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Meilenstein für den Grundrechtsschutz

Unser Vorstand Sabine Leutheusser-Schnarrenberger über die neue Datenschutz-Grundverordnung

Die FAZ kommentierte, Zuckerbergs Auftritt vor dem Europaparlament sei ein „Schauspiel der Vergeblichkeit“ gewesen. Bringt der neue, europäische Datenschutz ab heute nicht mehr Druck auf Datenkraken wie Facebook?

Zuckerberg hat sich im Europäischen Parlament keine Mühe gegeben. Was er nicht verstanden hat: Die Zeiten ändern sich. Der Skandal um Cambridge Analytica hat weltweit das Bewusstsein für Datenschutz geschärft. Es ist nicht mehr die Politik, die sich den technischen Entwicklungen und dem Markt anpassen muss. Es sind die großen Internet-Konzerne, die nicht mehr nach Gutdünken Daten benutzen und verkaufen können. Da ist die europäische Datenschutz-Grundverordnung ein Problem für das Silicon Valley. Teure Anwälte können nicht verhindern, dass Datenmissbrauch künftig anders geahndet wird. Ich bin gespannt, wie Facebook mit ganz anderen Bußgeldandrohungen umgeht.

Das Thema Bußgeld wird ja im Moment hoch und runter diskutiert…

Nur läuft die Debatte teilweise schräg. Die Erhöhung des Bußgeldes auf bis zu 4 Prozent des Umsatzes wird zum Anlass genommen, Schreckensszenarien an die Wand zu malen. Dabei soll diese Bußgeldandrohung zum Ausdruck bringen, dass 2018 ganz andere Umsätze mit dem neuen digitalen Gold erzielt werden. Die Kritiker blenden das einfach aus. In ihre Erzählung passt nur die Behauptung, die EU habe mit dem neuen Datenschutz einen europäischen Moloch geschaffen. Es liegt doch auf der Hand, dass ein einheitliches Regelwerk für derzeit 28 verschiedene Rechtsordnungen eine Herausforderung ist. Eines ist auch klar: Der neue europäische Datenschutz zielt nicht auf kleine und mittelständische Unternehmen oder Vereine und NGOS, sondern auf weltweit agierende Konzerne.

"Viele US-Amerikaner diskutieren sogar, ob Europa zum Vorreiter für einen globalen Datenschutz wird."

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: ab September 2018 stellv. Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Die Kritik zielt doch eher auf die unterschiedliche Umsetzung?

Es war die große Koalition, die Öffnungsklauseln der Verordnung extensiv ausgenutzt hat. Das deutsche Gesetz schränkt vor allem die Betroffenenrechte im digitalen Alltag ein. Bei Verwendung ihrer Daten erhalten sie keine Auskunft mehr, wenn dadurch Geschäftszwecke der Wirtschaft gefährdet würden. Deswegen hat mich auch irritiert, dass Bundeskanzlerin Merkel indirekt eine weitere Aufweichung des deutschen Datenschutzes in Aussicht stellt. Nach dem Motto: Datenschutz behindere letztendlich unternehmerische Entwicklung und unternehmerisches Wachstum.

Diese einseitige Perspektive gehört bald der Vergangenheit an. Im Zeitalter der Digitalisierung ist die europäische Datenschutz-Grundverordnung ein Meilenstein für den Grundrechtsschutz. Viele US-Amerikaner diskutieren sogar, ob Europa zum Vorreiter für einen globalen Datenschutz wird. Weil hier für einen ganzen Kontinent verbindliche Standards geschaffen werden – und der User mit seinen Daten in den Mittelpunkt rückt.