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Meinungsfreiheit
Die Meinungsfreiheit ist in Gefahr!

In Deutschland sind Meinungsfreiheit und Diskussionskultur akut bedroht. Die Gründe: eine feige Universitätsleitung in Hamburg und rot-grün-linke Intoleranz.
Prof. Dr. Dr. h. c. Karl-Heinz Paqué
Prof. Dr. Dr. h. c. Karl-Heinz Paqué © Friedrich-Naumann-Stiftung / photothek

Wer hätte sich das träumen lassen: In Deutschland sind Meinungsfreiheit und Diskussionskultur akut bedroht. Die Gründe: eine feige Universitätsleitung und rot-grün-linke Intoleranz. So sieht es unser Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Paqué, selbst Hochschullehrer sowie acht Jahre lang Dekan und Mitglied des Senats der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.

Innerhalb weniger Tage kam es zu zwei Vorfällen an der Universität Hamburg, die grundlegende verfassungsrechtliche Fragen aufwerfen. Der erste betraf Professor Bernd Lucke, ehemaliger AfD-Politiker, der nach fünf Jahren im Europäischen Parlament an seine Universität nach Hamburg zurückkehrte, um wie früher zu lehren und zu forschen. Zumindest an der Lehre wurde er gehindert - von Studierenden aus dem linken Milieu, die ihn als Nazi beschimpften und sogar tätlich attackierten. Die erste seiner Vorlesungen in der Eröffnungswoche des Semesters kam deshalb nicht zustande, die zweite wenige Tage später musste abgebrochen werden.

Die Erklärung der Universität nach dem ersten Vorfall fiel windelweich aus: Man drückte Bedauern aus, vermied aber eine klare Verurteilung des Vorgangs und wies auch nicht mit der nötigen Klarheit darauf hin, dass man den Dozenten in seinen Rechten und Pflichten konsequent verteidigen würde. Beim zweiten Vorfall gab es zusätzlich den Hinweis, dass die Möglichkeiten zum Schutz von Lehre und Forschung begrenzt seien - mangels polizeilicher Durchsetzungskraft.

Dies ist ein Skandal! Bernd Lucke hat nämlich fünf Jahre lang nichts anderes getan als von seinem demokratischen Recht Gebrauch gemacht, politisch tätig zu sein. Wohlgemerkt: für eine rechtspopulistische, aber nicht als verfassungswidrig verbotene Partei. Die weiteren Umstände sind dabei unbeachtlich - und strittig. So behauptet Lucke treuherzig, er habe doch immer die Neonazis in der AfD bekämpft, solange er Vorsitzender war.

Viele sehen dies anders, auch der Verfasser dieser Zeilen: Höcke in Thüringen, Kalbitz in Brandenburg und Poggenburg in Sachsen-Anhalt, alle drei deutschlandweit bekannte Neonazis, wurden von Lucke aus taktischen Gründen nicht an ihren Umtrieben gehindert. Er war in seiner Partei, um mit dem Schweizer Schriftsteller Max Frisch zu sprechen, der Biedermann, die Neonazis waren die Brandstifter.

Aber das ist im Einzelnen völlig egal. Bernd Lucke ist und bleibt Professor der Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg. Und hinzunehmen, dass Studierende ihn an seiner Lehrtätigkeit hindern, ist inakzeptabel - und eine indirekte Verletzung seiner Meinungsfreiheit, denn seine politische Tätigkeit war Ausdruck und Konkretisierung eben dieser Freiheit.

Der zweite Vorfall an der Universität Hamburg war nicht weniger schwerwiegend, eher sogar mehr. Die Liberale Hochschulgruppe (LHG) lud den Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion Christian Lindner nach Hamburg ein - zu einem Vortrag in einem Raum der Universität. Dies ist ein völlig normaler Vorgang. Auch andere akkreditierte Hochschulgruppen wie der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), die Hochschulgruppen der Jusos, der Grünen und der Linken sowie konfessioneller Vereinigungen tun dies - jeweils zumeist mit aktiven Politikern, die ihrer politischen Grundeinstellung nahe stehen und fast immer mit Titeln und Inhalten, die keine Parteipolitik im engeren Sinne nahelegen.

Mit zweierlei Maß

So waren an der Universität Hamburg jüngst erst der SPD-Politiker Kevin-Kühnert und die Linke-Politikern Sahra Wagenknecht zu Gast. Christian Lindner dagegen wurde der Auftritt verweigert.

Dies ist keine Petitesse, sondern ein ungeheuerlicher Vorgang. Wie kommt die Universität dazu, einen demokratisch gewählten Politiker wie Lindner vom Campus fernzuhalten, andere wie Kühnert und Wagenknecht aber zuzulassen? Das Argument, man wolle die politische Diskussion aus der Universität heraushalten, überzeugt schon deshalb nicht, weil offenbar mit zweierlei Maß gemessen wird. Es ist aber auch in sich abwegig und gefährlich: Eine Universität ist doch gerade der Raum kontroverser, kritischer und kultivierter Debatte. Wo wenn nicht in der Universität muss es Platz geben für die Präsentation und Diskussion unterschiedlicher Zukunftsentwürfe?

Natürlich gibt es Grenzen: Die Zusatzveranstaltungen dürfen den Lehr- und Forschungsbetrieb nicht stören; und sie sollten von Gruppen organisiert werden, die in der Universität ordnungsgemäß akkreditiert sind - eben zum Beispiel die politischen und die konfessionellen Hochschulgruppen. Aber engere Grenzen darf es in einer freiheitlich-demokratischen Ordnung nicht geben, sonst herrscht der Geist der Zensur statt der Meinungsfreiheit.

Ein Weiteres kommt hinzu: Wie wollen wir denn eigentlich junge Menschen dazu bringen, reife und konfliktfähige Staatsbürger zu werden, wenn wir sie von der Kultur des Streits um den richtigen Weg der „res publica“ fernhalten? Glauben wir wirklich, dass wir die populistischen Auswüchse in unserer Gesellschaft dadurch eindämmen können, dass wir die offene Diskussion unterdrücken? Wollen wir die Welt durch immer neue Tabus retten, die ausgerechnet jene aufstellen, die sicher sind, im Besitz der unumstößlichen Wahrheit zu sein?

Es wird höchste Zeit, dass wir auf dem Campus zur offenen Gesellschaft im Sinne Karl Poppers zurückkehren. Der Kampf um die besten Antworten auf die großen politischen Herausforderungen gehört mitten in unsere Universitäten, genauso wie der Kampf um die wissenschaftliche Wahrheit.