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Max Stadler, ein überzeugter Demokrat und glühender Europäer

Gedenkfeier zum 5. Todestag des Staatssekretärs im Bundesjustizministerium
Thomas Hacker, MdB, Nadja Hirsch, MdEP, Ingrid Stadler und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Bundesjustizministerin a. D.

Thomas Hacker MdB, Nadja Hirsch MdEP, Ingrid Stadler und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Bundesjustizministerin a. D.

© Markus Zechbauer

In der Sache fest, in der Art verbindlich. Nach diesem Leitspruch gestaltete Max Stadler sein Leben und prägte somit das menschliche Bild des Liberalismus. Sein früher Tod im Jahr 2013 war daher als ein großer Verlust für die liberale Familie, die Stadlers politisches Erbe in der kollektiven Erinnerung festhalten möchte.

Zum 5. Todestag von Dr. Max Stadler fand im Alten Rathaus in Passau eine Gedenkfeier statt. Zum Festakt kamen zahlreiche Gäste aus Passau, Bayern und Deutschland und Europa – aktuelle und ehemalige Bundestagsabgeordnete, Landtagsabgeordnete und weitere Mandatsträger sowie Vertreter aus Wirtschaft und Kultur; Bürger, die den großen Liberalen mehr oder weniger persönlich kannten oder mit ihm in verschiedenen Bereichen zusammenarbeiteten. Auch viele ausländische Gäste, vor allem die Delegation aus der Tschechischen Republik, ehrten Max Stadler mit ihrer Präsenz.

Die drei laut Max Weber wichtigsten Politikereigenschaften – Leidenschaft, Verantwortungsgefühl und Augenmaß – verkörperte Max Stadler in jeder seiner Lebensphasen.

Daniel Föst, MdB, Landesvorsitzender der FDP
Daniel Föst, MdB, Vorsitzender der FDP Bayern

Thomas Hacker, Präsident der liberalen Thomas-Dehler-Stiftung, sowie Jürgen Dupper, Bürgermeister der Stadt Passau, begrüßten das Publikum. Dabei wurde Stadlers großes Engagement in diversen Politikbereichen akzentuiert. „Max Stadler kämpfte die ganze Zeit für die Sicherung der Freiheitsrechte“, betonte Hacker. „Als ehemaliger Stadtrat hat er beim Wohnungsbau und anderen sozialen Themen ganz aktiv mitgerungen“, fügte Dupper hinzu.

Daniel Föst, Vorsitzender der FDP Bayern, hat vor allem auf die Politikerqualitäten des verstorbenen Liberalen hingewiesen: „Die drei laut Max Weber wichtigsten Politikereigenschaften – Leidenschaft, Verantwortungsgefühl und Augenmaß – verkörperte Max Stadler in jeder seiner Lebensphasen. Als aufrichtiger, bürgernaher und integrer Liberaler hat er sieben Jahre lang FDP Bayern geführt.“ Gerade solche Eigenschaften vermisst Föst in der heutigen Zeit, wo die liberale Gesellschaft den Stresstest bestehen muss: „Wir brauchen solche Personen wie Max Stadler, auf die man sich verlassen kann.“

Dr. Hermann Otto Solms, der den Deutschen Bundestag vertreten hat, hob in seiner Festrede Stadlers Fähigkeit hervor, Sympathien von allen Parteien für sich zu gewinnen. „Als ein unangenehmer und unbestechlicher Mitgestalter in den Untersuchungsausschüssen hat er überparteilich Respekt erlangt.“ Selbst politische Gegner hätten Stadlers Prinzipientreue geschätzt. Der ehemalige Vizepräsident des Deutschen Bundestages nannte Stadler „ein gutes Vorbild für einen exzellenten Parlamentarismus“. Für ihn war das Parlament „das Herz der Demokratie“. In den Zeiten der zunehmenden Regierungsdominanz gerät dies zu leicht in Vergessenheit.

Höhepunkt der Gedenkfeier war eine Podiumsdiskussion, mit Jürgen Dupper, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin der Justiz a. D., Dr. Tomáš Jelínek, Geschäftsführer des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, und Dr. Michael Jansen, Staatssekretär a. D. und Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ). Themenschwerpunkte waren der gesellschaftliche Zusammenhalt in Europa und die Bedeutung starker Bürgerrechte. Moderiert wurde das Gespräch von Dr. Stefan Rammer, Redakteur der Passauer Neuen Presse.

Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesjustizministerin a. D., mit der Stadler damals als Staatssekretär zusammengearbeitet hatte, lobte seine herausragenden Leistungen: Stadler agierte bei seinen Aufgaben oft so staatsmännisch, dass man ihn mit einem Minister hätte verwechseln können: Nicht nur das Juristische, sondern auch das Politische spielte in seiner Arbeit eine wichtige Rolle: „Als Staatsminister verhandelte er immer ergebnisorientiert: Seine Ergebnisse waren nicht nur für Juristen verständlich, sondern auch für einfache Bürger.“ Dass Stadler auch die Bürgernähe mit Bravour meisterte, bestätigte auch Jürgen Dupper. Für ihn war Stadler eine „strukturierte Person, die vielfältige private Vorlieben hatte,“ und somit nah an den Bürgern war.

Viel Aufmerksamkeit wurde Stadlers internationalem Engagement Stiftungen gewidmet.  Dr. Tomáš Jelínek erinnerte sich an die Jahre, als Stadler Mitglied im ersten Verwaltungsrat des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds war: „Er förderte die Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen enorm. Seine Aufgaben im Verwaltungsrat erfüllte Stadler immer mit großem Fingerspitzengefühl. Die Gerechtigkeit spielte für ihn bei der Entschädigung der NS-Opfer eine zentrale Rolle.“ Daher konnte Dr. Max Stadler laut Jelínek schnell Vertrauen schaffen und somit viel zum Versöhnungsprozess beider Völker beitragen.

Auch Stadlers Tätigkeit in der Stiftung EVZ blieb unvergessen. Als Mitglied des Kuratoriums hat er viele Jahre mit Dr. Michael Jansen bei den Verhandlungen sowie beim organisatorischen Abschluss des Auszahlungsprozesses an die Kriegsopfer zusammengearbeitet: „Vor allem bei der Begleitung der Verhandlungen agierte Stadler immer sehr engagiert und umtriebig – solche Kompetenzen braucht man immer, wenn man gleichzeitig mit den Fraktionen im Deutschen Bundestag, der Bundesregierung, der Wirtschaft und weiteren Institutionen ins Gespräch kommen muss.“ Dass am Ende die Zahlungen fast 1,7 Millionen Menschen erreichten, liegt laut Jansen unter anderem auch an Stadlers Geschick als Unterhändler. Der ganze Prozess der Auszahlung und Aufarbeitung der Vergangenheit waren ein wichtiger Teil des Aussöhnungsprozesse.

Die Podiumsgäste diskutierten desweiteren über Stadlers Bemühungen, junge Generationen bei politischen Prozessen zu berücksichtigen. „Für Max Stadler waren junge Menschen immer wichtig. Ihre Ideen, formuliert in Bürgerbriefen, versuchte er immer in der Tagespolitik aufzugreifen“, so Leutheusser-Schnarrenberger. Auch die Kooperation mit Jugendgruppen pflegte Stadler laut der Bundesjustizministerin a. D. ständig: „Junge Europäische Föderalisten sowie zahlreiche weitere Jugendorganisationen waren für ihn ganz wichtige Ansprechpartner.“

Offene Grenzen hat vielen Jugendlichen neue Chancen geboten – leider wird das viel zu oft als eine Selbstverständlichkeit betrachtet.

Dr. Tomáš Jelínek
Dr. Tomáš Jelínek

Anlässlich des 20. Jubiläums des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds in diesem Jahr freute sich Dr. Tomáš Jelínek sehr über die Jugendprogramme, die die Stiftung im Laufe der Zeit entwickelt hat: „Offene Grenzen hat vielen Jugendlichen neue Chancen geboten – leider wird das viel zu oft als eine Selbstverständlichkeit betrachtet.“ Mit Dr. Michael Jansen teilte Jelínek die gleiche Meinung, dass man sich mit jungen Menschen auch weiter intensiv auseinandersetzen sollte, damit die Vorteile offener Grenzen nicht angezweifelt werden. Max Stadler wäre dafür ein großes Vorbild.

Am Ende der Diskussion widmeten sich die Gäste Stadlers besonderer Bindung zu seiner Heimatstadt Passau. Wie Jürgen Dupper anmerkte, waren die Stadtprobleme für Max Stadler immer ein großes Herzensanliegen – allerdings habe er die Stadt ständig in einem breiteren, europäischen Kontext angesehen: „Für Stadler war Passau durch und durch eine Europa-Stadt." Dem Bürgermeister stimmte auch Leutheusser-Schnarrenberger zu: „Max Stadler war ein Meister darin, die Brücken interregional und international zu bauen. Nur so lassen sich Freiheit und Rechtsstaat am besten verteidigen.“

Übergabe der Gedenkschrift durch den Vorstand der Thomas-Dehler-Stiftung

Übergabe der Gedenkschrift durch den Vorstand der Thomas-Dehler-Stiftung

© Markus Zechbauer

Das Schlusswort hielt Europaabgeordnete Nadja Hirsch, die das globale Denken Max Stadlers ehrte: „Für uns bleibt Max Stadler ein Passauer, ein Bayer und ein Europäer, der in der EU nicht nur einen Binnenmarkt, sondern in erster Linie eine Wertegemeinschaft gesehen hat.“ Um einen genaueren Blick in die Welt Max Stadlers zu werfen, wies sie auf die Gedenkschrift hin, die auf Initiative der Thomas-Dehler-Stiftung und der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit noch vor der Gedenkfeier herausgegeben wurde. Die Publikation, die die Erinnerungen und Gedanken vieler prominenter Persönlichkeiten über Max Stadler enthält, war nach der Veranstaltung für alle Gäste erhältlich.

Wenn Sie ebenfalls ein Exemplar der Gedenkschrift wünschen, schreiben Sie bitte an muenchen@freiheit.org.