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LGBTIQ+-
EuroPride 2022 – die komplizierte Geburt der ersten EuroPride in Südosteuropa

Belgrad - Gastgeber der EuroPride
Community Talks - Da se Zna!

Community Talks - Da se Zna!

© Belgrade Pride - Miloš Miškov

Belgrad war am Wochenende Gastgeber der EuroPride, einer internationalen Veranstaltung, die sich den Rechten der LGBTIQ+-Gemeinschaft widmet. Trotz großem Widerstand der Ultrarechten, aber auch der serbisch-orthodoxen Kirche und Teile der Regierung, fand am Samstag die Abschlusskundgebung im Zentrum der serbischen Hauptstadt statt.

Die Zahlen sind erschreckend: 5.200 Polizisten, 64 Festnahmen, 13 verletzte Polizisten, fünf beschädigte Polizeifahrzeuge, mehrere Angriffe auf Journalisten und Zivilisten und eine wirre Woche voller Spannungen, mit widersprüchlichen politischen Aussagen und gerichtlichen Entscheidungen. Dennoch gelang die Geburt der ersten pan-europäischen EuroPride in Südosteuropa – auch wenn die Geburt schwierig und kompliziert war.

Im Rahmen der Pride-Week fanden 130 Ausstellungen, Konferenzen, Podiumsdiskussionen, Konzerte und sonstiger Aufführungen statt. Auch die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit beteiligte sich an dieser Aktionswoche: gemeinsam mit der LGBTIQ+-Organisation „Da se zna!“ („Mach es bekannt!“) führte die Stiftung drei „Community Talks“ durch, in denen die Aktivisten politische wie kulturelle Themen ansprachen und untereinander diskutieren konnten.

Community Talks - Da se zna!

Community Talks - Da se Zna!

© Belgrade Pride - Miloš Miškov

Nach der Verwirrung über das präsidentielle Verbot der Pride-Parade, das angebliche Verbot der Streckenführung und die nur Stunden vor Beginn neu genehmigte Route fand die Parade der EuroPride letztlich doch statt – auch aufgrund etlicher Appelle der internationalen Gemeinschaft, der Botschafterinnen und Botschafter von über zwanzig EU-Mitgliedstaaten und zahlreicher Parlamentarier aus ganz Europa.

Zwar behauptete der serbische Innenminister Aleksandar Vulin, der nicht für seine Toleranz bekannt ist, dass die Teilnehmer lediglich „zu einem Konzert eskortiert worden seien“, doch letztlich war dies egal: „Wenn in einer Demokratie Minderheiten angegriffen und schikaniert werden, ist das ein Zeichen der Gefahr“, so die dänische EU-Parlamentarierin Karen Melchior. „Es ist daher ein umso wichtigeres Zeichen, dass sich die Zivilgesellschaft dem gestellt und sich am Ende durchgesetzt hat.“

Belgrade Pride

Dr. Milosz Hodun, ELF Vice President and Karen Melchior, MEP

Zwar fand der verkürzte und im Regen stattfindende Abschlussspaziergang unter starker Polizeibewachung und sporadischen Zwischenfällen mit rechten Aktivisten und Hooligans statt, doch er fand statt. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern befand sich unter anderem die Lebensgefährtin der serbischen Premierministerin Ana Brnabić, die nach eigener Aussage „Wichtigeres zu tun hatte“. Mit Karen Melchior und Emma Wiesner nahmen auch zwei liberale EU-Parlamentarierinnen an der Kundgebung teil, Tobias Bauschke war für die FDP anwesend. Alle drei nutzten die Gelegenheit, sich mit Partnerorganisationen der Friedrich-Naumann-Stiftung eingehend auszutauschen.

Nach Angaben der Organisatoren nahmen ca. 10.000 Menschen aus ganz Europa an der diesjährigen EuroPride teil. Serbien wird als das erste südosteuropäische Land in die Geschichte eingehen, dass Gastgeber eine europäischen LGBTIQ-Parade war. Dennoch wurde deutlich, dass die serbische Gesellschaft nur teilweise offen gegenüber abweichenden Lebensentwürfen zu sein scheint. Allein internationaler Druck sorgte dafür, dass sich Ängste und absichtlich geschürte Vorurteile nicht durchsetzten. Trotz der EuroPride 2022 hat Serbien noch einen langen Weg hin zu einer diversen und toleranten Gesellschaft vor sich. Die Friedrich-Naumann-Stiftung mit ihren Partnerorganisationen arbeitet daran, dass dies irgendwann auch ohne Druck von außen möglich sein wird.