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Ein Kontinent mit Potenzial

Konferenz „start up Africa“ in Bonn

Kein Krisen-, sondern ein Chancenkontinent. Unter diesem Motto diskutierte die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit mit afrikanischen und europäischen Experten sowie interessierten Teilnehmern einen ganzen Tag lang über die Zukunft Afrikas und die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Europa und seinem südlichen Nachbarkontinent.  

Afrikanische Rhythmen und gesungenes Kisuaheli direkt am Ufer des Rheins. So eröffnete die Steve Ouma Band den Konferenztag, zu dem die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit unter dem Titel „start up Africa – Afrikanische Wirtschaft stärken“ eingeladen hatte. Passender Weise in das World Conference Center direkt gegenüber des ehemaligen Parlamentsgebäudes in der UNO-Stadt Bonn – quasi ein Brückenschlag zwischen den deutschen und internationalen Beziehungen.

Wolfgang Gerhardt, Vorstandvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, der die mehr als 250 Konferenzteilnehmer begrüßte, unterstrich gleich zu Beginn die große Bedeutung eines Austauschs zwischen den Kontinenten, denn „uns wird es in Europa nicht gut gehen, wenn es Afrika nicht gut geht“. Die Bildung eigenständiger Institutionen, die Entstehung unabhängiger Rechtsprechung und der Schutz von Eigentum stehen für Wolfgang Gerhardt, der selber viele Jahre im Auswärtigen Ausschuss der Bundesregierung saß, dabei ganz oben auf der Agenda. Dabei gilt jedoch: „Wir sind nicht Afrikas Lehrer, wir können nur Erfahrungen weitergeben.“

„Der demografische Aufbau in den afrikanischen Ländern, zeigt das hohe Potenzial des Kontinents.“  

Wolgang gerhardt
Wolfgang Gerhardt

Dieses Potential betonte auch der stellvertretende Ministerpräsident von Nordrhein-Westfahlen, Joachim Stamp, der durch eigene Erlebnisse in Afrika eine sehr persönliche Beziehung zu dem Konferenzthema hatte: „Wenn sie in afrikanischen Flüchtlingslagern mit frustrierten jungen Menschen sprechen, die alles riskiert haben, dann ist das für einen Politiker, der gestalten will, furchtbar. Es geht um die Chancen, die Afrika hat.“ Für Stamp ist es auch deshalb essentiell, dass sich „Kooperationen nicht nur auf Regierungen beschränken, sondern auch die Zusammenarbeit mit NGOs einschließen müssen.“ 

Joachim Stamp
© Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Wiege der Menschheit 

Auch für Dr. Prinz Asfa-Wossen Asserate, äthiopisch-deutscher Bestseller-Autor und politischer Analyst, ging es darum sehr persönliche Gedanken mit den Besuchern zu teilen. In einem historischen Abriss ging er mehr als 2 Millionen Jahre zurück und erinnerte an Ostafrika als Wiege der Menschheit; an die Grausamkeiten der Kolonialzeit, die den Afrikanern „nicht nur die Rohstoffe, sondern auch das Bewusstsein für die eigene Geschichte und kulturelle Identität“ raubten; an die neuen Eliten, die dort weitermachten wo die Kolonialherren aufgehört hatten und er kritisierte die „westliche Forderung nach Demokratisierung und gleichzeitige Unterstützung korrupter Herrscher, wenn es den eigenen Interessen nützt“. Für die Zukunft wünscht sich Asserate deshalb ein Europa, das „an nachhaltiger Entwicklung seines Nachbarkontinents interessiert ist und das, sich davor hütet demokratische Standards zu verraten“. 

„Es ist unsere größte Aufgabe des 21 Jahrhunderts die Forderungen des Marktes mit der Menschlichkeit zu versöhnen.“

Dr. Prinz Asfa-Wossen Asserate
Dr. Prinz Asfa-Wossen Asserate

Mit einem starken Statement endete Asserate seine emotionale Rede: „Niemand von Außen wird Afrika retten können, das kann Afrika nur selbst. Seine Menschen müssen wieder Zuversicht in die eigene Stärke haben. Die Afrikaner müssen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Europa sollte helfen, damit aus dem ausblutenden Kontinent ein Kontinent der Zukunft wird. Mit dem Bewusstsein, dass in Afrika unsere gemeinsamen Wurzeln liegen.

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Mut und Kreativität

Um eine prosperierende Zukunft Afrikas geht es auch den Verleihern des Walter-Scheel Preises wie Dr. Manfred Vohrer, Vorsitzender des Freundeskreises Walter Scheel e. V., erklärte, als er im Rahmen der Konferenz die zwei diesjährigen Preisträger für Engagement auf dem afrikanischen Kontinent vorstellte: Ulrich Grillo und Amadou Diaw.

Ullrich Grillo, Vizepräsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und Vorsitzender des Vorstands der Grillo-Werke AG, der – ganz im Sinne Walter Scheels – die Idee „Zusammenarbeit als wirtschaftlicher Motor“ im Rahmen seiner BDI-Arbeit vorangetrieben hat, war stets gegen „Scheckbuch-Hilfe“. So stellte er klar: „Ich habe immer versucht Unternehmen zu unterstützen, denn privatwirtschaftliches Engagement ist die entscheidende Grundlage für nachhaltige Entwicklung.“ Um mehr deutsche Unternehmen an den afrikanischen Markt zu bringen, geht es seiner Meinung nach, neben stabilen politischen und finanziellen Verhältnissen vor allem auch darum, durch engeren Austausch Vorurteile abzubauen und bisherige Erfahrungen zu teilen.

„Afrika kann beides sein – ein wachsendes Problem oder eine große Chance.“

Ulrich Grillo, Walter-Scheel-Preis
Ulrich Grillo

Auch Amadou Diaw, dem Präsidenten des „Institut Supérieur de Management“ (ISM) im Senegal, das seit seiner Gründung 1992 bereits 20.000 Wirtschaftsabschlüsse vergeben konnte, ging es immer um die Förderung von Unternehmertum. Das zeigt sich auch in den Abschlussarbeiten der Hochschule. Um den Abschluss zu erreichen, müssen alle Studenten ein Start-up gründen und den Professoren vorstellen. „Es wird vielleicht nur jede vierte Idee wirklich umgesetzt, aber die Kreativität ist geweckt“, so Diaw. Er sieht „viele Afrikaner, die junge Menschen sind, die überlegen, die kreativ sind, die durch die Wüste gehen, die über den Ozean fahren und Risiken eingehen. Wenn jeder so wäre, könnten wir sehr viele neue Start-ups haben“.  

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Amadou Diaw ist optimistisch: „Afrika ist in der Lage die Welt neu zu denken. Wir müssen nur zu hören.“  

Wie bereits Dr. Prinz Asfa-Wossen Asserate forderte auch Senator David Coltart, Menschenrechtsanwalt und Minister für Bildung, Sport, Kunst und Kultur a. D. aus Simbabwe die strikte Beachtung von Menschenrechten im Rahmen wirtschaftlicher Zusammenarbeit zwischen Afrika und Europa. Nur dann kann der „schlafende Riese Afrika geweckt und sein immenses Potenzial abgerufen werden“, denn Afrika ist „nicht nur reich an Ressourcen, sondern auch an Talenten“.

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Nach der Mittagspause, die die Teilnehmer zum inhaltlichen Austausch und Netzwerken nutzten, warfen die Panels am Nachmittag nochmal einen genaueren Blick auf Afrikas ökonomische Herausforderungen und die Bedeutung von Start-ups für die afrikanische Wirtschaft.

Afrikas Wirtschaft stärken

Unter der Moderation von Ingo Badoreck, dem Generalsekretär der Deutschen Afrika Stiftung e.V. diskutierten Ulrich Grillo, Gwen Ngwena, Geschäftsführerin des „Institute of Race Relations“ aus Johannesburg und Günter Nooke, dem persönlichen Afrikabeauftragten der Bundeskanzlerin und Afrikabeauftragter des BMZ.

Panel 1
© Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Ulrich Grillo stellte dabei vor allem noch einmal klar, dass es bei dem Interesse an Afrikas Wirtschaft nicht nur um das Abhalten von Flüchtlingen gehen sollte, sondern auch um eigene  wirtschaftliche Interessen, denn  „der afrikanische Markt ist längst noch nicht ausgeschöpft“. Die wichtige Bedeutung privater Investoren in Afrika erkannte auch Günter Nooke an: „Wir haben endlich einen Konsens gefunden, dass mit öffentlichem Geld nicht Arbeitsplätze geschaffen werden sollten, sondern dass diese nur als Anstoß für privates Investment gesehen werden können. Die Privatwirtschaft muss besser eingebunden werden.“

"Wer langfristig investieren will, darf sich nicht von Schlagzeilen verunsichern lassen."

Gwen Ngwena
Gwen Ngwena

Günther Nooke stellte zum Schluss des ersten Panels noch die kontroverse Frage, warum in Europa darüber diskutiert werden würde, Auffanglager in Nordafrika zu verwalten, anstatt dort einfach eine neue Stadt zu bauen? „Die Hongkongs des 21. Jahrhunderts müssten eigentlich in Afrika stehen“, so Nooke. 

Wie eine sozialliberal orientierte Wirtschaftspolitik die Wirtschaft eines Landes stärken kann, erläuterte Mountagna Sy, Direktor der senegalesischen Investititonsagentur APIX in seinem Impulsvortrag.  

Start-ups in Afrika

Im zweiten und abschließenden Panel der Konferenz ging es dann um „Entrepreneurships als Entwicklungstreiber für Afrikas Wirtschaft“. Dazu sprach Fabian-Carlos Guhl, Afrika-Beauftragter des Bundesverbandes Deutsche Startups e.V. und Geschäftsführer von Ampion Africa, mit Amadou Diaw, James Shikwati, dem Direktor des „Inter Region Economic Network“ (IREN) und Judith Helfmann-Hundack, Leiterin Außenwirtschafts- und Entwicklungspolitik beim Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft e.V.

Panel 2
© Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Panel-Moderatorin Ute Schaeffer, stellvertretende Direktorin der DW Akademie, stellte gleich zu Beginn ein großes Alleinstellungsmerkmal afrikanischer Start-ups dar: „Auf viele der Ideen können Außenstehende gar nicht kommen. Sondern eben nur die Leute vor Ort, weil sie die alltäglichen Probleme kennen.“ 

Auch für Judith Helfmann-Hundack geht es darum, dass „afrikanische Probleme afrikanisch gelöst werden bzw. senegalesische Probleme senegalesisch.“ Ihrer Meinung nach muss verhindert werden, dass es eine „neue Form des Brain Drains gibt, wenn neue Ideen aus Afrika hinterher in Europa umgesetzt werden“.  

Fabian-Carlos Guhl, der mit seinem Ampion-Projekt schon viele afrikanische Gründer unterstützt hat, stimmte zu: „Start-ups können Probleme schnell lösen und so zur Verbesserung der Gesellschaft beitragen. Zudem schaffen diese Unternehmer Arbeitsplätze, erstmal für sich und später hoffentlich für andere.“ Ähnlich sah das auch James Shikwati: „Start-ups warten nicht, sie nehmen Risiken in Kauf und bieten schnelle Lösungen an.“  

Für Amadou Diaw, den Walter-Scheel-Presiträger 2017, geht es auch um „kreative Kapazität“ die durch Start-ups freigesetzt werden kann. Dafür ist es jedoch nötig, dass Länder wie z. B. der Senegal, vor allem mit einer besseren technischen Infrastruktur ausgestattet werden.  

Trotz der inhaltlichen breiten Ausrichtung der Konferenz zeigten die Nachfragen der Teilnehmer während der Panels, dass es noch viele weitere Fragen zu erörtern gibt: Die Rolle der Frauen in der afrikanischen Wirtschaft, die Präsenz afrikanischer Produkte auf dem Weltmarkt  oder auch – ganz praktisch – wie man an Investoren kommt. Klar ist, die Herausforderungen rund um Afrikas wirtschaftliche Entwicklungen sind vielfältig und werden auch Europäer noch viel beschäftigen, denn wie hatte Dr. Prinz Asserate in seinem Vortrag so schön gesagt „Wir sind alle eine große Familie“.

Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft und der Deutschen Afrika Stiftung sowie mit Unterstützung der Deutschen Welle statt.

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