Corona
Impfstrategie: Wir brauchen ein Impfgesetz

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger fordert eine klare gesetzliche Grundlage für die Impfstrategie des Bundes
Sabine Leutheusser
© Tobias Koch

Gesundheitsminister Spahn hat in einer Verordnung festgelegt, wer zuerst eine Corona-Impfung erhält. Doch eine so grundlegende, die Grundrechte betreffende Frage mit einer Rechtsverordnung zu beantworten, ist rechtlich bedenklich. Es bedarf einer klaren, vom demokratischen Gesetzgeber verabschiedeten Rechtsnorm.

Die Debatte um die Impfstrategie von Gesundheitsminister Spahn muss weiter geführt werden. Denn es geht um eine der schwerwiegendsten Weichenstellungen für Millionen Menschen. Wann werden welche Personen geimpft werden, wenn sie selbst oder ggf. der Betreuer oder die Betreuerin ihr Einverständnis erklärt haben? Diese Frage kann höchstwahrscheinlich über Lebenserwartung und über Kontaktmöglichkeiten entscheiden.

Für diese die Grundrechte auf Leben und Gesundheit massiv betreffenden Entscheidungen ist eine Gesetzesgrundlage dringend geboten. Nicht eine Rechtsverordnung des zuständigen Ministers, sondern nur eine vom demokratischen Gesetzgeber verabschiedete Rechtsnorm kann die notwendige Priorisierung bei der Impfung legitimieren, da es so bald keinen Impfstoff für alle impfwilligen Menschen in Deutschland geben wird. 

Zeit hatte die Bundesregierung mehr als genug. Seit mehreren Monaten wird über die Entwicklung von Impfstoffen, über den Kauf von Impfdosen und über die Impfstrategie sowie über die inzwischen errichteten Impfzentren debattiert. Experten haben Empfehlungen erarbeitet, die für die Politik wichtige Anhaltspunkte geben können. Organisationen aus dem Pflege- und Patientenbereich haben ihre Interessen deutlich formuliert.

Es gab genug Zeit für ein Gesetzgebungsverfahren und die notwendigen Debatten im Bundestag. Leider wurde der Vorschlag der FDP-Bundestagsfraktion, ein Gesetzgebungsverfahren in die Wege zu leiten, von den Koalitionsfraktionen umgehend abgelehnt.

Es ist aber noch nicht zu spät. Gleich zu Beginn des Jahres 2021 muss die Bundesregierung dem Bundestag einen Gesetzesvorschlag vorlegen, der die Reihenfolge der zu Impfenden nach klaren Kriterien festlegt.