Rente
ifo-Gutachten im Auftrag der Naumann-Stiftung zum Rentensystem
Das deutsche Rentensystem steht vor einer demografischen Krise.
© picture alliance / Michael Kempf/Shotshop | Michael KempfImmer weniger Junge müssen immer mehr Alte finanzieren – und die Bundesregierung verspricht trotzdem stabile Renten für alle und eine Ausweitung der Leistungen. Gleichzeitig fordert die Bundeswirtschaftsministerin pauschal längere Arbeitszeiten. Kann das funktionieren? Ein neues Gutachten im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit zeigt: Nur mit mutigen Reformen und als generationenübergreifende Kraftanstrengung lässt sich die gesetzliche Rente retten – und dabei der Wohlstand steigern.
Berlin, 1. August 2025
Das Rentensystem in Deutschland braucht eine klare und mutige Reform, damit die junge Generation nicht unzumutbare Lasten tragen muss. Es geht nicht um das Ob einer Reform, sondern um das Wie. In den kommenden Jahren werden Millionen Babyboomer in den Ruhestand gehen, während die Zahl der Erwerbstätigen schrumpft und die Lebenserwartung (und damit die Bezugsdauer) steigt. In einem aktuellen Gutachten rechnet das ifo Institut im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung mögliche Handlungsoptionen durch und zeigt, was tatsächlich zu einer spürbaren Entlastung führt:
- eine Koppelung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung
- eine Verstärkung des Nachhaltigkeitsfaktors
- eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen
- qualifizierte Zuwanderung
- die Abschaffung der „Rente mit 63“
- eine inflationsorientierte Anpassung der Bestandsrenten.
Ein solches Reformpaket würde die Beitragssätze bis 2050 deutlich langsamer steigen lassen – nur auf 19,5 % statt 22 %. Die zusätzlichen Kosten würden dadurch nicht mehr einseitig den Jüngeren aufgebürdet, sondern fair verteilt. Das derzeitige Rentensystem ist demgegenüber eine demografische Zeitbombe: Während 2019 für die Finanzierung von 100 Rentnerinnen und Rentnern noch 288 Beitragszahlerinnen und Beitragszahler zur Verfügung standen, werden es bis 2035 nur noch knapp 240 sein, bis 2050 nur knapp über 230.
Marcel Thum, Geschäftsführer der ifo-Niederlassung und Ko-Autor des Gutachtens erklärt: „Deutschland steht vor einer dramatischen demografischen Herausforderung. Ohne Reformen droht der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung bis 2050 von 18,6 % auf 22 % zu steigen – mit gravierenden Folgen für Beschäftigte und Unternehmen. Die Lebenserwartung der Deutschen ist angestiegen und die jüngeren Kohorten sind deutlich dünner besetzt als die Babyboomer-Generation. Die Kosten der Alterung dürfen aber nicht einseitig den jüngeren Menschen zugeschoben werden. Deshalb sollte der Nachhaltigkeitsfaktor wiedereingeführt und das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Mit Mütterrente und Haltelinie geht es leider gerade in die falsche Richtung.“
Die Handlungsoptionen wirken unterschiedlich stark: Besonders wirkungsvoll wäre eine Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung. Auch eine Anpassung der Bestandsrenten an die Inflationsentwicklung würde das System nachhaltig entlasten. Die Abschaffung der Rente ab 63 Jahren brächte zwar nur eine geringe Entlastung, würde aber wenigstens einen Anstieg der Ausgaben verringern. Die stärkere Orientierung der Rentenanpassung am Verhältnis von Rentenbeziehern und Einzahlern (Nachhaltigkeitsfaktor) könnte die Rentenausgaben sogar senken.
Klar ist: Das jetzige Rentensystem ist für die junge und kommende Generationen nicht fair. Die gute Nachricht: Es gibt Möglichkeiten der Entlastung. Auch Rentnerinnen und Rentner profitieren, wenn die Rentenversicherung langfristig verlässlich finanziert ist – und der Wirtschaftsstandort Deutschland gestärkt wird.