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Ich bau mir meine Arbeitswelt, wie sie mir gefällt

Wie flexibel und mobil aber dennoch reguliert sollte Arbeit heute sein?

Die Stiftung für die Freiheit diskutierte in Kooperation mit dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmer e.V. die Arbeitswelt der Zukunft. Flexibel und mobil – so sollte Arbeit 4.0 aussehen. Aber welche Regularien sind dafür nötig? Wie bekommt man die unterschiedlichen Bedürfnisse aller Beteiligten unter einen Hut? Und müssen Arbeitnehmer am Ende vor sich selbst geschützt werden? Im Lunchtalk des DRIVE Volkswagen Forums in Berlin Mitte versuchte ein Expertenpanel Antworten auf diese Fragen zu finden.

Dass das Thema Arbeitswelt der Zukunft komplizierter ist, als man denkt, zeigte eine kleine Anekdote, die der Bundesvorsitzende des Interessenverbands Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ) erzählte: „Stellen Sie sich vor, ein Malerbetrieb soll einen Raum neu renovieren. Der Kunde fragt, wann die Renovierungsarbeit denn losgehen kann und wie lange sie dauern. Darauf antwortet der Chef, das kann er schwer sagen. Zwei seiner Mitarbeiter arbeiten gerade nur von zuhause, zwei sind auf Sabbatical, einer in Elternteilzeit und ein weiterer nur als Freelancer auf Projektbasis eingestellt.“

Entgrenzung von Ort und Zeit

Das kleine Beispiel zeigt, wenn natürlich auch überspitzt, wie komplex das Thema ist und wie viele Bedürfnisse und Erwartungen hier aufeinanderprallen, die zudem ständig im  Wandel sind. Sandra Bierod-Bähre, Präsidiumsmitglied im Bundesverband der Arbeitsrechtler in Unternehmen e.V., geht auf diese rasante Entwicklung in der Arbeitswelt ein: „Wir erleben im Arbeitsalltag eine Entgrenzung von Ort und Zeit. Das stellt Unternehmen vor ganz neue Herausforderungen. Klassische Hierarchien und die Präsenzkultur lösen sich auf und machen virtuellen Teams Platz, die sich meist projektbasiert formieren. Die Erwartung ist, von überall auf der Welt mobil arbeiten zu können. Der feste Arbeitsplatz und feste hierarchische Strukturen verlieren an Bedeutung.“ Neben veränderten Strukturen, was Führung und Zusammenarbeit anbelangt, sei vor allem auch die Arbeitszeit ein Knackpunkt. Arbeitnehmer würden heute erwarten ihre Arbeit dann zu erledigen, wenn es für sie am besten passt.

„Da tickt wirklich jeder anders“, meint auch Pascal Kober, MdB und Mitglied im Bundesvorstand der Freien Demokraten: „Alle die studiert haben kennen das ja: Manche arbeiten drei Tage vor einer Klausur die Nächte durch, andere fangen früher an und arbeiten jeden Tag ein bisschen.“ Für Kober ist klar, dass jeder selbst entscheiden müsse, wann er seine Arbeit erledigt. Trotzdem spricht er an, dass das Recht des einen oft der Nachteil des anderen ist: „Eine solche Flexibilisierung hat insofern Konsequenzen, dass mehr Jobs in Teilzeit oder auf projektbasierten Verträgen entstehen. Befristungen sind somit eher die Regel.“

Regeln sind unerlässlich

Für die Arbeits- und Sozialpolitikerin von Bündnis 90/Die Grünen, Beate Müller-Gemmeke MdB, erfordern diese neuen Entwicklungen klare Regeln. Das ist auch deswegen nötig, um Arbeitnehmer ein Stück weit vor sich selbst zu schützen: „Es muss eine klare Regelung geben, damit wir als Gesellschaft zusammenleben können. Innerhalb dieses Rahmens sollen dann Freiheiten ermöglicht werden, wie beispielsweise bestimmte Arbeitszeitkorridore.“ Dabei hebt Müller-Gemmeke hervor, dass das bestehende Arbeitszeitgesetz gar nicht so unflexibel und starr ist, wie manche annehmen, sondern auch hier schon eine gewisse flexible Gestaltung von Arbeitszeiten möglich ist. Ein Rahmen, den die Politik vorgibt, hält sie in dem Zusammenhang für unerlässlich.

Manche macht es glücklich, bis spät nachts an Ideen zu arbeiten

Pascal Kober stellt sich in dem Zusammenhang die Frage, was eigentlich Qualität der Arbeit für den Einzelnen ist: „Das innere Verhältnis von Arbeit ist bei Menschen verschieden: Die einen brennen für ihren Job, es macht ihnen nichts aus, bis spät zu arbeiten. Ich meine, keiner der Politiker in den Sondierungen wäre auf die Idee gekommen, um 19 Uhr zu sagen: Also ich wollte schon längst zuhause sein, ich muss jetzt leider los. Oder der Selbstständige, der am Wochenende noch an Ideen tüftelt. Für andere ist ganz klar der 9-to-5-Job der Rahmen, in dem er arbeiten möchte.“ Kober ist daher der Meinung, dass die Politik die Arbeitswelt nicht zu sehr „einmauern“ sollte. Stattdessen solle sie den Menschen Freiräume lassen, selbst zu entscheiden, welche Form der Arbeit sie glücklich macht: „Ich glaube, es wäre am besten, die Politik beobachtet, wohin sich die Arbeitswelt entwickelt und justiert dann gegebenenfalls nach.“

Und was wünscht sich Sandra Bierod-Bähre von der Politik? „Ich wünsche mir eine verlässliche Gesetzes- und Rechtslage, die in der Realität abbildbar ist. Zudem glaube ich, dass sich Politik stärker um digitale Bildung kümmern muss. Denn damit werden Menschen erst in die Lage versetzt, eine Entscheidung zu treffen, wie sie in einer digitalen Welt arbeiten wollen.“