an sich.

Maria Wersig
Frau Professorin Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes © Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Gesetzliche Regelung Ausdruck von „ständischem Denken“?

Herr Professor Martin Morlok, ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Rechtstheorie und Rechtssoziologie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, widersprach: Ein solches Gesetz würde der Freiheit und Gleichheit der Wahl zuwiderlaufen. Er führte aus, dass zur Erreichung des an sich unstrittigen Ziels, die politische Teilhabe von Frauen zu verbessern, ein Gesetz keine zielführende Maßnahme sein könne. Ein "ständisches Denken" in Bevölkerungsgruppen, bei dem Regelungen des Wahlrechts an die Zugehörigkeit zu einer Geschlechtergruppe geknüpft sei, bezeichnete er als "vormodern".

Professor Martin Morlok
Herr Professor Martin Morlok, Rechtstheoretiker und Rechtssoziologe aus Düsseldorf © Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Auswege aus dem Parteiendickicht

Dr. Maren Jasper-Winter MdA, die sich als frauenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, aber auch auf Bundesebene als Mitglied der parteiinternen Arbeitsgruppe "Chancen durch Vielfalt" für die Belange von Frauen einsetzt, beschrieb die "Ochsentour" durch das "Parteiendickicht", bestehend aus langen abendlichen Vernetzungs- und Stammtischtreffen, als eine der großen Hürden, denen sich Frauen, aber auch zunehmend Männer ausgesetzt sehen, die sich politisch engagieren wollen. Aber auch strukturell verwurzelte Rollenbilder würden hier eine Rolle spielen - hier müssten die Parteien im ersten Schritt ansetzen.

Ein Gesetz sei demgegenüber ein sehr "scharfes Schwert", die damit einhergehende Einschränkung der Wahlfreiheit läge ihr als Liberale doch schwer im Magen. Sie beschrieb das System der Zielvereinbarungen zwischen Bundes- und Landesverbänden innerhalb der FDP als eine flexiblere Alternative, bei der nicht alles über einen Kamm geschoren werde.

Gleichberechtigung als Teil der politischen DNA

Ulle Schauws MdB, die seit 2013 für Die Grünen im Bundestag sitzt, und dort auch ordentliches Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist, beschrieb die Gleichberechtigung als Teil der politischen DNA der Grünen. Schließlich zähle die Frauenbewegung zu den Gründungsorganisationen der Partei. Sie berichtete auch von einer fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe, die an Vorschlägen arbeitet, wie der Anteil von Frauen im Bundestag gesteigert werden kann.

Am Ende einer leidenschaftlichen Debatte, an der sich auch sachkundige Teilnehmerinnen und Teilnehmer aktiv beteiligten, wurde deutlich, dass – bei aller Unterschiedlichkeit bei der Wahl der Mittel – das Ziel, Frauen bessere Chancen für politisches Engagement zu eröffnen, parteiübergreifend unumstritten ist.