Reaktion auf Tod von Papst Franziskus
Anne Brasseur über Papst Franziskus: „Unser Kontakt war spontan herzlich“

Anne Brasseur, Vorstandsmitglied der Friedrich-Naumann-Stiftung, traf Papst Franziskus zwei Mal.
© picture alliance / dpa | Osservatore RomanoAnne Brasseur traf Papst Franziskus zweimal: einmal im November 2014 als Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Straßburg, und einmal im September 2015 zu einer Privataudienz in Rom. Sie sprach mit ihm unter anderem über Themen wie die Flüchtlingskrise und den Einsatz für Toleranz und gegen Hate Speech.
Was dachten Sie, als Sie vom Tod von Papst Franziskus erfuhren?
Es war ja wirklich zu erwarten, aber so zu sterben, einen Tag nach dem Osterfest, wo er noch den Mut hatte, sich in die Menge zu begeben - das zeigt, dass es wirklich ein großer Mann war. Er war sich bewusst, dass er Ostern nicht mehr feiern würde. Dass es so schnell gehen würde, damit hätte er bestimmt nicht gerechnet. Und wir waren alle heute Morgen überrascht.
Sie haben ihn 2014 als Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarates getroffen …
Ja. Ich habe ihn in Straßburg empfangen. Ich hatte eine kurze Unterredung mit ihm und der Kontakt war sofort spontan herzlich. Und er hat mich dann anschließend, ein Jahr später, nach Rom zu einer Privataudienz eingeladen.
Wie erlebten Sie ihn?
Er kannte meine Einstellung. In meiner Rede im Europarat hatte ich gesagt, dass ich nicht gläubig bin. Und er war wirklich ein offener und toleranter Mensch, sonst hätte er mich ja anschließend nicht eingeladen.
Mit seinem Vorgehen gegen Intoleranz hat er seine Rolle auch für die Menschen, die nicht in die Kirche gehen, ausgedehnt.
Und worüber sprachen Sie mit ihm im September 2015 in der Privataudienz?
Das war ja in der Hochzeit der Flüchtlingskrise. Natürlich haben wir darüber gesprochen. Papst Franziskus war ja auf Lampedusa und äußerte sich dort über die, wie er sagte, Globalisierung der Gleichgültigkeit. Und er hat mich wirklich unterstützt bei der Kampagne „No hate speech“ des Europarates, deren Botschafterin ich war. Er ging gegen Intoleranz vor, gegen Gleichgültigkeit. Und natürlich auch gegen Hass und Hate Speech. Damit hat er seine Rolle auch für die Menschen, die nicht in die Kirche gehen, ausgedehnt. Er hatte so eine Ausstrahlungskraft, dass er auch andere Menschen erreichen konnte. Und das fand ich gut.
Wie beurteilen Sie demgegenüber seine Aussagen vor allem bei seinem Besuch an der belgischen Universität Löwen im vergangenen September zur Rolle der Frau in der Kirche?
Das hat mir weniger gut gefallen, gelinde gesagt. Das war schon heftig.
Wie denken Sie darüber, dass Papst Franziskus den US-amerikanischen Vizepräsidenten J.D. Vance noch einen Tag vor seinem Tod empfangen hat?
Das ist schwer zu beurteilen. J.D. Vance hat dies ja für seine Machtposition und sein Ego getan. Auf der anderen Seite hat der Papst in seinen letzten öffentlichen Äußerungen betont, dass es endlich Frieden geben müsse, dass es genügend Kriegsherde auf der Welt gebe. Ich hoffe, dass sich Vance dies zu Herzen genommen hat und dies hoffentlich mit in die Politik einfließen lässt. Besonders die Botschaft von der Toleranz. Ich hoffe, dass diese Botschaft bei ihm ankam. Wenn ich mir ansehe, was in Amerika los ist, die Aussagen von Trump ... Aber J.D. Vance ist meiner Meinung nach noch gefährlicher.
Da sind Sie einer Meinung mit vielen Kritikern ... J.D. Vance als gefährliche Macht im Hintergrund. Hätte der Papst ein Zeichen setzen und ihn nicht treffen sollen?
Ich denke, das kann man so oder so sehen. Beides wäre eine Botschaft in die jeweilige Richtung gewesen.
Dieses Interview erschien erstmals am 21. April 2025 im Luxemburger Wort.