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Corona
Das Corona-Virus und die Freiheit weltweit

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© picture alliance/Georges Robert/MAXPPP/dpa

Das Covid-19 Virus stellt eine Zäsur dar. Was im Frühjahr noch selbstverständlich erschien, ist heute in vielen Ländern unter Strafe gestellt. Der Wunsch, der Bekämpfung des Virus alles andere unterzuordnen, ist verständlich. So wurden und werden auch in demokratischen Staaten Bürgerrechte außer Kraft gesetzt. Die wirtschaftliche Freiheit wird eingeschränkt. Wahrscheinlich gab es noch nie in der Geschichte eine solch globale und gleichzeitig stattfindende Einschränkung der individuellen Freiheit. 

Das Ziel, die Infektionszahlen nicht zu stark ansteigen zu lassen, eint die Staaten. Die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, um mit der Pandemie umzugehen, unterscheiden sich jedoch stark. Und in vielen Staaten wird die Krise genutzt, die demokratischen Prozesse und Verfahren weiter zu schleifen und wirtschaftliche Macht zu konzentrieren.
Die Geschichte lehrt uns, dass während Krisen in Kraft gesetzte Maßnahmen oft nicht mehr zurückgenommen werden. Daher ist es wichtig, die Maßnahmen und die Informationspolitik von Regierungen kritisch zu begleiten und zu thematisieren, wo über das Ziel hinausgeschossen wird, aber auch zu unterstützen, wo sinnvolle Lösungen gefunden werden.

Dieses Dossier soll unseren Leserinnen und Lesern einen schnellen Überblick über die Maßnahmen von Regierungen in ausgewählten Projektländern der Stiftung rund um den Globus bieten. Dabei wird ein besonderer Fokus auf Freiheitsbeschränkungen und die Einhaltung demokratischer Verfahren gelegt. Weiterhin werden die Folgen für die Wirtschaft und die bereits erkennbaren Exit-Strategien diskutiert. 

Ergänzt werden die Artikel durch politische Forderungen und Einschätzungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort, die in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden.

 

Alle Angaben zu den Ländern: Stand 7. Oktober 2020

Vertrauen die Menschen der staatlichen Informationspolitik? Wie ist die staatliche Informationspolitik zu bewerten, welche Rolle spielen Desinformationskampagnen?

  • Das Vertrauen der Menschen in die politische Führung sinkt kontinuierlich. Im März, als die Quarantäne verhängt wurde, erreichten Präsident Alberto Fernández und sein peronistisches Kabinett für das vermeintlich entschlossene Handeln noch Zustimmungswerte von über achtzig Prozent. Die Kommunikationsfreudigkeit und mediale Dauerpräsenz des Präsidenten schufen Vertrauen. Mittlerweile, ein halbes Jahr später, ist seine Popularität auf unter 35 Prozent abgestürzt. Von gezielten Desinformationskampagnen staatlicherseits ist nichts bekannt. Das Vertrauen in die offiziellen Statistiken ist trotzdem geschwunden.

  • Die Informationspolitik der honduranischen Regierung hat an Wirkung und seitens der Bevölkerung an Vertrauen verloren. Mittlerweile schaut sich wohl kaum mehr ein Honduraner die wöchentlich auf allen Fernsehkanälen ausgestrahlte Pressekonferenz der Regierung an. Es werden Statistiken bekannt gegeben, die nur teilweise glaubwürdig sind und die neuen Regelungen hinsichtlich Ausgangssperre und gradueller Öffnung kann jeder im offiziellen Presse-Kommuniqué nachlesen.

  • Nach 6 Monaten Pandemie ist das Vertrauen der Bevölkerung in die staatliche Informationspolitik stark geschwunden, weil es sehr oft widersprüchliche Informationen gegeben hat oder aber die Informationen sehr oft gewechselt haben. Teilweise waren Polizei und Militär überfordert, die Maßnahmen zu kennen und umzusetzen. Darüber hinaus grassieren in den sozialen Medien sehr oft Falschinformationen.

  • Laut des jährlichen Vertrauensbarometers der PR-Firma Edelman, das im Mai 2020 veröffentlicht wurde, stieg das Vertrauen der Kanadier in ihre Regierung während der COVID-Pandemie dramatisch an. 70% der Befragten der Umfrage gaben an, dass sie der Regierung während des Ausbruchs der Pandemie vertrauen.

    Mit dieser Zahl ist die Regierung, die noch im letzten Jahr den letzten Platz unter den vier institutionellen Kategorien (hinter NGOs, Unternehmen und Medien) einnahm, nun die vertrauenswürdigste institutionelle Kategorie in der Umfrage, und zwar mit einem Ergebnis, das 20 Prozentpunkte über dem vom Januar.

    Die täglichen Pressekonferenzen von Premierminister Justin Trudeau, die eine Verbindung von der höchsten Entscheidungsebene zu den Massen aufrechterhielten, und das Vertrauen der Regierung in die wissenschaftliche Gemeinschaft, fundierte Entscheidungen zu treffen, könnten dies erklären.

  • Desinformation ist auch weiterhin ein sehr verbreitetes Problem. Präsident Trump selbst hat in Pressekonferenzen Informationen weitergegeben, die sich später als falsch oder unvollständig erwiesen. Falsche Informationen, insbesondere über angebliche COVID-19-Heilmittel, sind über Facebook und Twitter in Umlauf gebracht worden. Mit dem Näherrücken der US-Präsidentschaftswahlen ist COVID-19 zunehmend politisiert worden, was zu einer zusätzlichen Welle von Fehl- und Desinformationen in sozialen Medien geführt hat. Da die Informationen der Bundesregierung zu COVID-19 bisweilen widersprüchlich waren, gibt es kein großes Vertrauen in deren Genauigkeit und Transparenz. Die Trump-Administration ist auch dem Vorwurf ausgesetzt, dass die Ergebnisse des Center for Disease Control (CDC) manipuliert worden seien, um die Auswirkungen des Virus zu verringern, und dass die vom CDC herausgegebenen Richtlinien von Mitgliedern der Administration beeinflusst wurden, um die Zahl der COVID-19-Tests zu reduzieren.

    Informationen auf der Ebene der Bundesstaaten und Städte scheinen ein größeres Vertrauen zu genießen, auch wenn dieses Vertrauen zurückgeht, je länger die Pandemie andauert.

  • Die griechische Informationspolitik während der Pandemie wird von der Mehrheit der Bevölkerung als vertrauenswürdig empfunden. Prof. Tsiodras, Chef des Sachverständigenrates für die Bekämpfung der Corona-Pandemie, tritt weiterhin nahezu täglich im TV auf und gibt den Menschen ein Update der Fallzahlen. Außerdem teilt er die aktuellen Restriktionen der Regierung mit.

    Trotz dieser sehr transparenten Politik der Regierung gibt es auch weiterhin Desinformations-Kampagnen, die vor allem in den Sozialen Medien auf Interesse und Zulauf stoßen. Die Autoren dieser Verschwörungstheorien sehen die staatlichen Maßnahmen als einen Versuch der Regierung, die Bürger zu kontrollieren und zu drangsalieren.

    So wurde in den Medien in den vergangenen Wochen von vereinzelten Diskussionen zwischen Lehrern und Eltern berichtet, die sich weigerten, die Maskenpflicht für ihr Kind einzuhalten.

  • Ein im Mai veröffentlichter Umfrage von YouGov hat gezeigt, dass nur 30% der Polen der Regierung in Sachen COVID-19 trauen. Es handelte sich um das schlechteste Ergebnis in allen Ländern, in denen die Befragung durchgeführt wurde. Das geringe Vertrauen mag mit den recht widersprüchlichen Aussagen seitens der Regierungsvertreter zusammenhängen. Zum Beispiel sagte der Ministerpräsident noch Anfang Juli: “Ich bin glücklich, dass wir uns nicht mehr vor dem Virus fürchten müssen, denn es befindet sich auf dem Rückzug. Wir müssen uns nicht mehr ängstigen. Wir können in Massen an den (Anm.: dann doch verschobenen) Präsidentschaftswahlen teilnehmen.“

    Als die Zahl der COVID-19 –Fälle danach wieder anwuchs und etliche neue lokale Einschränkungen der Bewegungs- und Versammlungsfreiheit eingeführt wurden, trat der Gesundheitsminister zurück, während der Bildungsminister sogleich die Wiedereröffnung der Schulen anordnete.

    Ein Song, der die Beschränkungen kritisierte und die Vorstellungen der „Anti-COVID-Bewegung“ verbreitete, wurde Ende August veröffentlicht und schaffte es bei Youtube auf rund 500.000 Klicks. Anti-COVID-Ansichten, die die Existenz oder die Gefährlichkeit des Virus bestreiten, sind besonders bei extrem rechten Gruppierungen verbreitet.

  • Entgegen des durchaus weit verbreiteten Misstrauens gegenüber der französischen Politik, das sich in der Vergangenheit beispielsweise in den Gelbwesten-Protesten manifestierte, herrscht in Frankreich seit dem Ausbruch der Corona-Krise insgesamt Vertrauen in die staatliche Handlungsfähigkeit. Im Gegensatz zu den Protesten in Deutschland kam es in Frankreich nicht zu Demonstrationen gegen die Maßnahmen. Gleichzeitig schlug sich diese Akzeptanz im Gegensatz zu Deutschland nicht in einem Anstieg der Zustimmung für den französischen Präsidenten als Krisenmanager nieder. Die Zustimmungswerte für Emmanuel Macron sind gleichbleibend niedrig: sie schwanken in den letzten Monaten zwischen 30 und 40%. Desinformationskampagnen spielen eine untergeordnete Rolle, kritisiert wird bei der Informationspolitik jedoch der oft als zu zentralistisch wahrgenommene Umgang mit der Krise, sodass viele Bürger eine stärkere Dezentralisierung fordern.

  • Die Informationspolitik der spanischen Regierung ist weitestgehend transparent, allerdings gibt es immer wieder Fehler in der Darstellung und Übermittlung der Daten, auch aus den autonomen Regionen, was in der Verbindung mit geringen Testraten dazu geführt hat, dass in der Bevölkerung die Überzeugung herrscht, die tatsächlichen Fall- bzw. Todeszahlen seien noch deutlich höher als sie es ohnehin schon sind. Desinformation ist auch in Spanien ein Problem: Eine von der Stiftung der Großbank „BBVA“ finanzierte Untersuchung kam zu dem Schluss, dass alleine während des ersten Monats des Alarmzustands in Spanien im März dieses Jahres 292 Falschnachrichten mit Bezug auf Covid-19 im Umlauf waren, deren Großteil aus Russland zu stammen scheint. Geschlossene Messenger-Dienste wie Whatsapp spielten bei der Verbreitung dabei die größte Rolle.

  • Die staatliche Informationspolitik zur Corona-Pandemie ist im Wesentlichen transparent und aktuell. Behördliche Webseiten, analoge und digitale Medien informieren tagesaktuell über das Infektionsgeschehen und die geltenden Quarantäneregeln, staatliche Telegram-Kanäle und Plakatkampagnen werben für deren Einhaltung. Die Skepsis der Bevölkerung gegenüber staatlicher Information ist dennoch hoch, Schutzmaßnahmen werden kaum noch beachtet. Dies liegt nicht zuletzt an der verbreiteten Desinformation in den sozialen Medien, die u.a. von russischer Seite befördert wird und jede Art von Verschwörungsmythen enthält. Das schlägt sich auch in der Einstellung zum Impfen nieder. So würden nur 47 Prozent der Ukrainer eine kostenlose, von der WHO empfohlene Impfung überhaupt in Anspruch nehmen.

  • Das operative Team der ungarischen Regierung, das sogenannte „Operatív Törzs“, informiert fast täglich über Situation und Maßnahmen auf seiner offiziellen Informationsplattform. Am Anfang wurden die Informationen live übertragen und JournalistInnen konnten jeweils nur zwei Fragen stellen. Seitdem sich die Krise verschärft hat, stellt dieses Team Informationen nur online zur Verfügung, wo JournalistInnen nun auch ihre Fragen stellen können. Dies ist ein fragwürdiger Schritt, da nicht alle Fragen – insbesondere kritische – beantwortet werden.

    Darüber hinaus war das Hauptproblem der Onlineplattform zunächst das Fehlen von Informationen zur Ansteckungsrate nach Altersgruppen und Orten. Erst seit letzter Woche gibt dieses Team detaillierte Informationen über die Ausbreitung der Krankheit. Leider gibt das Team manchmal inkonsistente Antworten, z.B. über das Tragen von Masken oder das Testen.

  • Generell ist das Vertrauen vieler Menschen in der Türkei in die staatliche Informationspolitik gering. Der Vertrauensverlust zeigt sich in der Abkehr einer immer größeren Zahl an Menschen von den traditionellen, unter dem Einfluss der Regierung stehenden Medien und einer Hinwendung zu den sozialen Medien. Hier sind noch Freiräume für kritische Kommentierungen und Nachrichten erhalten, obgleich die Behörden gerade im Zusammenhang mit der Corona-Krise mit harter Hand gegen die Stimmen vorgegangen sind, die offizielle Infektionszahlen in Frage gestellt haben. Eine staatlich gelenkte Informationspolitik kann als eine Desinformationskampagne gewertet werden. Allemal wenn diese Informationen verbreitet, die von vielen unabhängigen Beobachtern angezweifelt werden. So hat der Verband der türkischen Mediziner zuletzt die offiziellen Zahlen der Regierung öffentlich in Frage gestellt. Dieser Akt des „Ungehorsams“ hatte in der Türkei großen Nachrichtenwert! Während die Regierung die Menschen zu beruhigen versucht, sagt der Ärztepräsident, die Lage sei „außer Kontrolle“. Vor allem in Ankara seien die Zahlen explodiert. Ein bekannter Arzt schrieb auf Twitter, die türkische Metropole sei „das neue Wuhan“.  

  • Das Vertrauen der Bevölkerung in die Informationspolitik der Regierung hat nicht nachgelassen, wohl aber das allgemeine Interesse an der Pandemie als solches. Wurden vor drei Monaten noch die täglichen Meldungen über die Zahl der Infizierten von den Senegalesen fast wie Kriegsberichte auf den Titelseiten der Medien verfolgt, so findet man heute die tägliche Pressekonferenz des Gesundheitsministers an vierter oder fünfter Stelle der Tagesereignisse. An der Präsentation der Informationen über das Virus hat sich dabei nichts geändert. Nach wie vor wird in sehr transparenter Weise täglich über die Gesamtzahl der durchgeführten Tests, der bestätigten Fälle, der geheilten Fälle und der Todesfälle berichtet.

    Mit Abflachen des öffentlichen Interesses, stand die Epidemie auch weniger im Interesse von Desinformationskampagnen. Fanden früher noch gefälschte Meldungen über die angebliche prophylaktische Wirkung afrikanischer Heilkräuter gegen Covid-19 erhebliches Echo in den sozialen Medien, so hat sich dieses Thema inzwischen erschöpft. Andere tagespolitische Ereignisse von nationalem und internationalem Interesse haben die Informationshoheit im Senegal zurückgewonnen. 

  • Das Vertrauen in staatliche Informationen ist sehr gering, da es sich bei den Informationen der Regierung im Allgemeinen um Propaganda handelt und der Staat nicht geneigt ist, in kritischen Situationen Transparenz herzustellen. Es bedurfte mindestens zweier aufeinanderfolgender Gerichtsverfahren, um die Regierung dazu zu zwingen, die Medien als Erbringer wesentlicher Dienstleistungen anzuerkennen und täglich aktualisierte Informationen und Statistiken über das COVID-19 zu veröffentlichen. Jedoch werden weiterhin alle Bemühungen zur Veröffentlichung von Statistiken durch die Regierung behindert. Der Staat hat so ein faktisches Monopol für die Veröffentlichung von Informationen über das Virus geschaffen. Durch die Verordnung Nr. 83 zu COVID-19 (Vorbeugung, Eindämmung, Behandlung, Nationaler Lockdown) hat die Regierung all diejenigen kriminalisiert, die “falsche Nachrichten” und “falsche Behauptungen” veröffentlichen, die kritisch gegenüber dem Staat sind. Die Regierung veröffentlicht derzeit tägliche Updates zur Pandemie-Situation. Doch die Daten sind unzuverlässig und unglaubwürdig, da es an politischem Willen zur Transparenz fehlt sowie systematische Fehler auftreten. So sind die Zahlen mit großer Wahrscheinlichkeit systematisch zu niedrig. Simbabwe verfügt nicht über ausreichende Kapazitäten, um verlässliche Daten bereitzustellen, da die gesamte Strategie zum Umgang mit dem Virus von Tests bis hin zur Behandlung Erkrankter unter einem Mangel an Ressourcen, Inkompetenz und Korruption leidet. Die Informationsstrategie der Regierung beruht auf einem strikten Top-Down-Ansatz und lässt keinen Platz für die Einbeziehung der Bürger.

    COVID-19 hat zu einer Infodemie geführt, die mit einem Anstieg an Desinformation verbunden ist sowie zu einer Ausbreitung von mythischen Vorstellungen über die Pandemie geführt hat. Vorstellungen, dass die Pandemie vor allem westliche Länder betrifft, sind weit verbreitet. Die Regierung war vor allem zu Beginn stark an der Verbreitung solcher Desinformationen beteiligt.

  • Im Großen und Ganzen besteht Vertrauen in die von der Regierung verbreiteten Coronavirus-Statistiken. Wie auch in anderen Ländern gibt es jedoch Bedenken hinsichtlich Zehntausender "überzähliger Todesfälle", die nicht unter die COVID-19-Todesfälle fallen. Exzessive Todesfälle sind natürliche Todesfälle, die über das hinausgehen, was aufgrund des historischen Musters zu erwarten wäre.

    Angesichts des wachsenden Wissens über COVID-19 sind gefälschte Nachrichten und Desinformationen über die Pandemie deutlich zurückgegangen.

  • In der marokkanischen Gesellschaft genießen Königshaus und Regierung grundsätzlich ein enormes Vertrauen. Dies erklärt auch, warum die marokkanische Bevölkerung eine der strengsten Ausgangssperren der Welt über mehr als zehn Wochen erduldet hat.

    Für Verärgerung und Wut sorgt die Regierung jedoch regelmäßig, indem sie einschneidende Maßnahmen sehr plötzlich in Kraft setzt. So blieben viele Familien auf Bergen von Einkäufen sitzen, die sie in Erwartung des wichtigen Eid al-Adha-Festes besorgt hatten. Ihre Verwandten und Freunde waren teilweise während der Anreise an Straßensperren zur Umkehr gezwungen worden.

    Die von der Regierung veröffentlichten Zahlen zu Erkrankungen und Todesfällen sind mit Vorsicht zu betrachten. Unabhängige Organisationen haben keinen Zugang zu den zugrundeliegenden Daten.

  • Die Regierung hat das anfangs gewonnene Vertrauen der Bevölkerung in ihre Pandemiepolitik komplett verloren, aus vier Gründen, die weder etwas mit Information noch mit Desinformation zu tun haben, sondern mit fehlendem Verantwortungsbewusstsein von Politik und Bürgern. 1. Durch eine zu schnelle Öffnung der Wirtschaft und der Schulen schon im Mai und Juni. 2. Die Zeit des ersten Lockdowns wurde nicht für die Vorbereitung von Maßnahmen für die Zeit danach genutzt. 3. Durch die Politisierung des Virus: In den Wirren der Regierungsbildung waren die Politiker vor allem daran interessiert, das Virus für ihre eigene Profilierung zu nutzen und überboten sich in Maßnahmen der Lockerung bestehender Beschränkungen. 4. Regeln wurden nicht eingehalten, die politische Klasse gefiel sich in Kritik am neu eingesetzten Koordinator der Regierung zur Bekämpfung der Pandemie, dem ‚Corona-Zar‘, und ermunterte damit die Bevölkerung zur Disziplinlosigkeit.

  • In den Palästinensischen Gebieten fehlt es seit langem an Vertrauen zwischen den staatlichen Stellen und der Bevölkerung. Die Informationspolitik dient dem Machterhalt und der Verbreitung einseitiger, im besten Fall wenig aussagekräftiger Inhalte. Allerdings zeigen sich die staatlichen Stellen in der Coronakrise transparenter und offener als sonst, die Bevölkerung reagiert kooperativer und befolgt die behördlichen Anweisungen zum Gesundheitsschutz einschließlich der Ausgangssperren. Für Verärgerung sorgt die Regierung jedoch dann, wenn Maßnahmen zu einschneidend scheinen und in nicht nachvollziehbarer Weise verändert werden. Die von der Regierung veröffentlichten Zahlen zu Erkrankungen und Todesfällen werden größtenteils geglaubt. Unabhängige lokale oder internationale Organisationen haben weitgehenden Zugang zu den zugrundeliegenden Basisdaten.

  • Die jordanische Regierung – allen voran das Königshaus – genießt allgemein hohes Vertrauen innerhalb der Bevölkerung, insbesondere im regionalen Vergleich. Allerdings scheint es, als hätte die Regierung dieses in den letzten Monaten zunehmend verspielt: Anfang August etwa, wurde die Öffnung des jordanischen Flughafens verschoben – angeblich aufgrund der besorgniserregenden Corona-Lage im Land. Zu diesem Zeitpunkt gab es jedoch laut offiziellen Angaben zwischen 0 und 5 Fällen am Tag. Als der Flughafen Anfang September schließlich geöffnet wurde, waren die Fallzahlen jedoch deutlich höher als im Monat davor. So wird in der Regel nicht deutlich, weshalb die Regierung welche konkreten Maßnahmen vorsieht und wie lange diese andauern sollen. Regierungskritische Proteste – etwa seitens der Lehrergewerkschaft – waren zunehmend zu beobachten, wurden aber unter Berufung auf das Verteidigungsgesetz aufgelöst. Das Verbot der Gewerkschaft und die Verhaftung sämtlicher führenden Köpfe wurde in der Bevölkerung äußerst kritisch wahrgenommen.

  • Das Vertrauen der Menschen im Libanon in die Politik ist äußerst gering. Die Explosion im Hafen von Beirut am 4. August mit mehr als 200 Todesopfern hat der libanesischen Bevölkerung einmal mehr vor Augen geführt, dass der Staat bei der Bereitstellung von öffentlichen Gütern auf allen Ebenen versagt. Die Informationspolitik ist keine Ausnahme. Informationen zu Beschränkungen des öffentlichen Lebens aufgrund der Corona Pandemie sind entweder unklar oder werden sehr spät bereitgestellt. Entscheidungen werden häufig revidiert, so das Betroffene oft nicht genau wissen, welche Regelungen anwendbar sind. Desinformationskampagnen haben seit der Explosion im Hafen deutlich zugenommen, auch in Hinblick auf COVID-19.

  • Desinformationen über die medizinischen Aspekte des Coronavirus sind weitgehend aus der Mode gekommen. Es gibt jedoch einige Fehlinformationen über die verschiedenen Heilverfahren, die weltweit in Entwicklung sind. Der Staat hat die Kommunikation rund um COVID-19 intensiviert und eine Vielzahl von Ressourcen bereitgestellt, auf die interessierte Parteien zugreifen können.

    Da die Lockdowns nach und nach gelockert werden, verlagert sich das Interesse der Menschen und derjenigen, die Fehlinformationen propagieren und verbreiten, wieder auf Themen, die bereits vor der Pandemie bestanden: religiöse Beziehungen, politische Parteien usw. .

  • Die staatliche Informationspolitik zur Pandemie in Pakistan war und ist widersprüchlich. Während es inzwischen zahlreiche offizielle Websites und Radio- und TV-Kampagnen gibt, die über Corona informieren, widersprechen sich die Informationen verschiedener staatlicher Stellen über Corona-Maßnahmen oft. Die angekündigten Maßnahmen und Instrumente sind in vielen Fällen noch nicht einsatzfähig. Die von verschiedenen religiösen Führern verbreiteten Fehlinformationen im Lande haben außerdem dazu geführt, dass viele Menschen die standardmäßigen Corona-Schutzmaßnahmen nicht ernst nehmen. Mehrheitlich haben die Menschen ihre Verhaltensweisen kaum geändert. Masken und Abstandsregeln werden sehr wenig angewendet. Nach wie vor sind viele Menschen der Meinung, dass ein gottgefälliges Leben das Schicksal bestimmt, nicht Hygienemaßnahmen.

  • Präsident Duterte hat sich in den letzten Wochen medial zurückgezogen. Aufgrund seiner hohen Umfragewerte haben aber die wöchentlich gefilmten Auftritte weiterhin einen hohen Stellenwert - auch wenn seine Aussagen problematisch sind: Die Bürger finden es gut wenn er einen Impfstoff bis Weihnachten verspricht oder für die Desinfektion von Masken mit Benzin wirbt. Mit Blick auf die Bekämpfung der Pandemie beschränkt er sich auf die Hoffnung auf einen baldigen Impfstoff, weitere Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung kommen nur schleppend in Gang.  Die Kommunikation von staatlichen Coronaregeln ist widersprüchlich und langsam. Beispielhaft ist die jüngste Reduktion des Mindestabstands auf 0.75 Meter zwischen Passagieren im öffentlichen Nahverkehr. Nach Protesten des Gesundheitsministeriums wurde dieser wieder auf 1 Meter erhöht und die abschließende Entscheidung durch den Präsidenten auf die nächste Woche verschoben - die es dann nicht gab. Desinformationskampagnen sind ein großes Problem auf den Philippinen, so sperrte Facebook hunderte von Konten die mit ihren Desinformationskampagnen den Präsidenten, die Polizei und die Armee unterstützen.

  • Die Menschen vertrauen der staatlichen Informationspolitik. Sie tun dies aus guten Gründen, weil die Regierung und die zuständigen Behörden an allen sieben Tagen der Woche akkurate Informationen herausgeben. Das sind ausschließlich nüchterne Fakten, keinerlei Wertungen. Hinzu kommt eine Erläuterung, welche Schlüsse daraus jeweils gezogen werden, welche Maßnahmen in Kraft sind, und welche Voraussitzungen für eine Lockerung oder eine Verschärfung erfüllt sein müssen. Da kein Nährboden für ihre Entfaltung vorhanden ist, spielen Desinformationskampagnen keine nennenswerte Rolle. Hinzu kommt, dass es ein breit angelegtes Faktencheck-System gibt, in dem neben wissenschaftlichen Einrichtungen auch Medien jeglicher Couleur vertreten sind.

  • Welche Einschränkungen der individuellen Freiheit werden umgesetzt? Wird der demokratische Prozess gewahrt?

  • Das Recht auf Freizügigkeit ist in Quarantänezeiten immer eines der ersten Opfer. Kaum jemand konnte in der Frühphase noch seiner Arbeit nachgehen. All das hat einen immensen Schaden angerichtet, wirtschaftlich, aber auch psychisch. Smart quarantine, das war und ist hier in Argentinien ein Fremdwort. Viele Menschen habe das Gefühl, regelrecht weggesperrt oder eingepfercht zu sein, und das über Monate. Sorgen muss man sich tatsächlich auch um republikanisch-liberale Prinzipien wie das der Gewaltenteilung machen. Die Exekutive hat sich längst zum dominanten, nicht mehr kontrollierten Faktor der hiesigen Politik gemausert. Auch der Betrieb bei Gericht hat sich längst noch nicht wieder normalisiert. Nicht nur die Opposition ist der Ansicht, dass Pandemie und Quarantäne von den regierenden Peronisten missbraucht werden.

  • Am 20. März wurde eine absolute Ausgangssperre verhängt. Wenngleich diese bis heute teilweise noch gilt, wurde sie dahingehend gelockert, dass die Bevölkerung derzeit alle 5 statt alle 10 Tage einkaufen und Bankgeschäfte erledigen darf. Supermärkte, Apotheken, wenige Restaurants und Läden sind nun nicht mehr nur unter der Woche, sondern auch am Wochenende in Betrieb. Die meisten Unternehmen arbeiten mit 20% ihrer Belegschaft unter Einhaltung strikter Sicherheitsvorkehrungen, um Ansteckungen zu vermeiden. Diese Maßnahmen werden per Dekret der Exekutive erlassen, was ihr in derart Ausnahmesituationen gesetzlich gestattet ist. Die Einhaltung der eingeführten Maßnahmen wird mittlerweile nicht mehr allzu streng durch die Polizei kontrolliert. 

  • Es gelten weiterhin das Verbot von Familienfeiern oder Treffen mit Freunden in Privatwohnungen. Kinder bis 14 Jahre dürfen sich täglich nur 30 Minuten und im Umkreis von 500m der Wohnung unter Aufsicht der Eltern im Freien aufhalten. Es gilt außerhalb der Wohnung absolute Maskenpflicht. Eine allgemeine Ausgangssperre gilt von 23 Uhr abends bis 04 Uhr morgens. Sonntags darf man keine Privat-PKWs benutzen, sondern ist auf ÖPNV angewiesen, was die Infektionszahlen wieder erhöhen wird. Diese Einschränkungen wurden von der Regierung in Notstandsdekreten verabschiedet und die Polizei und das Militär kontrollieren die Einhaltung. Bei der Ausübung dieser Tätigkeiten gilt weiterhin die im März erteilte Straffreiheit für Polizei und Militär.

  • Kanada schloss sich Anfang dieses Jahres einer Reihe von Ländern auf der ganzen Welt an und verhängte Sperrmaßnahmen, um die Verbreitung von COVID-19 einzudämmen. Während Kanada in den letzten Monaten gewisse Beschränkungen im ganzen Land gelockert hat, haben Provinzen wie Ontario, die zu den bevölkerungsreichsten des Landes zählen, die Wiederöffnung inmitten steigender Fallzahlen verlangsamt.

    In Kanada ist immer noch ein Quarantänegesetz in Kraft. Das bedeutet, dass Reisende, die nach Kanada einreisen, den Grenzbeamten ihre Kontaktinformationen mitteilen und einen Quarantäneplan vorweisen müssen: einen Ort, an den sie sich begeben können, um 14 Tage Selbstisolierung zu absolvieren. Diejenigen, die keinen Ort zur sicheren Isolierung haben, können in eine Bundesquarantäneeinrichtung geschickt werden, um die vorgeschriebene zweiwöchige Frist abzuwarten. Die Angabe falscher oder irreführender Informationen ist eine Straftat nach dem Quarantäne-Gesetz und kann zu Geldstrafen und sogar in bestimmten Fällen zu Gefängnisstrafen führen.

    Kanada hat auch am 21. März seine Grenze für Amerikaner geschlossen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, aber Amerikaner können trotzdem in das Land einreisen, wenn sie aus Alaska kommen oder dorthin reisen. Kanadas Grenze zu den USA soll mindestens bis Ende September geschlossen bleiben. Eine zwischen dem 28. Juni und dem 2. Juli durchgeführte Umfrage ergab, dass 81% der Kanadier wollen, dass die Grenze für den nicht lebensnotwendigen US-Verkehr geschlossen bleibt, um die Infektionsraten einzudämmen.

  • Viele US-Bundesstaaten haben Reisebeschränkungen eingeführt, die von Personen aus Staaten mit höheren COVID-19-Positivitätsraten häufig verlangen, dass sie sich nach ihrer Einreise zwei Wochen lang selbst isolieren. Ansonsten riskieren sie eine Geldstrafe. Um sicherzustellen, dass Reisende die Quarantäne einhalten, haben die Bundesstaaten begonnen, Kontaktinformationen zu sammeln und regelmäßige telefonische Check-Ins durchzuführen. 34 Bundesstaaten und der District of Columbia haben eine Maskenpflicht erlassen. In Bundesstaaten, in denen es keine derartige Pflicht Mandat gibt, haben mehrere große Städte und Bezirke eigene Regelungen erlassen erlassen, wie z.B. Miami-Dade County in Florida. Es gab Fälle von Anti-Maskenprotesten, bei denen große Gruppen von unmaskierten Personen vor Regierungsgebäuden aufmarschierten, zeitweise bewaffnet.

    Auch das Recht zu wählen ist durch das Coronavirus bedroht. Aufgrund von Bedenken wegen COVID-19 haben viele Staaten ihre Bürger ermutigt, bei den Präsidentschaftswahlen per Brief abzustimmen. Präsident Trump lehnt diese Idee unter Hinweis auf die Möglichkeit des Betrugs entschieden ab. Viele Amerikaner sind besorgt darüber, ob die US-Post in der Lage sein wird, ihre Stimmzettel rechtzeitig zuzustellen. Im Laufe des Sommers haben Änderungen, die vom Chef der US-Post Louis DeJoy vorgenommen wurden, wie z.B. die Abschaffung von Überstunden für Postzusteller, die Schließung von Postämtern und die Entfernung von Briefkästen, die Befürchtung geweckt, dass viele Briefwähler ihr Wahlrecht nicht ausüben können. Seit August wurden diese Änderungen offiziell bis nach der Wahl ausgesetzt, aber viele Amerikaner befürchten weiterhin, dass ihr Wahlrecht gefährdet ist, wenn sie sich auf Briefwahlsendungen verlassen.

  • Je nach Entwicklung der Fallzahlen hat die Regierung unterschiedliche Restriktionen eingeführt, so z.B. die Maskenpflicht in geschlossenen Räumen sowie spezielle Richtlinien für Cafés, Bars und Restaurants. Diese müssen neuerdings um Mitternacht schließen. Auch die Reisefreiheit in bestimmte Regionen wurde zeitweilig eingeschränkt. Die lokalen Administrationen wurden von der Regierung temporär mit mehr exekutiven Rechten versehen sowie finanziell unterstützt, jedoch ohne eine gesteigerte Kontrolle über diese auszuüben. So hatten die lokalen Strukturen weitestgehend freie Hand bei der Ausgabe von öffentlichen Mitteln.

    Auch die Medien wurden während der Krise mit finanziellen Hilfspaketen unterstützt, jedoch vor allem diejenigen, die sich in der Krise regierungsfreundlich positionierten. Dies behindert die Kontrolle der Regierungsmaßnahmen durch kritische Medien.

  • Seit August hat die Regierung verstärkte lokale Regelungen ermöglicht - sogenannte rote oder gelbe Zonen, je nach Anzahl der COVID-19-Fälle. Mit den neuen Maßnahmen können Beschränkungen von Ansammlungen, öffentlichem Verkehr und Veranstaltungen verhängt werden. Darüber hinaus gibt es immer noch umfassende Regeln zum Tragen von Masken und zum „social distancing“, obwohl deren rechtliche Grundlage (weil sie nur als Exekutivanordnungen, aber nicht als parlamentarisch beschlossene Gesetze eingeführt wurden) von Gerichten zunehmend in Frage gestellt werden.

  • Im Gegensatz zu Deutschland waren die individuellen Freiheitseinschränkungen in Frankreich vehement; vom 16. März bis 11. Mai 2020 wurde für 55 Tage eine Ausgangs- und Kontaktsperre verhängt. Menschen durften sich für lange Zeit nur mit einem ausgefüllten Formular in einem Umkreis von 1 km eine Stunde lang von ihrem Wohnort wegbewegen und mussten einen spezifischen Grund angeben. Aktuell haben aufgrund des starken Wiederanstiegs der Fallzahlen viele Städte in Frankreich eine allgemeine Maskenpflicht eingeführt. Zudem ist seit dem 1. September auch in Schulen und am Arbeitsplatz das Tragen einer Schutzmaske Pflicht. Im Gegensatz zu Deutschland werden diese weitgehenden Einschränkungen von der Bevölkerung größtenteils akzeptiert; es kam bislang zu keinen größeren Protestbewegungen. 

    In Bezug auf den politischen Prozess war das Abhalten der Parlamentssitzungen der Assemblée Nationale zeitweilig in Kritik geraten, da sich bereits im März mehrere Personen innerhalb des Parlaments angesteckt hatten und diese zu einem neuen Clusterherd zu werden drohte. Daraufhin tagte das Parlament im Notbetrieb. Dennoch konnten demokratische Entscheidungsprozesse insgesamt aufrechterhalten werden.

  • Nach Aufhebung des landesweiten Notfallmaßnahmen obliegt es den autonomen Regionen des Landes, über die Einschränkungen ihrer Bürger zu entscheiden. Aktuell gibt es in Spaniens Hauptstadt Madrid eine heftige Kontroverse um Freiheitsbeschränkungen, die fast ausschließlich Arbeiterstadtteile im Süden der Millionenmetropole betreffen. Diese dürfen von ihren Bewohnern nur anlassbezogen, insbesondere für Arbeit und Ausbildung, Arztbesuche etc., verlassen werden. Diese partiellen Einschränkungen der persönlichen Freiheit bergen großen Konfliktstoff – die Krise verschärft bestehende Risse und soziale Verwerfungen auch in Spanien. Die Gewerbefreiheit ist überall stark eingeschränkt mit Sperrstunden, Maximalbelegung und ähnlichen Auflagen in gastronomischen Betrieben und dem Hotelgewerbe. Auch private Zusammenkünfte sind stark beschränkt – in Madrid derzeit auf 6 Personen.

  • Die landesweite Quarantäne gilt vorerst bis zum 31.10.2020. Die Einschränkungen sind seit Mitte Mai schrittweise gelockert worden, fragwürdige Elemente wie das Verbot, Parks zu betreten, sind inzwischen aufgehoben. Die Regionen des Landes werden in vier Zonen eingeteilt, in denen entsprechend der Infektionslage unterschiedlich strikte Maßnahmen gelten. Dazu gehören überall Maskenpflicht in öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln sowie Vorgaben zu Raumgrößen und Abständen bei Veranstaltungen. Diese werden jedoch  kaum noch durchgesetzt. In einigen Regionen gab es Kritik an undurchsichtigen Berechnungsmethoden, manche Städte fühlten sich zu Unrecht benachteiligt und einige Bürgermeister opponierten medienwirksam – möglicherweise mit Blick auf die kommenden Lokalwahlen.

  • Zwischen dem 28. März und dem 11. April darf man das Haus nur aus triftigen Gründen verlassen, z.B. um zur Arbeit zu gehen, wenn das notwendig ist, bei der Inanspruchnahme medizinischer und veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen sowie zur Befriedigung der Bedürfnisse des täglichen Lebens wie Lebensmitteleinkauf. Menschen ab 65 Jahren können nur zwischen 9:00 und 12:00 Uhr einkaufen gehen.

    Seit 2018 liegt eine Versammlung im Sinne des ungarischen Versammlungsgesetzes vor, wenn mindestens zwei Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung zusammenkommen. Die Versammlung wird als öffentlich angesehen, wenn an ihr jeder frei teilnehmen kann.

    Das Ermächtigungsgesetz, das das ungarische Parlament am 30. März 2020 verabschiedet hat, verbietet bis zum Ende des Notstandes alle Abstimmungen, Referenden eingeschlossen. Die Maßnahme an sich wäre nicht so kontrovers, wenn das Gesetz eine Verfallsklausel hätte.

  • Am stärksten betroffen sind die Meinungsfreiheit, da die Regierung verschiedentlich gegen Journalisten und Nutzer von sozialen Medien vorgegangen ist. Auch der Datenschutz, der in der öffentlichen Debatte der Türkei eine zunehmende Rolle spielt, ist betroffen. Die hiesige Corona-App wurde nicht mit der gebotenen Sorgfalt eingeführt, individuelle Daten werden zentral gesammelt, eine Anonymisierung erfolgt nicht. Eine von der Stiftung in Auftrag gegebene Umfrage hat ergeben, dass vier von zehn Türkinnen und Türken kein Problem damit haben, dass der Staat angesichts der besonderen Situation die persönlichen Daten in großem Stil sammelt und speichert.

  • Die Regierung hat den Ausnahmezustand wieder aufgehoben und alle sonstigen Restriktionen bis auf wenige Ausnahmen beendet. Der Besuch von Stadien, Nachtclubs, Stränden und Großveranstaltungen (Konzerte) bleibt nach wie vor verboten. Gotteshäuser und Schulen sind wieder geöffnet. Es gilt eine allgemeine Maskenpflicht. Diese gilt für alle der Öffentlichkeit zugänglichen Orte, aber auch Privatunternehmen mit Publikumsverkehr. Die Einhaltung der Sozialdistanz wird bei allen Zusammenkünften von mehr als drei Personen vorgeschrieben. Das politische System (Parlament, Präsident und Regierung) arbeiten wie in der Vor-Corona Zeit.  Die verbleibenden Einschränkungen haben keine Auswirkungen auf den demokratischen Prozess. Der Flugverkehr wurde wiedereröffnet. Einreisende müssen einen gültigen Covid-Test vorweisen, sonst erfolgt der Test sofort am Flughafen. Häfen und Landgrenzen bleiben für den Personenverkehr geschlossen, wurden jedoch für den Warenverkehr wieder geöffnet.

  • Die Menschenrechtssituation ist nach wie vor besorgniserregend, da Simbabwe nach wie vor unter einem unbefristeten Lockdown steht, obwohl die Beschränkungen für wirtschaftliche Aktivitäten gelockert wurden. Die Bewegungsfreiheit ist nach wie vor durch Ausgangssperren sowie Straßensperren eingeschränkt, die durch Polizei und Armee durchgesetzt werden. Sowohl formelle als auch informelle Geschäfte sind geöffnet, jedoch auf sieben Stunden pro Tag beschränkt. Religiöse Versammlungen sind mit einer Höchstzahl von 50 Teilnehmern erlaubt. Politische Versammlungen und zivile Proteste sind weiterhin verboten. Der Zugang zum Gesundheitswesen ist ohne eine sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigung unmöglich, die zwischen 60 und 100 US-Dollar kostet – das ist mehr als Monatsgehalt eines Lehrers und einer Krankenschwester. Der Zugang zu sauberem Wasser ist eine Herausforderung, da Großstädte wie Bulawayo wochenlang ohne jegliche Wasserversorgung auskommen müssen. Mehr als 60% der Simbabwer sind von Ernährungsunsicherheit betroffen.

    Die Angriffe auf den demokratischen Prozess gehen weiter, und politische Aktivisten, Journalisten und Menschenrechtsverteidiger werden weiter inhaftiert. Journalisten sind aufgrund politisch motivierter Scheinanklagen verfolgt und strafrechtlich verfolgt worden. Im Juli wurde Hopewell Chin'ono, ein international preisgekrönter Journalist, verhaftet und verbrachte 45 Tage in einem Hochsicherheitsgefängnis ohne die Möglichkeit, eine Kaution zu stellen. Sein Verbrechen bestand darin, dass er die Regierung in Tweets beschuldigte, COVID-19 Spendengelder geplündert zu haben. Tsitsi Dangarembwa, die international preisgekrönte Autorin des berühmten Romans "Nervous Conditions", wurde wegen ihres Einzelprotests gegen die Kriminalisierung der Medien verhaftet. Wahlen wurden bis auf weiteres verboten - ein weiterer Sargnagel für eine schwankende Demokratie. Nach wie vor ist der Betrieb privater Verkehrsmittel verboten, was Tausenden von Familien die Existenzgrundlage entzieht.

    Die Regierung hat die Pandemie dazu benutzt, die oppositionellen Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) zu dezimieren, und zwar durch gut inszenierte, auf Schwindel und Täuschung beruhende Aktionen, zu denen die Abberufung von MDC-Abgeordneten aus dem Parlament, die Verwendung falscher Gerichtsurteile zur Delegitimierung der Opposition und die Besetzung ihres Hauptquartiers gehören. Aktivisten der Opposition wurden gefoltert, verschleppt, verhaftet und eingeschüchtert. Einige von ihnen wurden umgebracht. So wurde ein Gemeinderatsmitglied der MDC in der Provinz Hurungwe Mashonaland durch das Regime verschleppt, gefoltert und umgebracht. Das Regime ist noch weiter gegangen und hat durch Scheinkonsultationen der Öffentlichkeit während des Lockdowns Verfassungsänderungen vorgenommen. Die Änderungen zielen darauf ab, die Macht der Exekutive und insbesondere die des Präsidenten zu konsolidieren und gleichzeitig die Aufsichtsfunktion des Parlaments zu schwächen, wodurch der Konsultationsprozess zur Verfassung von 2009 praktisch zunichtegemacht wird. Das Virus ist somit effektiv dazu benutzt worden, die politischen Rechte der Opposition weiter einzuschränken.

  • Die Einschränkungen der individuellen Freiheit wurden deutlich gelockert - die meisten Aktivitäten sind wieder erlaubt. Inlandsreisen sind wieder möglich, und auch internationale Reisen werden demnächst unter strengen Auflagen wieder ermöglicht. Versammlungen in kirchlichen Einrichtungen oder bei gesellschaftlichen Veranstaltungen sind auf 250 Personen in geschlossenen Räumen oder 500 Personen im Freien beschränkt. Es gilt jedoch weiterhin eine allgemeine Ausgangssperre zwischen 1 und 4 Uhr morgens.

    Zu Beginn des Lockdowns gab es Fälle von Missbrauch der erweiterten Kompetenzen der Sicherheitskräfte. So wurden zum Beispiel einzelne Personen willkürlich von Angehörigen der Polizei und des Militärs getötet.

    Der Partner der FNF, die Helen-Suzman-Stiftung, hat die Regierung vor Gericht gebracht, insbesondere wegen der Missachtung des Parlaments. Das Parlament hat die Pflicht, Gesetze zu verabschieden, die die Reaktion des Staates auf die durch das COVID-19 verursachten Bedrohungen und Schäden konkret regeln, aber es hat dies nicht getan. Stattdessen erhielt der Minister für Regierungsführung und traditionelle Angelegenheiten im Zusammenhang mit COVID-19 außerordentlich weitreichende legislative und nimmt exekutive Befugnisse weiterhin wahr. Das steht nicht im Einklang mit der Verfassung Südafrikas und dem Prinzip der Gewaltenteilung.

  • Der Mitte März erstmals ausgerufene Gesundheitsnotstand dauert an. Die Menschen in Marokko müssen teilweise noch immer massive Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit hinnehmen. In manchen Städten gilt inzwischen wieder eine nächtliche Ausgangssperre. Reisen innerhalb des Landes sind nur in Ausnahmefällen gestattet. Reisen ins Ausland sind aufgrund der Insellage Marokkos (die Grenze zu Algerien ist seit 1994 geschlossen) und der Aussetzung des Fähr- und Flugverkehrs praktisch unmöglich.

    Die Verwaltung des Parlamentes hat sich darum bemüht, frühzeitig ein Hygienekonzept und Möglichkeiten für Tele-Abstimmungen zu entwickeln, sodass die Abgeordneten ihre Arbeit fortsetzen und die oben beschriebenen Einschränkungen billigen konnten.

  • Seit dem 18. September 2020 gilt wieder ein landesweiter Lockdown, nachdem lokale Einschränkungen nicht durchzusetzen waren. Der Widerstand gegen sinnvolle Maßnahmen macht deutlich, wie tief Misstrauen und Spaltungen in Israels Politik und Gesellschaft reichen. Vollständig geschlossen sind alle Orte mit Publikumsverkehr, geöffnet bleiben Lebensmittelgeschäfte und Apotheken. Schulen schließen für alle Altersstufen. Die Menschen dürfen sich max. 1.000 Meter von ihrer Wohnung entfernen, darüber hinaus für Arztbesuche, Einkäufe sowie zur Teilnahme an Gerichtsprozessen und Demonstrationen. Das Versammlungsrecht ist damit gewährleistet.

    Eine Neuauflage der Corona App "Schutzschild 2“ fand bislang nur 22.000 Nutzer und ist keine effektive und freiwillige- Alternative zum Trackingsystem des Inlands-Geheimdienstes. Das Scheitern der zivilen Corona-App wird einer gescheiterten Medienkampagne zu ihrer Einführung und dem Misstrauen der Bevölkerung zugeschrieben. Bei der epidemiologischen Nachverfolgung von Infektionsketten ist das Gesundheitsministerium damit weiterhin auf den Geheimdienst angewiesen.

  • Der Anfang März erstmals ausgerufene Gesundheitsnotstand dauert an. Die Menschen müssen nach dem damaligen totalen Lockdown nun nur noch teilweise Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit hinnehmen. Massivere Einschränkungen bis hin zu nächtlichen Ausgangssperren gibt es nur in rot eingestuften Landesteilen mit höheren Infektionszahlen. Reisen innerhalb der Gebiete sind weitgehend möglich, Auslandsreisen bis auf wenige Ausnahmen ausgeschlossen. Störungen bestehen im Schul- und Universitätsbetrieb sowie in manchen Wirtschaftsbereichen.

    Der demokratische Prozess (funktionierendes Parlament, allgemeine Wahlen) funktioniert aufgrund der internen Spaltung Fatah-Hamas seit Jahren nicht mehr. Der Präsident besitzt alle Macht und regiert mit Dekreten, die Kompetenzen der Regierung und weiteren staatlichen Stellen sind auf die Umsetzung seiner Anweisungen reduziert worden.

  • Bereits vor der aktuellen Krise waren Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung, insbesondere mit Blick auf die Monarchie, stark beschränkt. Die in Jordanien im Zuge der Pandemie erlassenen Maßnahmen fallen in das breit angelegte Kompetenzspektrum der Regierung – der Prozess ist also verfassungsgemäß, wenn auch ohne demokratische Kontrolle. Seit März gelten zudem das Nationale Verteidigungsgesetz und der offizielle Notstand, welche dem Premierminister de facto das Regieren per Erlass erlaubt.

    Im Laufe des ersten Halbjahres wurde durch teilweise oder vollständige Ausgangssperren und Fahrverbote vor allem die Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Geschäfte, Restaurants, Cafés und Schulen durften erst nach und nach wieder öffnen und wurden Anfang September vorübergehend aufgrund höherer Infektionszahlen wieder geschlossen. Die Reisefreiheit war bis Anfang September eingeschränkt, als der Flughafen nach mehr als 6 Monaten wieder für den Regelbetrieb öffnete. Zahlreiche Proteste, besonders seitens der Lehrergewerkschaft, wurden unter Berufung auf das Verteidigungsgesetz aufgelöst. Es kam außerdem zu zahlreichen Verhaftungen, u.a. eines Journalisten aus Bangladesch sowie eines jordanischen Karikaturisten – es wurden das Anti-Terror-Gesetz sowie das Gesetz zur Bekämpfung der Cyberkriminalität herangezogen. Beide Fälle sind nicht mit rechtsstaatlichen Verfahren und Menschenrechten nach internationalen Standards vereinbar.

  • Aufgrund der Explosion am Hafen wurden die Beschränkungen zeitweise ausgesetzt. Allerdings sind seit dem 21. August eine allgemeine Ausgangssperre und weitere Beschränkungen des öffentlichen Lebens in Kraft. Aufgrund des Drucks aus dem Gastronomiegewerbe wurde die Ausgangssperre gelockert, dennoch besteht diese zwischen 01.00 Uhr und 06.00 Uhr fort. In Beirut wurde aufgrund der Explosion der Notstand ausgerufen, der dem Militär weitgehende Rechte einräumt. Die Armee kann Ausgangssperren verhängen, Versammlungen verbieten und Medienorganisationen und Publikationen zensieren, wenn sie diese als Bedrohung für die nationale Sicherheit erachtet – der demokratische Prozess ist damit quasi ausgesetzt.

  • Die Regierung hat den anhaltenden Lockdown und andere Einschränkungen, die auch die demokratischen Institutionen betrafen, genutzt, um hart gegen Demonstranten gegen das Staatsbürgerschaftsänderungsgesetz und die damit verbundenen Unruhen vorzugehen, die in der Hauptstadt stattfanden. Aktivisten wurden mit drastischen Klagen überzogen. In einem Fall wurden mehr als 1,1 Millionen Seiten Beweismaterial eingereicht.

    Im indischen Parlament gab es während der sogenannten Monsun-Sitzung eine Situation, in der die Mikrofone der Oppositionsabgeordneten während einer Debatte über eine Reihe umstrittener Farmgesetze stumm geschaltet wurden. Dies zeigt einen Rückgang der legislativen Kontrolle und der demokratischen Prozesse.

  • Auf Druck von Wirtschaft und religiösen Führern wurden die Lockdown-Maßnahmen zum Ende des Ramadans am 30. Mai weitgehend aufgehoben. Das führte erwartungsgemäß zu einem starken Anstieg der Infektionszahlen. Die erste Infektionswelle traf vor allem die urbanen Zentren im Juni/Juli und ist seit ihrem Höhepunkt Mitte Juni stark abgeklungen. Aufgrund der nach wie schlechten Datenlage und geringer Testzahlen ist es jedoch schwierig, ein reales Bild über die tatsächlichen Infektionszahlen zu erhalten. Generell herrscht jedoch die Auffassung vor, dass die Pandemie vorüber sei und man jetzt beginnt, zur Normalität zurück zu kehren. Auch die parlamentarischen Prozesse kehren zur Normalität von Präsenzsitzungen zurück. Nennenswerte Einschränkungen des politischen Lebens gibt es nicht mehr. Auch Demonstrationen finden wieder statt.

  • Die demokratischen Institutionen operieren weiterhin auf den Philippinen, aber aufgrund des weltweit längsten und härtesten Lockdowns kommt es zu starken Einschränkungen der individuellen Freiheit. Auch sechs Monate nach Beginn des Lockdowns dürfen die Bewohner Manilas ihren Stadtteil nur für die Arbeit verlassen. Freiheitseinschränkungen sind auch auf anderen Ebenen zu verzeichnen. Im Bereich der Medienfreiheit beendete die Regierung die Arbeit des Medienkonzerns ABS-CBN indem sie die Sendelizenz nicht verlängerte. Präsidenten Duterte hatte sich seit Jahren auf den unabhängigen Medienkonzern eingeschossen und ihn mehrfach bedroht. Zusätzlich Rückschritte erfolgten im rechtsstaatlichen Bereich durch ein neues Anti-Terror Gesetz. Laut Oppositionspolitikern und Menschenrechtsverteidigern hebt dieses Gesetz die Kontrollfunktion der Justiz auf. Trotz starker Proteste setzte die Regierung dieses umstrittene Gesetz dennoch durch.

  • Die Einschränkungen der individuellen Freiheit sind durchaus bedeutend. Restaurantbesuche beispielsweise werden ebenso reglementiert wie der Schulbesuch, die Möglichkeit, Veranstaltungen zu besuchen etc. De facto herrscht oberhalb einer kritischen Marke von 50 Personen ein Versammlungs- und Demonstrationsverbot. Aktive Religionsausübung in Gottesdiensten ist nicht möglich.
    Einreisende werden verpflichtet, eine App auf ihr Smartphone zu laden, über die während der 14-tägigen verpflichtenden Quarantäne nicht nur mehrmals täglich Gesundheitswerte übermittelt werden, sondern auch stets der genaue Aufenthaltsort des Besitzers. Der Datenschutz ist weitgehend außer Kraft gesetzt, wenn es um Daten geht, die für die Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus relevant sind oder es sein könnten. Das sehr erfolgreiche und vielfach gelobte „Tracking and Tracing“ hat seinen Preis Der demokratische und rechtsstaatliche Prozess wird grundsätzlich gewahrt, denn die Erweiterung der Zugriffsrechte des Staates erfolgen auf der Basis einer Ausnahmegesetzgebung.

  • Gibt es bereits eine erkennbare Strategie für die Zeit danach? Wie groß ist die Gefahr, dass das Virus als Legitimation für langfristige Freiheitseinschränkungen missbraucht wird? Welche Gefahren für den Schutz der Menschenrechte bestehen?

  • Eine Strategie für eine Renormalisierung ist nicht zu erkennen, weder ein kurzfristiger Aktionsplan noch eine groß angelegte langfristige Vision. Covid-19 scheint von der Regierung Fernández ganz bewusst dazu benutzt zu werden, die totalitären Überwachungsfantasie des Peronismus endlich Wirklichkeit werden zu lassen. Das Virus dient als Vorwand, Freiheitsrechte einzuschränken, es dient als Sündenbock für die sich weiter verschlechternde Situation der argentinischen Wirtschaft. Die Banken leiden unter Einschränkungen, es gibt Devisen- und Preiskontrollen bei gleichzeitiger galoppierender Inflation. Auch wenn er selbst nicht zur Wahl steht: Bei den Zwischenwahlen nächstes Jahr im Oktober könnte die Partei von Präsident Fernández eine herbe Niederlage einfahren. Andererseits: Wenn die Regierung eine Zweidrittelmehrheit im Senat erringen und ihre Mehrheit im Abgeordnetenhaus ausbauen würde, hätte sie die Möglichkeit, die von ihr projektierte Justiz- und möglicherweise auch noch eine Verfassungsreform ganz legal auf den Weg zu bringen.

  • Die Privatwirtschaft hat vor bereits mehreren Monaten einen Plan für die Wiederaufnahme ökonomischer Aktivitäten vorgelegt. Lange Zeit hat die Regierung diese Vorschläge überhaupt nicht beachtet, mittlerweile hat sie Teile des Plans zögerlich umgesetzt.

    Die Wahrscheinlichkeit, dass Freiheitseinschränkungen für den einzelnen Bürger langfristig bestehen bleiben, ist niedrig. Das Zentrum für Forschung und Förderung im Bereich der Menschenrechte beobachtet das Agieren der Regierung, befürwortet die ergriffenen Maßnahmen im Rahmen des Ausnahmezustandes, weist aber ausdrücklich darauf hin, dass es sich eben um einen begrenzten Zeitraum handele und Menschenrechte gewahrt bleiben müssten.

  • Es gibt KEINE konsequente und kohärente Strategie seitens der Regierung, zumal es seit dem 30.09.2019 43 Ministerwechsel gegeben hat. Seit dem 16. Marz (Verhängung des Notstandes) hat es jeweils drei Wechsel des Wirtschaftsministers und des Gesundheitsministers gegeben. Fast wöchentlich werden neue Bestimmungen erlassen.

    Es besteht die Gefahr, dass die Ausgangssperre auch über die Covid-Zeit hinaus verlängert wird, um der wachsenden Kriminalität Einhalt zu bieten. Die Anzahl von Morden und anderen Gewaltverbrechen ist gesunken, Straßenraub und allgemeine Raubüberfälle haben dagegen stark zugenommen.

    Die durch Präsidialdekret weitgehend eingeräumte Straffreiheit für Polizei und Militär bei der Um- und Durchsetzung der COVID-Bestimmungen führt in einer Vielzahl von Fällen zu Übergriffen bei Kontrollen. Eine weitere negative Auswirkung der strikten Freiheitseinschränkungen ist der große Anstieg häuslicher Gewalt seit Beginn der Corona-Krise.

  • Die Gefahr, dass das Coronavirus als Legitimation für langfristige Freiheitseinschränkungen missbraucht wird bleibt sehr gering, da der Schutz der individuellen Freiheit sehr stark in der Verfassung, der institutionellen Ordnung und dem Bewusstsein der Bürger verankert sind.

  • Die Reaktion der Bundesregierung auf COVID-19 bleibt uneinheitlich, was zum großen Teil darauf zurückzuführen ist, dass die Trump-Regierung die Bedeutung des Virus weiterhin herunterspielt, obwohl sie sich der Gefahr seit Februar voll bewusst ist, wie kürzlich in einem Interview zwischen Präsident Trump und dem Journalisten Bob Woodward deutlich wurde. Das Fehlen einer klaren und transparenten Führung auf Bundesebene hat die Verantwortung den Staaten und Städten überlassen, in denen die Politik sehr unterschiedlich ist. So steht derzeit nicht so sehr die Gefahr einer durch COVID-19 legitimierten Machtausweitung der Regierung im Vordergrund, sondern die Befürchtung, dass COVID-19 zu weiteren vermeidbaren Todesfällen führen könnte.

  • Weiterhin gibt es keine erkennbare Strategie der Regierung für die Zeit nach der Pandemie. Die Behörden führen je nach Situation ad-hoc Maßnahmen ein, die eine klar definierte Richtung vermissen lassen. Im Moment steigen die Fälle vor allem im Großraum Athen, was zu einer umgehenden Verschärfung der Restriktionen geführt hat. Ein Großteil der zur Verfügung stehenden Intensivbetten ist belegt, sodass Experten Alarm schlagen für den Fall einer weiteren Zunahme der Patientenzahl. Die Lage in den Flüchtlingslagern ist nach wie vor katastrophal, so dass erste Fälle von Infektionen auch dort auftraten. Eine unkontrollierte Verbreitung des Virus unter Geflüchteten ist nur eine Frage der Zeit, weshalb die Regierung die Rechte der Geflüchteten, wie beispielsweise die Bewegungsfreiheit, maximal einschränkt. Der Schutz der Menschenrechte in den griechischen Flüchtlingslagern war schon vor der Pandemie - und dem verheerenden Brand in dem Flüchtlingslager Moria - ein frommer Wunsch - und ist mittlerweile so fern von der Realität wie nie zuvor.

  • Derzeit ist keine umfassende Strategie für die Zeit nach der Pandemie erkennen. Die Regierungspolitik ist recht chaotisch besteht aus einer Vielzahl an sehr  kurzfristigen Maßnahmen. Trotzdem besteht das Risiko, dass die Lage ausgenutzt wird, um langfristig Freiheiten zu beschränken. Seit die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) 2015 an die Macht kam, ist die Position Polens in sämtlichen relevanten Indizes zu persönlichen und wirtschaftlichen Freiheiten und auch zum Zustand der Demokratie im Sinken begriffen. Im diesjährigen Nations in Transit-Index von Freedom House wird Polen nicht mehr zu den gefestigten Demokratien gerechnet.

    COVID-19 liefert zusätzliche Ausreden für Einschränkungen und neue Regulierungen, was in einem System mit schwachen „checks and balances“ wie Polen zunehmend problematisch wird. Es gibt zurzeit in Polen heftige Kontroversen darüber, ob man nicht einen verfassungsrechtlichen Notstand ausrufen sollte, statt lediglich durch Regierungsdekrete die Freiheit zu beschneiden.

  • Zwar rief die Regierung zum Management der Krise den Gesundheitsnotstand aus, der ihr die Möglichkeit einräumte, Ausgangssperren zu verhängen. Die demokratische Verfasstheit Frankreichs bleibt aber unbeschadet, es ist kein Missbrauch von Freiheitseinschränkungen zu beobachten. Problematisch gestaltet sich allerdings die Einhaltung der Menschenrechte bestimmter sozialer und ethnische Gruppen in Frankreich wie etwa Roma oder Obdachlose, welche oft ungeschützt den Gefahren des Virus ausgesetzt sind. In diesem Zusammenhang wird auch debattiert, inwieweit der französische Staat nicht unentgeltlich Schutzmasken zur Verfügung stellen sollte.

  • Die Gefahr dauerhafter Schäden für die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Spanien droht eher durch indirekte Effekte wie ein Erstarken der rechten oder linken Ränder (letztere insbesondere auf regionaler Ebene) als Konsequenz der schwersten Wirtschaftskrise seit der Franco-Zeit. Durch das aktuell wieder extrem dynamische Infektionsgeschehen liegt das Augenmerk der unterschiedlichen Regierungsebenen derzeit klar auf dem Versuch, der Gesundheitskrise Herr zu werden. Eine strategische Beschäftigung mit den notwendigen Reformen in der Zeit danach ist bislang noch nicht zu erkennen. Die nächste große Hürde ist die Verabschiedung des Haushalts im spanischen Kongress, bei der die liberale Partnerpartei der Stiftung, Ciudadanos („Bürger“), die regierenden Sozialdemokraten nach einer Rückbesinnung auf die politische Mitte unterstützen könnte.

  • Eine Post-Corona-Strategie ist noch nicht erkennbar, ein Ausstiegsszenario wird diskutiert. Für einen Missbrauch der Regelungen zur Etablierung langfristiger Freiheitseinschränkungen gibt es derzeit keine Anhaltspunkte.

    Nicht völlig ausgeschlossen ist, dass im Schatten der Pandemie unpopuläre politische Entscheidungen durchgebracht werden könnten. Elementare Menschenrechte sind durch die einschränkenden Maßnahmen in den frontnahen Dörfern des Donbas berührt. Die Grenzen zu den sog. Volkesrepubliken sind geschlossen, Menschen vom Empfang ihrer Renten abgeschnitten. Etliche Dörfer auf der ukrainisch kontrollierten Seite sind durch die Einstellung des Nahverkehrs von jeder Versorgung abgeschnitten. Die „Volksrepubliken“ selbst sind vermutlich unzureichend medizinisch vorbereitet.

  • Die Regierung von Viktor Orbán kündigte am Samstag, dem 4. April, das Aktionspaket der Regierung an, in dem sie die Parkgebühren im ganzen Land abschaffen und gleichzeitig die staatliche Unterstützung für Parteien und lokale Regierungen zur Bekämpfung der Pandemie verwenden will. Diese Maßnahme ist problematisch, da sie die institutionelle Unabhängigkeit und Eigenverantwortung schwächt und die lokalen Regierungen in eine sehr schwierige finanzielle Situation bringt.

    Am 30. März verabschiedete das ungarische Parlament ein Notverordnungsgesetz, das Premierminister Viktor Orbán fast diktatorische Vollmachten überträgt. Das Gesetz sieht vor, dass sich das Parlament selbst entmachtet, denn im Krisenfall könnte die Regierung auf unbestimmte Zeit per Dekret regieren. Das Gesetz wurde mit der Zweidrittelmehrheit verabschiedet, über die Orbán im Parlament verfügt.

    Die andere fragwürdige Maßnahme betrifft die Verbreitung gefälschter Nachrichten. Für die Verbreitung von Falschmeldungen über die Pandemie sind sogar bis zu 5 Jahre Haft möglich. Das ist problematisch, da das Gesetz den Begriff "gefälschte Nachrichten" nicht spezifiziert und es somit gegen jeden verwendet werden kann, egal ob es sich wirklich um gefälschte Nachrichten handelt oder nicht.

  • Die Corona-Strategie der Regierung ist von dem Primat der Wirtschaft geprägt. Zu keinem Zeitpunkt sind in der Türkei die Fabrikhallen geschlossen worden; während jungen Menschen und Alten über 65 Quarantäne verordnet wurde, ging an den Fließbändern und auf den Großbaustellen die Arbeit munter weiter. Diese Prioritätensetzung zeigte sich sodann im Sommer, als es Ankara nicht schnell genug gehen konnte, die Touristen aus dem Ausland ins Land zu locken – und Reisewarnungen und deren Aufhebung zu einem erstrangigen politisch-diplomatischen Thema wurden. Kritiker sagen, Präsident Erdogan nutze die Pandemie, um die Freiheitsrechte weiter einzuschränken. Um Freiheitsrechte und Rechtsstaatlichkeit ist es bereits so schlecht bestellt, dass dem Virus hier kein besonderer zusätzlicher Effekt zugeschrieben werden sollte.   

  • Bislang beschränkt sich die Strategie der Regierung auf die Ankündigung von gigantischen Summen an Corona-Unterstützung für die von Restriktionen geschädigten Wirtschaftsbereiche.  Da der Ausnahmezustand wiederaufgehoben wurde und die meisten Restriktionen ebenfalls, besteht kein Grund zu der Annahme, dass die noch existierenden Beschränkungen langfristig die bürgerlichen Freiheiten kompromittieren. Eine Gefahr für den Schutz der Menschenrechte bestand zu keiner Zeit.

  • Der Entwurf für ein Gesetz über soziale Medien soll nach den Plänen des Regimes bis Oktober 2020 verabschiedet werden.  Die Regierung behauptet, der Gesetzentwurf solle den die Verbreitung von Unwahrheiten in den sozialen Medien unter Strafe stellen. Doch in Wirklichkeit soll Dissens erstickt werden. All diese Schritte, die unter dem Deckmantel der Sicherung der öffentlichen Gesundheit unternommen werden, sind darauf zugeschnitten, die wenigen demokratischen Errungenschaften, die im Laufe der Jahre erzielt wurden, einzudämmen und rückgängig zu machen. Es ist eine gut geplante Strategie, dass im Jahr 2023, wenn in Simbabwe allgemeine Wahlen stattfinden, die Opposition sehr schwach und ohne Basis sein wird. Die Stimmen der Bürger sollen möglichst nicht vernehmbar sein. Die Kriminalisierung der Medien wird sich langfristig auf die Qualität der Nachrichten auswirken und dazu führen, dass es im Land keine nennenswerten privaten Medien mehr geben wird.

  • Die wirtschaftlichen Folgen fallen in den Kontext einer ohnehin schon sehr schlechten wirtschaftlichen Situation. Nach dem durch das Virus verursachten harten Lockdown sind einschneidende Strukturreformen zur Wiederbelebung des Wirtschaftswachstums notwendig. Eine Strategie dafür scheint noch nicht zu existieren, obwohl es innerhalb der Regierung offenbar laufende Gespräche darüber gibt, wie diese aussehen könnte.

    Es gibt derzeit keinen Grund zu der Annahme, dass die verhängten Freiheitsbeschränkungen aus unrechtmäßigen Gründen eingeführt wurden und nach Wegfall ihrer Notwendigkeit weitergeführt werden. Allerdings erscheint die Ausgangssperre zwischen 1 und 4 Uhr morgens in diesem Stadium etwas willkürlich.

  • Mit ihrem bisherigen Kurs verfolgt die marokkanische Regierung eine Strategie der wirtschaftlichen Innovation und der gesellschaftlichen Repression.

    Das Land beeindruckt während der Krise durch seine Innovationskraft, beispielsweise bei der Entwicklung eigener Beatmungsgeräte oder bei der zügigen Auszahlung von Corona-Hilfen mittels digitaler Technologie.

    Gleichzeitig versucht die Regierung, das Recht auf freie Meinungsäußerung wirksam zu beschränken. Der Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung der sozialen Medien, der im Grunde nichts Anderes als ein Strafkatalog für kritische Kommentare im Internet darstellt, scheiterte vor kurzem am heftigen Widerstand der Zivilgesellschaft. Es wird jedoch nicht der letzte Versuch gewesen sein, missliebigen Bloggern und Regimekritikern einen „Maulkorb“ zu verpassen.

  • Eine Strategie ist derzeit nicht zu erkennen. Sie kann für die Zeit nach dem aktuellen lock-down kann nur in Kenntnis der Effekte der jetzigen Beschränkungen entwickelt werden. Es wird wie in allen Staaten darum gehen, 1. mit dem Virus zu leben und 2. für Entwicklungen jeweils einen politischen Konsens zu finden. 3. geht es in einer nationalen Strategie darum, ausreichend Notfallbetten samt Personal bereitzustellen, womit Israel nicht gut ausgestattet ist. 4. muss verbessert werden, was bislang nicht funktioniert: Ausreichendes Testen, gerade am Flughafen Ben Gurion sowie die Nachverfolgung von Kontakten mit Infizierten, wofür Personal fehlt.  

    Einen Missbrauch der Situation für die Einschränkung von Freiheitsrechten gibt es nicht; die neue Regierung ist so dermaßen heterogen und gespalten, dass sie sich in diesem Aspekt selbst kontrolliert und ggf. blockieren würde.

  • Es bedurfte keiner Pandemie, um Freiheitsbeschränkungen zu legitimieren. Seit etwa zwei Jahren verfolgt die palästinensische Regierung einer Doppelstrategie von wirtschaftlicher Innovation und Entwicklung einerseits, sowie der politischen und gesellschaftlichen Repression andererseits. Das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie andere Grundrechte werden beschränkt, missliebige Blogger und Regimekritiker werden unter Druck gesetzt, vor allem islamistische Oppositionelle werden stark beschränkt.

    Das Land leidet wegen der Coronakrise zusätzlich zu den chronischen Krisen in jeder Hinsicht massiv. Die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen sind enorm und die Regierung hat keine klare Strategie für die Zukunft.

  • Eine Strategie für die Zeit nach COVID-19 ist in Jordanien nicht zu erkennen. Mit Blick auf das restriktive Vorgehen der jordanischen Regierung hinsichtlich Meinungs-, Presse- und Bewegungsfreiheit in den letzten Monaten und die Berufung auf das Notstandsgesetz in einigen dieser Fälle

    Es ist davon auszugehen, dass Staat und Polizei sich auch weiterhin auf das Notstandsgesetz berufen werden, wenn es um die Unterdrückung kritischer Stimmen geht. Hier war in den letzten Monaten ein sehr restriktives Vorgehen der Regierung hinsichtlich Meinungs-, Presse- und Bewegungsfreiheit zu beobachten.

    Die Proteste der Lehrergewerkschaft etwa forderten die Auszahlung höherer Löhne, welche ihnen bereits vor der Pandemie zugesichert worden waren. Die Regierung hatte jedoch höhere Gehaltszahlungen unter Berufung auf die Pandemie zunächst ausgesetzt. Es ist davon auszugehen, dass die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Krise zu weiteren Protesten ob der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik des Landes führen werden. In sozialen Medien ist vermehrt von kleineren Protesten außerhalb der Hauptstadt die Rede, über die jedoch in staatlichen Medien nicht berichtet wird.

  • COVID-19 spielt wegen der Explosion im Hafen und der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise in der Geschichte des Landes eher eine untergeordnete Rolle. Trotz Rekordinfektionszahlen versucht die Regierung, die Wirtschaft am Laufen zu halten und weitergehende Beschränkungen zu vermeiden. Eine Gefahr stellt der ausgerufene Notstand dar. Zudem ist die Medienfreiheit in den letzten Jahren vermehrt unter Druck geraten, dieser Trend könnte sich aufgrund der aktuellen Lage durchaus verstärken.

  • Gegenwärtig gibt es Anzeichen dafür, dass die gegenwärtige Regierung die Auswirkungen, die der Virus auf das Funktionieren demokratischer Institutionen hatte, nutzen wird, um gegen abweichende Meinungen vorzugehen.

    Ein prominenter Aktivist erklärte, dass "eine Atmosphäre herrscht, in der jeder, der Fragen aufwirft, als antinational bezeichnet wird". Es besteht die Gefahr, dass dies in den kommenden Monaten zu einem immer größeren Problem wird. Die nationale Menschenrechtskommission hat ein Expertengremium eingesetzt, um die Auswirkungen von COVID-19 auf die Menschenrechte zu untersuchen, und hat das Protokoll ihrer dritten Sitzung veröffentlicht.

  • Pakistan konnte aufgrund seiner komplexen Verwaltungsstrukturen und unübersichtlichen Verantwortlichkeiten staatlicher Stellen den Lockdown zu keinem Zeitpunkt konsequent umsetzen. Die Konflikte zwischen der Nationalregierung und den Provinzen, insbesondere der von der Opposition regierten Provinz Sindh, führten dazu, dass dort z.T. strikte Corona-Maßnahmen blockiert worden oder sogar zurückgenommen werden mussten. Das erschwerte die Koordination der Provinzen untereinander. Die Pandemie hat die schon vorher existierenden Tendenzen zu mehr Zentralisierung zu Gunsten der nationalen Regierung und des Militärs verstärkt.

    Menschenrechtsorganisationen berichten von einem Anstieg von häuslicher Gewalt und Cyber-Bullying während des Lockdowns. Die Nutzung von Telefon-Hotlines zu diesen Themen ist seit Beginn der Pandemie rasant angestiegen. Die Dunkelziffer in diesem Bereich ist jedoch sehr hoch, da Frauen oft aus kulturellen Gründen keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu Internet und digitalen Medien haben und damit in mehrfacher Hinsicht durch die neue Realität der Pandemie benachteiligt sind, auch in ihrem Zugang zu digitaler Bildung und Informationen.

    Der aktuelle Ansatz der nationalen Regierung, auf lokale Corona-Ausbrüche mit „smart lockdowns“ zu reagieren, wird nach wie vor durch die schlechte Datenlage und geringe Testzahlen erschwert. Obwohl es z.B. im Bildungsbereich zu Beginn des neuen Schuljahres auf lokaler und Provinzebene Konzepte gibt, wie man graduell zum Präsenzunterricht zurückkehrt, ist doch eine umfassende Koordination und strategische Ausrichtung im Sinne einer nationalen „Exit-Strategie“ nicht erkennbar.

  • Die Aussagen des Präsidenten beschränken sich auf einen baldigen Impfstoff. Eine von der Regierung verfolgte Strategie für die Zeit danach ist nicht zu erkennen, obwohl Gesetzgeber und Experten Pläne vorstellen. Die freiheitsbeschränkende populistisch-autoritäre Regierungsführung von Präsident Duterte mit den damit verbundenen Problemen im Menschenrechtsbereich wird wohl auch nach der Pandemie fortgeführt.

  • Das Hauptaugenmerk von Politik und Behörden liegt aktuell auf der Eindämmung und möglichst Ausmerzung der bestehenden Gefahr. Ob und wann es eine „Zeit danach“ gibt, wird nicht thematisiert. Die Gefahr einer Perpetuierung der coronabedingten Beschränkungen ist vorstellbar, da man sich in Korea das Ziel eines vollständigen Sieges über das Virus gesetzt hat. Südkorea bleibt aber ein Rechtsstaat. Einzelne Menschenrechte wie Versammlungsfreiheit oder das Recht auf freie Religionsausübung sind aufgrund der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung stark eingeschränkt.

  • Wie wird mit den wirtschaftlichen Folgen/Wohlstandsverlusten umgegangen? Gibt es die Gefahr größerer Armut? Steigt die Kriminalität? Wie ist die Situation im informellen Sektor?

  • Die wirtschaftliche Situation ist völlig verfahren. Außer der Inflation steigt die Arbeitslosenzahl und damit die Armut. Nicht nur der Popularitätswert für Fernández, auch die Wirtschaft bricht zusammen. Die Talsohle ist dabei noch nicht erreicht. Gleichzeitig kann aber auch der Staat nicht auf Dauer überall sein. Am Tag nach der Quarantäne, wenn die Preise wieder freigegeben und die Schlagbäume an den Grenzen wieder hochgezogen sind, wird das ganze Ausmaß des monatelangen Lockdowns deutlich. Es ist wie mit einem Schnellkochtopf, der sich aufheizt, und der irgendwann explodiert. Möglicherweise bietet aber auch diese Krise eine Chance. Die konjunkturellen Aussichten sind derart düster, dass nur das Gegennarrativ zum Peronismus - Öffnung des Landes für ausländische Investoren, niedrige Steuern, Reform des Arbeitsrechts - Argentinien vor dauerhaften schweren Schäden bewahren kann. Im Idealfall sind es bald Liberale, auf deren Analyse und Rat eine über die Bilanz der Peronisten zutiefst frustrierte Bevölkerungsmehrheit setzt.

  • Aufgrund der Krise wird das BIP in Honduras um 2,9 bis 3,9% einbrechen, was verheerende Folgen für die Wirtschaft des Landes haben wird. Von Gewalt geprägte Unruhen und ein Anstieg der Kriminalität sind bereits erkennbar. Inzwischen sind von den 800.000 formalen Arbeitsplätzen 120.000 verloren, weitere 150.000 Angestellte sind temporär suspendiert und die meisten von ihnen haben keine Einnahmen. Dazu kommt, dass die Überweisungen von in USA lebenden Migranten -die derzeit 20 % des BIP ausmachen- 2020 voraussichtlich um 9% zurückgehen werden. Die Armut dürfte also weiter steigen.

  • Über 70% der peruanischen Wirtschaft ist informell. In den letzten vier Monaten allein hat Peru mit über 30% Wirtschaftseinbruch den weltweit stärksten Wohlstandsverlust zu verzeichnen. Die ohnehin schon hohe Korruption ist in diesem Zeitraum um 700% angewachsen. Die Armutsrate steigt ebenfalls stark an, 6,7 Millionen sind arbeitslos bei einer Gesamtbevölkerung von 32 Millionen. Über 40% der KMUs stehen vor dem Bankrott. Staatliche Hilfen erhalten im ausreichenden Masse nur Großunternehmen, die allerdings nur 25% der Beschäftigung garantieren. Stark angestiegen ist ebenfalls die Kriminalitätsrate, insbesondere Straßen und Wohnungsraub auch in bewaffneter Form.

  • Eine "Momentaufnahme" der Wirtschaftsdaten inmitten der Coronavirus-Pandemie macht deutlich, dass nach wie vor ein hohes Maß an Unsicherheit besteht. Die Arbeitslosenquote - die im zweiten Quartal 2020 ihren Höchststand erreichte - könnte für den Rest des Jahres 2020 und 2021 höher bleiben als vor COVID-19 und bis Ende 2021 allmählich auf etwa sieben Prozent zurückgehen, so die Prognosen. Zudem ist Kanadas BIP im zweiten Quartal wahrscheinlich um rekordverdächtige 12% eingebrochen.

    Der Anteil der Kanadier, die die derzeitige wirtschaftliche Lage des Landes als schlecht bezeichnen, hat sich laut einer neuen Studie von Pew Research von 27% im Jahr 2019 auf 61% in diesem Jahr ungefähr verdoppelt. Zusätzlich zu den weitgehend negativen Einschätzungen der aktuellen Wirtschaftslage hoffen 48% der Kanadier, dass sich die Lage im nächsten Jahr verbessern wird. 34% erwarten eine Verschlechterung der Bedingungen und 17% glauben, dass sich nichts ändern wird.

    Am 18. März 2020 kündigte Premierminister Justin Trudeau ein Paket wirtschaftlicher Maßnahmen an, um die Wirtschaft während des Ausbruchs des Coronavirus zu stabilisieren. Der COVID-19 Economic Response Plan der kanadischen Regierung im Wert von etwa 765 Milliarden Dollar bietet sowohl indirekte Unterstützung durch erhöhte Flexibilität als auch direkte Unterstützung für kanadische Einzelpersonen und Unternehmen.

    Ein weiteres Wiederaufleben des Coronavirus in Kanada und eine zweite Welle von Maßnahmen zu seiner Eindämmung würde die wirtschaftliche Erholung ernsthaft behindern.

  • Viele Amerikaner, die nicht als unentbehrliche Arbeitskräfte gelten und nicht von zu Hause aus arbeiten können, mussten Arbeitslosigkeit beantragen, was das System in vielen Staaten überlastet und die erfolgreiche Beantragung von Leistungen verhindert hat. Aufgrund dieser zusätzlichen Belastung wurde in vielen Staaten auch das Arbeitslosengeld gekürzt. Im August 2020 lag die Arbeitslosenquote im Bundesdurchschnitt bei 8,4%, wobei diese Zahl in Bundesstaaten, die stark von COVID-19 betroffen sind, wie New York, Kalifornien und Illinois, bei über 10% liegt. Unternehmen, die während der Pandemie Bundeshilfe erhielten, durften ihre Mitarbeiter bis zum 1. Oktober nicht entlassen. Da dieses Datum näher rückt, haben große US-Unternehmen, insbesondere Fluggesellschaften, bereits angekündigt, dass Zehntausende von Arbeitnehmern beurlaubt werden. Anfang dieses Jahres hat die US-Regierung im Rahmen des COVID-19-Konjunkturprogramms eine einmalige Direktzahlung an diejenigen Amerikaner geleistet, die unter einer bestimmten Einkommensschwelle liegen. Nach langen Debatten im Kongress wurde diese Zahlung trotz zunehmender wirtschaftlicher Unsicherheit nicht ein zweites Mal ausgegeben. In der amerikanischen Gesellschaft wächst die wirtschaftliche Spaltung Kluft, und nach sechs Monaten schwindender wirtschaftlicher Möglichkeiten ist in vielen Städten und Bundesstaaten ein Anstieg der Kriminalität zu verzeichnen.

  • Die Pandemie hat den globalen Tourismus besonders hart getroffen und die Abhängigkeit vom Tourismus (ca. 20-25% des BIP) droht die griechische Wirtschaft besonders tief in die Rezession zu stürzen. Viele touristische Hotelanlagen haben aufgrund der hohen Kosten und der niedrigen Einnahmeerwartung geschlossen. Ein Rückgang des BIP um 9% und ein massiver Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 20% werden prognostiziert – und das sind die optimistischen Prognosen. Auch die schwache Liquidität vieler Kleinunternehmer stellt ein Risiko dar. Mit knapp 200% hat Griechenland die höchste Schuldenquote unter allen EU-Staaten. Mit mehr als 17 Mrd. EUR an Staatshilfen versucht die konservative Regierung, den leidenden Unternehmen und Bürgern unter die Arme zu greifen, was nahezu zehn Prozent des letztjährigen BIP ausmacht.

  • Obwohl es anfänglich nur schwache Reaktionen seitens der Wirtschaftspolitik gab (der sogenannte Anti-Krisen-Schild führte eine dreimonatige Aussetzung von Sozialabgaben für Selbstständige und Kleinbetriebe und einen geringfügigen Lohnzuschuss bei größeren Firmen ein), zeigten sich spätere Programme großzügiger (Ausweitung des Anti-Krisen-Schildes und das sogenannte Finanz-Schild). Es ist noch zu früh zu sagen, welche Kosten auf die Steuerzahler zukommen, aber sie werden mit Sicherheit die Marke von 5% des BIP deutlich überschreiten. Momentan sieht es so aus, als ob sich die meisten Firmen dank der Programme irgendwie durch das zweite Quartal gerettet hätten, aber insgesamt waren die Programme nicht sehr zielgenau, was später die Kosten für den Steuerzahler in die Höhe treiben wird. So wurden etwa von der Krise nicht betroffene IT-Spezialisten auch von Sozialabgaben entlastet. Etliche Subventionen wurden an einen einmonatigen Einnahmenrückgang geknüpft, so dass viele Nicht-Betroffene sie beantragen konnten, in dem sie die Rechnungslegung von einem Monat in den nächsten verschoben.

  • Die Regierung hat nach der Sommerpause einen 100 Milliarden (1/3 des Staatshaushalts) schweren wirtschaftlichen Wiederaufbauplan („France Relance“) veröffentlicht, um den drohenden Einbruch der Wirtschaft von ca. 9 % abzufedern. Der Plan umfasst drei Bestandteile: ein Drittel wird für die ökologische Transformation ausgegeben, ein Drittel zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, u.a. durch Steuersenkungen für Unternehmen sowie ein Drittel für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und Weiterbildung. Potentiell von Armut bedroht ist insbesondere die junge Generation, da diesen Herbst zwischen 700 und 900.000 junge Menschen mit und ohne Diplom auf den Arbeitsmarkt drängen werden. Bis zum Ende des Jahres 2020 wird von einem Anstieg der Arbeitslosenquote von aktuell 7,1 auf 9,5% ausgegangen. Wie in anderen Ländern auch, sind Arbeiter aus dem informellen Sektor besonders von der Krise betroffen, da sie nicht von staatlichen Maßnahmen zur Überbrückung temporärer Arbeitslosigkeit profitieren können. Schätzungen von 2019 zufolge arbeiten etwa 2,5 Millionen Menschen im informellen Sektor in Frankreich.

  • Kaum ein westliches Land leidet wirtschaftlich so stark unter der Krise wie Spanien. Um bis zu 14% könnte die Wirtschaft in diesem Jahr schrumpfen, jüngst hat die spanische Notenbank ihre Wachstumsprognose sogar für das kommende Jahr nach unten korrigiert. Damit ist selbst für 2022 nicht mit einem Bruttoinlandsprodukt auf Vorkrisenniveau zu rechen. Die größte Belastung tragen erneut die jungen Generationen, die in ihren Lebens- und Karriereplänen bereits durch die Schuldenkrise Anfang der 10er Jahre arg zurückgeworfen wurden. Mit ihrem Think Tank-Partner „Esade Ecpol“ wird die FNF im Oktober eine Studie zur jetzt doppelten Misere der Generation „Schuldenkrise“ veröffentlichen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den politischen Konsequenzen – inwiefern könnten insbesondere recht- und linkspopulistische Parteien von dieser Gemengelage profitieren?

  • Die Ukraine wird die Krise wirtschaftlich hart treffen. Viele Menschen im ärmsten Land Europas können Einkommenseinbußen kaum auffangen. Einen Einbruch gibt es auch bei den Rücküberweisungen der Arbeitsmigranten. Der Staat hat coronabedingte Wohnungskündigungen oder das Abstellen von Gas, Strom etc. verboten. Ein neuer, auf die Krise zugeschnittener Haushaltsentwurf ist zunächst im Parlament gescheitert und wird überarbeitet. Das Land erhält Millionen-Hilfen von EU, UNO und den USA, der IWF hat eine erhebliche Erhöhung seiner Kredittranchen für die nächsten drei Jahre in Aussicht gestellt. Sollte die Krise lange andauern und die Hilfen nicht bei den Menschen ankommen, muss mit sozialen Verwerfungen bis zur Destabilisierung und einer Steigerung der Kriminalitätsrate gerechnet werden.

  • Die Regierung rechnet zurzeit mit hunderttausend zusätzlichen Arbeitslosen. Wenn der Staat jedoch keine finanzielle Unterstützung zum Ausgleich der fehlenden Löhne gewährt, wird die Arbeitslosenquote sehr bald viel höher sein. Derzeit ist Ungarn das einzige EU-Mitgliedsland, das diesen Schritt noch nicht unternommen hat.

    Diese Krise betrifft alle Wirtschaftszweige, v.a. jedoch den informellen Sektor, Tourismus und Dienstleistungssektor. Menschen, die im informellen Sektor arbeiteten, wurden bereits massenhaft arbeitslos. Da sie nicht registriert waren, können sie keine staatliche Unterstützung erhalten. Darüber hinaus haben Personen, die registrierte Arbeitnehmer waren, die kürzesten Unterstützungszeiten in der EU. In Ungarn sind das drei Monate, und die Regierung plant weder, die Dauer der Unterstützung zu verlängern noch die Höhe der finanziellen Unterstützung zu erhöhen.

    Am 6. April kündigte Viktor Orbán eine neue Maßnahme an, die Programme zur Schaffung von Arbeitsplätzen umfasst, um denjenigen zu helfen, die gerade ihren Arbeitsplatz verloren haben. Es ist jedoch noch unbekannt, wie diese Maßnahme aussehen oder umgesetzt wird.

    Die Ungleichheit wird zunehmen – insbesondere wenn die Regierung die unteren Einkommensgruppen nicht unterstützt. Für die zunehmende Kriminalität liegen noch keine Statistiken vor.

  • Die Pandemie hat eine ohnehin bestehende Wirtschaftskrise verschärft. Der Kurs der Landeswährung Lira, die in Bezug zum Dollar seit Jahresanfang ein Fünftel des Wertes verloren hat, spricht eine klare Sprache. Zwischen April und Juni 2020 ist die Wirtschaftsleistung nach amtlichen Angaben um 11% geschrumpft, für das Gesamtjahr geht man von einem 9,9% Rückgang beim BIP aus. Die sozialen Netzwerke bieten nicht annähernd eine hinreichende Kompensation. Dass Massenarmut, die angesichts hoher Arbeitslosigkeit (vor allem bei der Jugend) um sich greift, nicht zu sozialen Eruptionen führt, liegt zum einen an der staatlichen Kontrolle, zum anderen an funktionierenden Familiennetzwerken, die als ein sozialpolitisches Auffangbecken herhalten. Einen Sonderfall bildet das Millionenheer der Flüchtlinge, das sich überwiegend im informellen Sektor verdingt, und nun mit leeren Händen dasteht. Ein Anstieg der Kriminalität ist derweil kein Thema.

  • Da die Märkte wieder geöffnet sind wurde inzwischen die Verteilung von Nahrungsmittelsoforthilfe eingestellt. Der informelle Sektor im Senegal kann so wieder seinen Tätigkeiten nachgehen. Durch die einsetzende Regenzeit und die damit beginnenden, intensiven landwirtschaftlichen Arbeiten, konnten bisher größere negative Auswirkungen auf den informellen Sektor vermieden werden. Die formelle Wirtschaft leidet jedoch erheblich, obwohl der Arbeitsalltag wieder eingesetzt hat. Große Investitionsprojekte aus- und inländischer Investoren sind verzögert, fallende Rohstoffpreise schmälern private und staatliche Einkünfte.  Die Arbeitslosigkeit im formellen Sektor steigt ebenfalls, trotz eines Systems staatlicher Lohnfortzahlungen.

    Zur Entlastung von Unternehmen hat die Regierung einen Erlass der Steuerschulden von Unternehmen und Einzelpersonen in Höhe von insgesamt 305 Millionen Euro umgesetzt. Gleichzeitig bleiben aber weitere Maßnahmen inkohärent und sogar kontraproduktiv. Durch die eingeführte Reziprozitätspolitik als Antwort auf die Risikoeinstufung Senegals durch die EU, werden nun die europäischen Touristen vom Land ferngehalten; damit ist der Tourismus aus dem Ausland nahezu völlig zum Erliegen gekommen; viele Hotels haben geschlossen und es ist fraglich, ob und wann eine Wiedereröffnung erfolgt. Selbiges gilt für die Gastronomie. Fehlende Steuereinnahmen und die coronabedingten Mehrausgaben haben alle staatlichen Haushaltsplanungen für 2020 gesprengt.  Das staatliche Finanzdefizit ist explodiert und war mit 1,12 Mrd EUR im August 2020 drei Mal so hoch wie zur selben Zeit des Vorjahres. Die Staatsverschuldung steigt weiter rapide und Senegal hat kaum noch Möglichkeiten sich auf den internationalen Märkten zu refinanzieren. Das Land profitiert kurzfristig von Coronahilfen ausländischer Geber und Umschuldungsplänen. Der senegalesische Staatshaushalt wird aber mittelfristig von Hilfen der Bretton Woods-Institutionen oder anderer multilateraler Finanzgeber abhängig bleiben.

  • Simbabwes Inflationsrate hat 786% erreicht und ist damit nach Venezuela die zweithöchste der Welt. Laut dem Bericht der Nationalen Handelskammer Simbabwes (ZNCC) über die Auswirkungen von Covid-19 auf die Wirtschaft, einer von der FNF unterstützten Untersuchung, wurde Folgendes festgestellt:

    Im Durchschnitt sanken alle wichtigen Indikatoren um mehr als die Hälfte. Die Inlands- und Exportverkaufserlöse und die Kapazitätsauslastung gingen alle um 58% zurück. Die Importe von Fertigerzeugnissen und Rohstoffen gingen um 66% bzw. 55% zurück. Im Tourismussektor sollen sowohl die inländischen als auch die ausländischen Investitionen um annähernd 100% zurückgegangen sein, und im verarbeitenden Gewerbe sanken die inländischen Investitionen um über 40%, während die ausländischen Investitionen um 70% zurückgingen. 

    Die Arbeitslosenquote Simbabwes, die vor dem Beginn der Pandemie bereits bei über 90% lag, stieg weiter an. Im Tourismussektor zum Beispiel hatten etwa 50% der Unternehmen entweder die Gehälter der Beschäftigten gekürzt, Beschäftigte entlassen oder in unbezahlten Urlaub geschickt. In der verarbeitenden Industrie hatten etwa 8% der Unternehmen die Gehälter gesenkt oder fest angestellte Mitarbeiter entlassen, während 16% Zeitarbeitskräfte entlassen und Arbeitnehmer in unbezahlten Urlaub geschickt hatten (ZNCC Survey report 2020).

    Bei Waren des Grundbedarfs wie Treibstoff und Zucker besteht weiterhin großer Mangel.

  • Schon vor dem Coronavirus war die wirtschaftliche Lage Südafrikas desolat.

    Mehr als 10 Millionen Menschen (knapp 40%) sind arbeitslos. Das staatliche Energiemonopol droht das Land in den Bankrott zu treiben, da es in Schulden ertrinkt und nicht zuverlässig Strom liefert. Der Vorschlag der Regierung, die Verfassung dahingehend zu ändern, dass eine Enteignung ohne Entschädigung möglich ist, hat sowohl einheimische als auch ausländische Investitionen abgeschreckt. Zudem machen die grassierende Kriminalität und Korruption das Land für Investitionen unattraktiv. Das Land ist zudem hoch verschuldet.

    Am Freitag, den 27. März, kurz nach Beginn des Lockdowns, stufte die Rating-Agentur Moody's die Kreditwürdigkeit Südafrikas auf Junk herab, nachdem S&P als auch Fitch das schon 2017 getan hatten. Diese Herabstufungen wurden vorgenommen, weil Südafrika die empfohlenen Strukturreformen einfach nicht umgesetzt hatte.

    Entweder wird sich das Coronavirus als Auslöser für dringend notwendige Reformen erweisen, in welchem Fall es im Laufe der Zeit zu einem wirtschaftlichen Aufschwung kommen wird, oder ein anhaltender wirtschaftlicher Niedergang ist unvermeidlich, wenn die Reformen nicht durchgeführt werden.

    Das Sozialhilfesystem (für mehr als 17 Millionen Menschen) bietet weiterhin ein Sicherheitsnetz, das sich bei der Armutsbekämpfung als wirksam erwiesen hat. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass dies nicht so bleiben wird. Die Zahl der Menschen, die zunehmend verarmen werden, ist jedoch viel größer, als das Sicherheitsnetz derzeit erreicht.

    Es wurden einige Vorkehrungen für Einkommensverluste getroffen, die speziell auf das Coronavirus zurückzuführen sind. So wurden zum Beispiel 30 Milliarden Rand (etwa 1,5 Mrd. Euro) einem speziellen Nationalen Fonds für Katastrophenhilfe zugewiesen, der bis zu drei Monate lang Leistungen der Arbeitslosenversicherung an berechtigte Arbeitnehmer auszahlen wird, deren Einkommen durch die Coronavirus-Pandemie beeinträchtigt wurde. Die maximale monatliche Zahlung beträgt 3500 Rand (etwa 179 Euro). Es gibt große Probleme bei der ordnungsgemäßen Verteilung dieser Mittel.

  • Marokkos Wirtschaft leidet massiv unter den Folgen der Pandemie und ihrer Bekämpfung. Neben den strengen Restriktionen sind eine Dürre und das Ausbleiben des Tourismus als wichtige Einnahmequelle dafür ursächlich.

    Das marokkanische Königshaus hat zur Linderung der wirtschaftlichen Not binnen kürzester Zeit einen Hilfsfond von ca. 3 Milliarden Euro eingerichtet. Die Mittel aus diesem Fond kommen erstmals auch den Menschen im informellen Sektor zugute. Im informellen Sektor arbeiten laut Regierung Menschen aus 4 Millionen Haushalten. Diese Zahl, zuvor noch nie offiziell bekannt gegeben, ist doppelt so groß wie die bisherigen Schätzungen. Bürger, die im informellen Sektor arbeiten, erhalten per SMS einen Code, mit welchem sie an Geldautomaten einen Hilfsbetrag abheben können.

    Die Kriminalität ist aufgrund der allgemein erhöhten Polizeipräsenz deutlich zurückgegangen.

  • Die wirtschaftlichen Folgen sind so gravierend wie in vielen anderen Ländern, staatliche Hilfen für Unternehmen und Arbeitslose sind nicht ausreichend. Der Zusammenbruch des Tourismus mit dem Ausbleiben von 4 Mio. Besuchern (2019) schädigt alle Teilsparten schwer. Die Arbeitslosenquote stieg von 3,4% auf 27%, zuletzt betrug sie 12%. Das Anrecht auf Arbeitslosenunterstützung wurde verlängert, mit dem Anstieg der Sozialausgaben verdoppelte sich das Haushaltsdefizit auf 8% des BIP. Die Hilfen für die Wirtschaft belaufen sich auf bislang ca. 20 Mrd. Euro. Das Vertrauen der Israelis in ihre wirtschaftliche Zukunft ist gem. OECD-Index durch die Krise stark beschädigt. 1,8 Mio. der 9 Mio. Israelis leben in Armut, die Hälfte davon sind Kinder. Israel hat einen großen informellen Sektor in der Gruppe der israelisch-arabischen Staatsbürger und in ihren traditionellen Wirtschaftszweigen, wo die Arbeitslosenrate im Zuge der Coronakrise um 25% höher als unter der jüdischen Bevölkerung ist. Die Kriminalität ist bislang nicht gestiegen.

  • Die palästinensische Wirtschaft leidet massiv unter den Folgen der Pandemie und ihrer Bekämpfung. Die eigenen Ressourcen des Landes sind sehr knapp, die Nationalbehörde ist weitgehend bankrott, die elementar wichtige ausländische Unterstützung ist stark zurückgegangen. Das Ausbleiben des Tourismus als existentiell wichtiger Einnahmequelle macht sich in den entsprechenden Segmenten des Arbeitsmarktes bemerkbar. Die Zahl der in Armut abgerutschten Familien hat sich vervielfacht.

    Die Regierung hat zur Linderung der wirtschaftlichen Not an die wohlhabenden Palästinenser im In- und Ausland appelliert, für die betroffenen Familien zu spenden. In einen Hilfsfonds sind daraufhin ca. 100 Mio. Dollar geflossen, die den Menschen im informellen Sektor, sozial Schwachen und Arbeitslosen zugutekommen. Die Gehälter der Regierungsbeamten wurden um 50% gekürzt. Kriminalität ist in den palästinensischen Gebieten kein signifikantes Phänomen.

  • Die jordanische Wirtschaft stand schon vor der COVID-19-Krise von allen Seiten unter Druck und hing am Tropf internationaler Geber mit einem Interesse daran, Jordanien als geostrategischen Stabilitätsanker zu erhalten. Während etwa ein Drittel der 6,7 Millionen Jordanier einer staatlich finanzierten Tätigkeit nachgehen, ist ein Drittel im dienstleistungsgetriebenen Privatsektor tätig. Innerhalb des verbleibenden, erwerbslosen Drittels sind Jugendliche überrepräsentiert. Aufgrund der monatelangen Schließung des Flughafens brach außerdem der Tourismussektor zu großen Teilen ein, wodurch die Arbeitslosenquote auf ein Rekordhoch von 23% kletterte. Im Laufe des ersten Halbjahres gab es staatliche Hilfsprogramme für Unternehmen und besonders betroffene Wirtschaftssektoren. Da diese aber in Zukunft zurückgezahlt werden müssen, stellten sie besonders für Kleinstunternehmen oder Freiberufler oft keine gangbare Option dar. Den informellen Sektor, in dem in Jordanien Schätzungen zufolge etwa die Hälfte der Erwerbstätigen arbeiten, erreichten keinerlei Hilfen.

    Die gesamtwirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie werden für Jordanien auch längerfristig beachtlich sein. Die Staatsschuldenquote betrug bereits vor der Krise sehr hohe 95% der Wirtschaftsleistung. Lohnausfälle, Grundversorgung und COVID-19-spezifische Importe gleichzeitig zu finanzieren, wäre an regulären Finanzmärkten eine Herausforderung – die Kosten der Kreditaufnahme werden für überschuldete, wirtschaftsschwache Länder wie Jordanien voraussichtlich steigen. Jedoch erhielt das Land im Juli USD 1 Mrd. ausländische Hilfsgelder und verhandelt derzeit mit der EU-Repräsentanz über weitere Hilfen.

  • Jahrzehntelange Misswirtschaft, politisches Chaos und die Folgen der Corona-Pandemie haben zu einer beispiellosen wirtschaftlichen Kernschmelze geführt: Das Land ist seit März zahlungsunfähig, die Währung im freien Fall und die Bevölkerung verarmt. Viele gut ausgebildete Menschen verlassen das Land. Die Weltbank hat die ökonomischen Schäden der Explosion am Hafen zusätzlich auf bis zu 7,8 Milliarden Dollar geschätzt. Bis zum Ende des Jahres dürften alle Dollar-Reserven aufgebraucht sein und ohne Hilfe von außen steht dann kein Geld mehr bereit, um Nahrungsmittel, wichtige Medikamente und Benzin zu importieren. Der neue Premierminister steht daher vor einer Herkulesaufgabe. Er muss innerhalb weniger Monate ein Reformprogramm umsetzen, damit Kredite des IWF und der EU bereitgestellt werden und das Land vor dem Kollaps gerettet wird.

  • Der abrupte landesweite Lockdown, war der größte der Welt und zwang 1,3 Milliarden Inder, in ihren Häusern zu bleiben. Abgesehen von einigen wesentlichen Dienstleistungen und Aktivitäten blieb der Rest der 2,9 Billionen Dollar schweren indischen Wirtschaft während dieser Zeit geschlossen. Offiziellen Daten zufolge schrumpfte die indische Wirtschaft im 2. Quartal 2020 um 23,9 Prozent. Derartige Berechnungen berücksichtigen jedoch nicht die informelle Wirtschaft des Landes, die (nach einigen Schätzungen) über 50% des Gesamtvolumens ausmacht. Daher könnten die tatsächlichen Auswirkungen viel schlimmer sein. Derzeit wird eine länger andauernde Rezession der indischen Wirtschaft als unvermeidlich angesehen.

  • Die Pandemie traf die pakistanische Wirtschaft in einer schweren Krise. Der Lockdown der Wirtschaft hat insbesondere Lohnarbeiter schwer getroffen und Arbeitslosigkeit und Kriminalität stark ansteigen lassen. Das Wirtschaftswachstum für das Haushaltsjahr 2019-20 hatte die pakistanische Regierung noch Ende März mit 2% veranschlagt, als sie den wirtschaftlichen Lockdown verfügte. Offizielle Statistiken des Finanzministeriums gehen jetzt jedoch jetzt von einem Rückgang des GDP um ca. 0,4% aus. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist der tatsächliche Einfluss der Pandemie jedoch noch schwer einschätzbar, da verlässlichere Daten erst in ein paar Monaten verfügbar sein werden.

    Pakistans öffentliche Haushalte waren bereits vor der Pandemie völlig überschuldet. Die Pandemie hat die Staatsverschuldung noch einmal um 10% von 74% de GDP auf 84% des GDP ansteigen lassen. Immerhin konnte die Regierung in dieser schwierigen finanziellen Situation internationale Unterstützung vom IWF, der Weltbank und der Asian Development Bank gewinnen. Der Staatshaushalt für das Jahr 2020-21 wurde deshalb im Juni unter großen Unwägbarkeiten aufgestellt und wird mit großer Wahrscheinlichkeit korrigiert werden müssen, wenn genaueres Datenmaterial verfügbar ist.

  • Die asiatische Entwicklungsbank (ADB) rechnet für 2020 mit einem Wirtschaftseinbruch von 7.3%. Die Arbeitslosenquote stieg von 5.6% im Januar auf 17.7% im Juni. Die Regierung versuchte mit Hilfsgütern und Geldtransfers die wirtschaftlichen Folgen abzufedern. Laut jüngster Aussagen des Präsidenten sind die finanziellen Ressourcen für solche Maßnahmen aber aufgebraucht. Vor allem ärmere Bevölkerungsschichten im informellen Sektor, mit wenigen Rücklagen, sind von der Situation betroffen. Einer Umfrage zufolge haben 85% der befragten Haushalte finanzielle Probleme, mehr als 50% von ihnen können ihr Überleben nur noch für die nächsten zwei Wochen sichern. Auch wenn das Land im nächsten Jahr wieder auf den vorherigen Wachstumspfad zurückkehrt, wird es einige Jahre dauern bis die Philippinen, vor allem in den ärmeren Bevölkerungsschichten, diese Krise überwunden haben.

  • Es gibt zahlreiche Hilfsprogramme für die Wirtschaft und es gab mehrere Sonderzuwendungen für Bedürftige. Notleidend sind vor allem kleine Gewerbe, Selbständige, Startups etc. Während man sich um die Großkonzerne (Chaebols) keine größeren Sorgen machen muss, überleben viele kleine Gewerbe die Coronakrise nicht: Im II. Quartal 2020 beispielsweise mussten allein in Seoul mehr als 10.000 sog. „Eateries“ und Kleinfirmen schließen. Die Gefahr größerer Armut gerade in diesem Bereich ist sehr real. Andererseits haben Nobelmarken wie Mercedes und Porsche im Sommer 2020 Rekordumsätze zu verzeichnen, z.B. weil Wohlhabende auf Reisen verzichten und ihr Geld im Inland ausgeben. Eine Konsumkrise für Waren ist nicht feststellbar. Im Handel gibt es starke Verlagerungen zugunsten des Internethandels. Ein Ansteigen der Kriminalität ist nicht feststellbar.